Die gleiche Chance

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Nicole

Das ich Marco die gleichen Chancen einräumte, wie ich sie noch am Tag zu vor von ihm verlangte, war zwar unverständlich, da es ein ganz anderer Sachverhalt war, jedoch hatte er schon die Ohrfeige bekommen und ich wäre gewillt weitere Schritte zu gehen, wenn sich alles nicht als Missverständnis rausstellen würde. Mich selbst unter diese Kontrolle zu bekommen war wirklich nicht leicht, nur hatte ich mittlerweile gelernt, wie hinterhältig Luisa war und da ich Marco trotz allem immer noch liebte, galt es all meine Wut erst einmal zu zügeln. Vielleicht glaubte ich aber auch einfach nur tief in mir drin, dass alles wieder gut werden würde, wenn ich nur ruhig und besonnen bliebe? Doch was nutzte all diese Ruhe und sonstigen guten Vorsätze, wenn man das sah, was ich gerade mir anschauen musste. Ich wusste ehrlich nicht, ob es nicht besser gewesen wäre, hätte ich auf Marco gehört. Es schockierte mich. Es ließ mein Herz rasen. Meinen Blutdruck ungeahnte Höhen erreichen und dieses Gefühl von Ekel! Welches meinen Magen zusammen drückte und ich schon die Säure in meiner Speiseröhre aufsteigen schmecken konnte. Es ließ mich leicht würgen. Ich kämpfte gegen meine Tränen, die nur ein Zeichen von Schwäche gewesen wären, doch bei diesem Anblick brauchte ich alle Kraft. Ich biss mir auf die Innenseiten meiner Wangen, bis ich das Blut schmecken konnte und kaute dann nervös auf meiner Unterlippe rum. Meine Gedanken rannten zickzack und gleichzeitig über Berg und Tal. Wie konnte ich mich in diesem Mann nur so täuschen? Luisa war verdammt nochmal noch ein unschuldiges Kind! Doch diese Bilder zeigten mir keine Unschuld eines Kindes, es zeigte mir meine Schwester in Posen, die mich immer wieder trocken schlugen ließen, bis mich mein Hals schmerzte. Ich war schon froh darum, dass einige der Szenen so stark verschwommen oder verwackelt waren, dass man nur erahnen konnte was sie zeigten. Leider war meine Phantasie durchaus in der Lage, die Bilder schärfer zu stellen. Der Anfang war noch harmlos, wenn man ausblendete um wen es ging. Luisa küsste Marco, machte sich dann an seiner Kleidung zu schaffen, um seine nackte Haut darunter auch zu verwöhnen. Dann sah man, dass Marcos Hose geöffnet wurde, auf dem nächsten Bild waren dann auf einmal schwarze Haare mitten in einem männlichen Schoss. Ich verbat meinem Kopf ein klares Bild daraus zu machen und schloss meine Augen. Warum hatte Luisa überhaupt davon Bilder gemacht? Wenn sie so unschuldig war, wie ich eigentlich von ihr dachte, dann dürfte sie nicht quasi aus einer Selbstverständlichkeit heraus, solch eine Bildershow dokumentieren. Warum hatte da aber auch Marco nicht schon längst gehandelt und sie aufgehalten? Mein Verstand wollte einfach nicht auf einen Nenner kommen und waren die Gedanken vorher noch auf Berg und Talfahrt, so liefen sie nun geradewegs in einen tiefschwarzen Tunnel ohne Wiederkehr. Ich zwang mich wieder hinzuschauen, weil ich einfach musste und konnte sehen, dass nun Luisa auch irgendwann ohne Kleidung war und es sich auf diesem Schoss bequem gemacht hatte. Nun war endgültig mein Verstand verloren und mein Glaube an Marco. Es wäre genau an dieser Stelle seine Gott verdammte Pflicht gewesen Luisa aufzuhalten. Nur zwei Gründe hätte es auf dieser Erde geben können, atomarer Krieg oder weil er es wollte. Den Krieg hätte ich mitbekommen, also blieb nur ein Schluss zu und dieser drückte gerade wieder kräftig gegen meinen Magen und ließ die Säure darin, bis in meinen Rachen laufen. Ich presste mir die Hand auf den Mund, um ein trauriges Wehklagen verstummen zu lassen, dann sah ich mit all dem Hass, den ich auf einmal verspürte, Marco an. Doch mir schlug Wut entgegen und ich hätte ihm am liebsten dafür erneut eine kleben können. Allein dieser harmlose Gedanke einer Ohrfeige, ließ mich erneut an meinem Verstand zweifeln. Mord wäre das richtige gewesen. Wobei ich mir da gerade nicht sicher war, ob dies nicht unter den Umständen zu einer Milderung der Tat geführt hätte. Ich nuschelte ein „du hast kein Recht dazu" zwischen meinen Zähnen hindurch und drückte auf einen Play Button. Luisa hatte nicht nur die Scheiße in Momentaufnahmen gestellt, es gab auch ein Video. Was mich zugegebenermaßen auch an ihrem Verstand zweifeln ließ. Eine Erbkrankheit? Wieder schloss ich meine Augen, schüttelte leicht mit dem Kopf und sah wie gebannt auf den Bildschirm. In sekundenbruchteilen hatte ich erkannt, dass der Clip keine Minute ging und irgendwie fühlte ich augenblicklich so etwas wie Erleichterung. Erleichterung darüber, es nicht länger ertragen zu müssen als nötig, dabei könnte ich mir den ganzen Schmerz sparen, doch wie war das mit einem Unfall auf der Autobahn? Man kann einfach nicht wegschauen!

„Ich hoffe du weißt jetzt was Sache ist, mein liebes Schwesterlein" hörte ich Luisas Stimme von weit her und fühlte mich dennoch so ohnmächtig. „Ich hätte alles auf Video aufnehmen sollen. Das wäre die Story des Jahrhunderts. Ich, meine Schwester und Marco. Was für ein Titel" feierte sie sich selbst und genau in dem Moment wurde mir etwas klar. Hier ging es um ein Spiel, welches Luisa angefangen hatte zu spielen, als Marco damals bei uns war und ich sie dabei erwischt hatte, wie sie ihn gerade fast geküsst hätte. Dann drang noch etwas anderes an mein Ohr. Ganz leise, doch es war da. Im ersten Moment wusste ich nicht woher es kam, doch es war etwas, was mir ungemein vertraut war und automatisch sah ich zu Marco. Seine Wut war wohl mittlerweile nur noch auf Luisa gerichtet, denn als er seinen Kopf zu mir drehte, war diese weg und seine Augen schwammen in der gleichen Traurigkeit, wie ich sie fühlte. Mein Finger wischte über den Bildschirm, was das Video erneut auslöste und ich konnte wieder dieses vertraute Geräusch hören. Es kam aus dem Handy! Mit aufgerissenen Augen starrte ich darauf, versuchte endlich meine Gedanken zu ordnen und hörte es wieder. Mein Daumen drückte gegen die Taste an der Seite, um die Lautstärke zu regeln. Maximum. Dann startete ich das Video neu, hob das Telefon an mein Ohr und es war wieder da. Marco war am Schnarchen!

Fassungslos senkte ich das Handy, startete den Clip neu und wiederholte den Vorgang. Es war, als würde bei jedem geschnarchten Atemzug von Marco, mein Verstand zurückkehren. Aus Dunkelheit wurde Nebel, aus Nebel ein leichtes verschwommen sein und dann sah ich Marco an und mir fielen seine Worte ein.

„Wäre die kleine Schlampe nicht so dreist gewesen und hätte mir K.O.-Tropfen gegeben"

Marco hatte mich nicht angelogen! Bei all den Beweisen, die absolut alle gegen ihn sprachen, wollte er sich nicht rausreden mit irgendwas, sondern sagte die Wahrheit!

Mein Herz stolperte bei jedem Schlag, da sich die Anzahl der Schläge drastisch erhöhte. Meine Haut fühlte sich an, als hätte sie jemand mit Feuer überzogen und mein ganzer Brustkorb fühlte sich an, als stünde er kurz vor einer Explosion.

Ich ging zu Luisa hin, hielt das Handy ihr vor die Nase und brüllte mit all dieser Gewalt, die tief in meiner Brust als Wut steckte „er schläft! Wie konntest du mich nur in solch einem Glauben lassen? Mama und Papa würden sich im Grab umdrehen, wenn sie wüssten was du hier abziehst. Nee, Luisa, so geht das nicht! Du brauchst Hilfe und zwar richtig ernsthafte. Du bist doch nicht mehr ganz normal! Wärst du nicht meine Schwester, würde ich mich jetzt komplett vergessen!". Nach dieser Ansprache holte ich tief Luft und sah dann zu Marco und es tat mir unendlich leid, dass ich auch nur eine Sekunde an ihm gezweifelt hatte.

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Hey ihr Lieben, ist dieser sonnige Sonntag nicht ein besonders schöner Sonntag?
HEY BVB, der POTT IST WIEDER IM POTT. Schön oder? seufz
Darum heute mal wieder ein Ausnahmekapitel.

Zum Thema, da hat also Nicole allen die gleiche Chance eingeräumt und findet zum Glück die Wahrheit raus. Wäre im wahren Leben sicher oft auch mal hilfreich, wenn man sich erst zuhören würde bevor man drauf klopft.

Wir sind an einem Punkt, an dem die Geschichte ihr Ende nimmt und wie man nun auch weiß, woher der Titel des Buches kommt (nicht wie mal gedacht wurde, dass das "ich" für Nicole stehen würde und man so ableiten könnte, das beide etwas mit Marco haben werden), ist die Frage an euch ...

Wie stellt ihr euch das Ende vor?
Ich weiß, Luisa ist nicht nett, aber soll sie wirklich sterben?

Ich wünsche euch noch ein schönes restliches Wochenende mit viel Sonne.

LG

Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt