So viel schon mal

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Marco

Da stand sie also. Das Unglück und die Pest, vereint, auf zwei Beinen und leckte sich koket über ihre Lippen „hey Marco. Schön dich zu sehen"-„das Gleiche kann ich nicht behaupten. Was willst du hier?". Sie zog ihre Augenbrauen ungläubig nach oben, stemmte ihre Hand in die Hüfte und macht mit ihrer anderen Hand eine abwertende Bewegung "mein Bruder hat Geburtstag?"-„Das sollte aber kein Grund sein" zischte ich leise, sodass ich sicher sein konnte, das nur sie mich hören konnte. „Es ist nur ein Internat und kein Knast, auch wenn dir letzteres lieber gewesen wäre. Finde dich damit ab" sagte sie nicht viel lauter in meine Richtung, zuckte mit der Schulter und kam mir näher. „Du hast geglaubt, du wärst mich los? Falsch gedacht. Tut mir ja echt leid, aber so schnell werde ich nicht von der Bildfläche verschwinden. Ich bin dir eigentlich sehr dankbar dafür, also, dass du mich besucht hast. Hat es mir doch die Augen geöffnet. Ich schätze Nicole hat dich geschickt, um mir das alles zu sagen. Es würde ihr ähnlich sehen. Sie kann wirklich sehr gut manipulieren. Ich weiß von was ich spreche. Sie hat jahrelang das gleiche mit mir gemacht. Doch damit ist jetzt endgültig Schluss. Marco, sieh es doch bitte endlich ein ..." sie griff nach meiner Hand. Eiskalt waren ihre Fingerspitzen, die meine Handinnenfläche berührte. Unweigerlich ging ich einen Schritt zurück und schüttelte schnell diese Hand ab „... wir gehören zusammen". Ihr Blick war flehend und mir drehte sich mal wieder der Magen um. Die Therapie hatte offenbar bis jetzt noch nicht angeschlagen und ich zweifelte daran, ob dies jemals auch passieren würde. Wohl gerade noch rechtzeitig, bevor ich ausrasten konnte, kam meine Schwester um die Ecke und gleichzeitig ging die Haustüre auf. „Ich bin da" rief eine fröhliche, ab gestresste und in ihrer Bewegung erstarrte Nicole. Mir sackten fast die Knie unter mir weg, so ging die Erleichterung durch mich hindurch. Es blitzten dennoch kurze Bilder in meinen Gehirnwindungen auf, mit Situationen, die allesamt sehr unschön waren. Vor allem für Luisa.

Nicole war also auch nicht eingeweiht und das beruhigte mich zusätzlich, dennoch hatte Luisa einen Spruch los gelassen, der mir dann böse Blicke von meiner Freundin einbrachte. Natürlich fragte sie auch bei mir nach, ob ich etwas davon wüsste und ich konnte zum Ende nur beitragen, das sie vielleicht wirklich frei bekommen hatte. Am liebsten hätte ich Luisa natürlich gerne direkt wieder vor die Tür gesetzt, doch wollte ich den Frieden für Lucas Geburtstag nicht zerstören. Kaum war die ungewollte Überraschung im Haus, kamen auch schon die restlichen Gäste, also müsste jedes weitere Gespräch mit Nicole warten oder am besten ganz ausbleiben. Was aber unwahrscheinlich war.

Wäre ich nicht direkt von Mia in Beschlag genommen worden, hätte ich auch der Unterhaltung von Nicole und Luisa beiwohnen können. Die Blicke, die mir meine Freundin immer wieder verstohlen zusandte waren nämlich sehr beunruhigend. Ganz klar, da stand einiges im Raum, für das gerade kein Platz war und spätestens im Schlafzimmer zur Aussprache kommen würde. Das Unbehagen hing mir im Nacken und ich fühlte mich schuldig. Warum hatte ich Trottel geschwiegen? Warum schob ich es schon Monate vor mir her? Luisas Ansage bei der Begrüßung war mehr als konkret und doch blieb Nicole.

Mit Erleichterung stellte ich dann auch fest, dass Nicole plante über Nacht zu bleiben. Vielleicht hatte Luisa doch keinen Müll abgesondert? Es war ein Hauch von Beruhigung. Wir schickten Luisa in die alte Wohnung, was sie so oder so freiwillig wollte und brachten Luca ins Bett. Dann räumten wir noch den Rest der Party in den Geschirrspüler und Nicole lehnte sich müde an die Arbeitsplatte und rieb sich die Schläfen. „Der Tag ist vorbei" sagte ich ruhig und zog sie in meine Arme. Direkt fühlte ich, wie sich unter meiner Berührung versteifte und sie wandte sich von mir ab „wird Zeit fürs Bett".

Ich lag schon im Bett, hatte die Arme hinter meinem Kopf verschränkt und sah zur Zimmerdecke hoch. Was würde nur jetzt auf mich zukommen? Vor allem, wann? Nicole war schon eine kleine Ewigkeit im Bad und ich gab schon fast die Hoffnung auf, sie würde es jemals wieder verlassen. Ich drehte mich gerade zur Seite und überlegte mir, ob ich mal nach ihr schauen sollte, als die Tür aufging und ich Nicole über den Flur gehen hörte. Milde lächelte ich sie an, doch kam nichts von ihr zurück. Schweigend legte sie sich einfach neben mir ins Bett und schaute zur Zimmerdecke, wie ich es noch kurz zuvor selbst gemacht hatte. „Süße, es tut mir leid, dass ich dich heute Mittag etwas angemacht habe am Telefon. Es ist nur, ich mag es einfach nicht wenn dich Bauer an einem Sonntag ins Büro holt. Dann vergisst du auch noch die Zeit und ich male mir sonst was aus. Ja ich war dumm und eifersüchtig, aber ich kann es nicht abstellen". Stille! Nicole erwiderte nichts auf mein Geständnis und ich konnte nur ihren Atem hören. Langsam drehte ich mich zu ihr und sah ihre Silhouette in dem gedämpften Licht, welches von meiner Nachttischlampe ausging. „Ich weiß, er ist dein Chef. Vielleicht wäre ich beruhigter wenn du deine eigene Chefin wä ..."-„Marco, wer zahlt das Internat?" die Frage kam so unvermittelt, das sie sich anfühlte wie eine Ohrfeige. Nun war ich es, der Stille im Raum verbreitete. „Wie ... wie kommst du darauf?" flüsterte ich kleinlaut und wollte es beiläufig klingen lassen, mir längst darum bewusst, dass sie es wusste. Nicole strich die Bettdecke über ihrem Bauch glatt und billigte mich keines Blickes. „Wer zahlt?" wiederholte sie nur und blieb dann wieder still. „Ja aber wie kommst du darauf?"-„Luisa erwähnte so etwas. Sie sagte und ich zitiere ‚Marco lässt die Kohle springen'. Ich wüsste nicht, dass du Kohle springen lässt, sondern ich für ihr „wegsperren", wie sie es nennt, bezahle. Oder weißt du da was anderes?". Ich hätte mit mir selbst eine Wette abschließen sollen und ich suchte nach den richtigen Worten „bevor du sauer wirst, hör mir bitte zu", bat ich und richtet mich ein wenig auf, um sie besser sehen zu können. Endlich sah sie mich auch an und ich wünschte mir, sie würde es sein lassen. Sie war schon am Kochen, bevor ich auch nur ein Wort gesagt hatte. „Yvonne kam zu mir. Nein, das ist falsch. Du hast mit ihr telefoniert und ich habe gelauscht" ich sah weg, denn ihren Blick konnte ich nicht länger ertragen. Ich richtete mich ganz auf, zog meine Beine an und legte meine Arme über die Knie, dann erst erzählte ich ihr wie es dazu kam, dass ich das Internat bezahlte. Vielmehr erzählte ich es dem Schrank vor mir, denn dem schaute ich ein Loch in die Tür. Deutlich konnte ich hören, wie Nicoles Atem immer schwerer ging und doch unterbrach sie mich nicht einmal. Der erste Stein, dieser Mauer aus Lügen war abgelegt und sie sagte immer noch nichts. Das Yvonne mich quasi an die Wand gestellt hatte, weil ich gelauscht hatte, ließ ich jedoch bewusst weg. Nach meinem Erachten reichte ein Betrug und ich wollte ihr den Schmerz ersparen, das ihre Freundin auch davon wusste. „Und wie viel schulde ich dir?" sagte sie leise und ich drehte mich zu ihr „nichts!"-„Warum hast du es mir nicht gesagt?"-„ich wollte das es dir endlich wieder besser geht und ich wollte dich zurück"-„es war also Eigennutz"-„auch. Nicole, was hätte ich den tun sollen? Ich wusste ich kann helfen und ja verdammt, ich liebe dich und wollte dich zurück haben. Ich musste dich wieder zurück haben!". Sie schwieg und sah zum Fenster rüber. Mir war klar, dass ich sie gerade verletzt hatte. Es war ein Vertrauensbruch. „Und du machst dir Sorgen um Bauer und unterstellst mir so, ich würde was mit ihm anfangen. Dabei hintergehst du mich" mit diesen Worten packte sie die Ecke ihrer Decke und ich hatte schon Panik sie würde bei Luca oder im Wohnzimmer schlafen, doch sie drehte sich nur zur Seite und sagte nichts mehr.


Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt