Nicole
Ich schwankte zwischen Schadenfreude und tiefstem Mitleid. Ich hatte durch meine gespiegelten Gläser meiner Sonnenbrille Marco genau beobachtet und ich wusste warum es zu diesem Zwischenfall kam. Doch als Marco dann mit diesem Schmerz verzehrtem Gesicht zu Boden ging, sprang ich doch auf, um zu ihm zu sprinten. Ich half ihm auf die Beine und stützte ihn auf dem Weg zur Decke. Er tat mir wirklich leid und dann dieser Anblick eines Häufchen Elends. Hätte er jedoch sich nicht so sehr auf mich konzentriert, wäre das Malheur sicher nicht passiert und ich musste schmunzeln. Natürlich hatte ich es etwas übertrieben beim eincremen, aber für was hatte man denn sonst seine weiblichen Reize, wenn man sie nicht auch hin und wieder einsetzten durfte? Okay, nun wurde ich eines besseren belehrt und mir war klar warum es Momente gab, in denen man eben nicht damit spielen durfte.
Was ich dann weniger verstand war, erst küsste er mich und es war nicht einfach so ein Kuss von der Stange, nein! Es war einer dieser Küsse, mit solch einer Leidenschaft, dass es mir die Schuhe auszog, hätte ich diese nicht eh schon aus gehabt. Sämtliche Nackenhaare hatten sich aufgestellt und meine Haut kribbelte von Kopf bis Fuß. Dann löste er sich von mir und dabei brüllte ich doch so laut „Nein tu es nicht!". Okay, in Gedanken brüllte ich drauf los und als ich in seine Augen schaute, verstummte ich komplett. Dieses Gefühl von Leichtigkeit war mit einem Schlag weg. Seine Augen hatten sich verdunkelt und im Nu hatte ich dieses komische Gefühl von Angst. Man kennt es, wenn man eigentlich genau weiß, alles ist gut und man doch immer damit rechnet, da kommt noch was. Vergleichbar damit, wenn man nachts nochmal in den Keller muss und plötzlich das Licht ausgeht. Diese Art von Angst umklammerte mein Herz und ich merkte, wie ich immer schlechter Luft bekam. Nicht nur die positiven Gefühle erlebte ich mit diesem Mann tausendfach stärker, auch die negativen und ich wäre am liebsten in Tränen ausgebrochen. Es fehlte auch nicht mehr viel und wäre Luca nicht gewesen, wer weiß, ob es nicht dann noch passiert wäre. Marcos Hände, die er an meine Wangen gelegt hatte, rutschten von meiner erhitzten Haut und hingen nun schlaff neben seinem Oberkörper, während er mich weiterhin nicht aus den Augen ließ. Es war alles nur ein Bruchteil von Sekunden und doch war es die gottverdammte Ewigkeit. An meiner Nasenwurzel fing es schon verdächtig an zu kitzeln und ich biss mir fest auf die Unterlippe, als er den Blickkontakt unterbrach und sich auch meine Augen von diesem Mann vor mir lösten. Er fuhr sich unsicher mit einer Hand durch den Nacken und ich wurde einfach dieses Gefühl nicht los, irgendetwas schien ihn zu bedrücken. Ich wollte mir gar nicht ausmalen was das Problem sein könnte, dass Gefühl was blieb war schrecklich genug. Stattdessen starrte ich mit meinen Augen beinahe schon Löcher in den weichen Sand, der meine Füße umspielte. Zwischen uns herrschte diese bedrückende Stille und ohne, dass ich es verhindern konnte, waren diese fiesen und gemeinen Gedanken, die mir sämtliche Szenarien vorzuspielten, da! Es musste einen Grund haben weshalb Marcos Stimmung mit einem Mal umgeschlagen war und ich hatte das blöde Gefühl, dass ich damit mehr zu tun hatte, als mir lieb war. Sein Räuspern unterbrach das Schweigen und ich zuckte augenblicklich zusammen, als ich hörte wie er tief Luft holte. Doch noch bevor er irgendetwas sagen konnte, sprang ich auf und hatte ich meine Arme um seinen Hals geschlungen, um meine Lippen forsch auf seine zu drücken. Marco blieb für einen Augenblick stocksteif stehen und ich hatte bereits die Befürchtung, dass er mich von sich stoßen würde. Doch nach einer kurzen Moment nur, erwiderte er schließlich doch den Kuss und zog mich nah an sich heran. Mein Herz hämmerte wild gegen meine Brust und auf meiner Haut bildete sich die gewohnte Gänsehaut, als er meine Unterlippe sanft zwischen seine Zähne sog und leicht an ihr knabberte. Meine Hände krallten sich in seine Haare und er brummte leise, was mir erneut einen Schauer über den Rücken jagte.
Ich wusste selbst nicht was mich dazu geritten hatte, aber ich wollte Marco unter keinen Umständen die Möglichkeit geben mir die Erklärung für seinen eventuellen Sinneswandel an den Kopf zu knallen. Zu groß war die Angst davor, dass es erneut einen Grund gab weshalb es zwischen uns doch nicht funktionieren könnte. Und zu präsent war die Erinnerung daran, wie schlecht ich mich ohne ihn gefühlt hatte. Marco war mein Anker und ich war mir sicher, dass ich diese Sache mit Luisa ohne ihn als Ansporn niemals durchgezogen hatte. Er hatte es geschafft, dass ich endlich wieder mein eigenes Leben führte und besonders meine kleine Schwester nicht mehr über mich selbst stellte. Marco hatte in der kurzen Zeit einen neuen Menschen aus mir gemacht und ich wollte ihn auf keinen Fall ein weiteres Mal verlieren.
Wir waren noch immer vertieft in diesem sinnlichen Kuss und ich vergaß nahezu alles um mich herum. Was dazu führte, dass keiner von uns beiden auch nur einen Moment an meinen kleinen Bruder gedacht hatte, der sich allerdings wenig später von ganz alleine zu Wort meldete. Er zupfte ungeduldig an Marcos Badeshort herum, bis dieser sich schließlich schief grinsend von mir löste und sich zu Luca umdrehte, der mittlerweile mit verschränkten Armen vor meinem Freund stand und ihn empört ansah. „Na Kumpel, was ist los?", fragte Marco und ging in die Hocke, nachdem er mir einen entschuldigenden Blick zugeworfen hatte. „Ich will mit dir ins Wasser gehen.", sagte mein Bruder bestimmend und Marco zog erstaunt seine Augenbrauen in die Höhe, bevor er salutierte und zu unserer Decke ging um Lucas Schwimmflügel zu holen. „Ich dachte eigentlich du wolltest eine Sandburg bauen?"-„Nee, hab um entschieden" erklärte Luca und griff nach Marcos Hand. Während die beiden sich auf den Weg ins Wasser machten, stand ich noch immer an derselben Stelle und strich mir verträumt mit meinem Zeigefinger über meine Lippen. Dieser Kuss hatte meine Gefühlswelt wieder etwas beruhigt und ich war mir sicher, dass es nichts geben konnte was uns beide wieder trennen konnte. Dieses Gefühl wurde durch den Anblick, der sich mir im Wasser bot, nur noch verstärkt. Marco schien Luca wirklich ins Herz geschlossen zu haben und diese Tatsache brachte mein Herz erneut dazu schneller zu schlagen.
Nach diesem unglaublich schönen Tag am See, kam Marco noch zu uns und ich kochte für alle. Luca hatte ordentlich Hunger und auch Marco schlug zu. Kein Krümel blieb zurück und kurz darauf saßen wir alle drei eng aneinander gekuschelt auf dem Sofa und sahen uns noch einen Disney Film an. Ich fand es großartig von Marco, dass er dies mitmachte und sah ihn immer wieder verstohlen von der Seite an. Er sah müde aus, dennoch hielt er durch und als wir Luca ins Bett gebracht hatten, blieb er den Rest der Nacht bei mir.
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Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte Rache
FanfictionDas Leben der 27 jährigen Nicole scheint nicht unter einem besonders guten Stern zu stehen. Ihre Eltern starben vor 6 Jahren. Sie muss aufhören zu studieren, um die Verantwortung für ihre Geschwister zu übernehmen. Der kleine Bruder Luca kommt sc...