Zum Glück gezwungen

1K 74 2
                                    


Yvonne

Ich konnte mir nicht sicher sein ob mein Plan wirklich aufging, aber ich durfte es nicht unversucht lassen. Mit einem Kuchen bewaffnet stand ich also bei Nicole in der stark verrauchten Wohnung, um sie gegen ihren Willen zu überraschen. Mit Erleichterung stellte ich fest, die Idee kam gut an. Es war jedoch nur die eine Hälfte der Überraschung, denn die andere Hälfte kam noch und ich war Gott froh, dass Luisa freiwillig mitmachte. Ohne lange zu zögern und davon ging ich nicht aus, erklärte sie sich bereit auf Luca aufzupassen. Nicole davon zu überzeugen war etwas schwerer. „Ich wollte eigentlich heute nicht mehr vor die Türe"-„darf ich morgen trotzdem zu einer Party?" fragte Luisa direkt, die wohl glaubte, dass eine hing mit dem anderen zusammen. „Von mir aus" seufzte Nicole und fügte an „eigentlich dachte ich, wir würden die Zeit, die uns noch bleibt, zusammen verbringen?" verwundert sah ich meine Freundin an und musste feststellen, ihr fiel der Abschied schwer. Nach allem was ihre Schwester abgezogen hatte, konnte ich es nicht ganz nachvollziehen und versuchte mich in die Lage zu versetzen. Das Problem war jedoch, dass ich mir weder meine kleine Schwester und noch weniger meinen Bruder, an Luisas Stelle vorstellen konnte. „Wir verbringen doch Zeit, aber ich würde mich auch gerne von meinen Freunden verabschieden und Zoe hat da für morgen echt was cooles gefunden" wieder kam ein Seufzer von Nicole und sie sah mich Rat suchend an, doch ich konnte nur mit der Schulter zucken und zustimmt nicken. „Und du gehst heute mit mir weg" beschloss ich einfach und stand auf, um auch sie zu bewegen. „Ich wollte aber Wein und TV" jammerte sie und sah mich Mitleid suchend an. „Nix da! Du bist jetzt 27 und nicht 72, also geht es Party machen" ich umgriff ihr Handgelenk und versuchte sie vom Stuhl hochzuziehen. "Oooh neee" maulte sie und stand aber doch auf. „Jetzt gehst du ins Bad, wäschst dich und machst dich hübsch und ich schau in deinen Kleiderschrank und suche dir was Passendes raus" kommentierte ich mein Tun und schob sie Richtung Badezimmer. „Wo geh ich denn hin?"-„ins Bad?" grinste ich sie an und wusste natürlich was sie in Wirklichkeit wissen wollte. Nicole rollte mit den Augen und ging ganz in den Raum, um die Tür hinter sich zu schließen. Ich drehte mich zu Luisa „wo ist denn ihr Schlafzimmer?" sie zeigte in die Richtung „da" und ich ging in die Tiefen meiner Freundin ihrer Privatsphäre. Es ging nicht lang und ich hatte zwischen diesen ganzen mausgrauen Kostümen etwas Ansehnliches gefunden. Ich legte die Kleiderwahl auf Nicoles Bett und sah es mir an. Dann tauschte ich die Bluse aus, dann den Rock und nahm dann doch ein rotes Kleid aus dem Schrank. „Das sieht toll aus" lobte ich meine Auswahl und lächelte zufrieden. Da kam eine tropfnasse Nicole im Bademantel an und sah auf das Kleid „das möchte ich nicht anziehen", sagte sie und sah traurig auf das Bett. „Es ist aber super schön" bestätigte ich und sah sie erwartungsvoll an. Unsicher drehte sie sich zur Tür und schloss diese dann. „Ich hatte es in Bali an und ... also die Erinnerungen ... mhmm ... wie soll ich das sagen?"-„ich hoffe die Erinnerung war schön"-„sehr sogar" verträumt biss sie sich auf die Unterlippe und ich nahm das Kleid, um es ihr vor die Brust zu halten. „Dann solltest du es anziehen und wer weiß, vielleicht kommt die Erinnerung zurück" direkt sah sie mich leicht schief an und ich musste schlucken. Würde sie noch mitkommen, wenn sie raus fand, dass Marco auf sie wartet? Ich wollte es gar nicht erst raufinden und winkte mit verzogener Miene nur ab „wenn du natürlich gar nicht willst, dann finden wir etwas anderes"-„nein warte" bekam ich aber dann als Protest zu hören und sie griff schnell nach dem Kleid „ich werde es anziehen". Sie ging zum Schrank und holte sich Unterwäsche und sah mich dann milde lächelnd an. Ich zog mich grinsend zurück und ging aus dem Schlafzimmer raus. Wenig später hatte Nicole das Kleid an und rauschte wieder ins Badezimmer um sich ihre Haare zu machen. Dann tranken wir noch einen Kaffee, da wir viel zu früh waren und plötzlich war es zu spät. „Oh, wir müssen los" ließ ich laut verkünden und sah zu Luisa „du passt also auf Luca auf? Könnte aber spät werden"-„kein Problem" hob sie die Hand und schüttelte den Kopf „ich bin da und mache meinen Job". Nun verstand ich was Nicole wenige Tage zuvor meinte mit dem Verhalten von Luisa. Sie war unheimlich, da es so gar nicht passte, zu dem was mir mein Bruder angedeutet hatte und mir Nicole unter Tränen erzählte. Ein weiterer Blick auf die Uhrzeit hielt mich davon ab weiter über Luisa nachzudenken und ich trieb Nicole etwas zur Eile an, die sich gerade zum fünften Mal von Luca verabschiedete. Als wir im Auto saßen und los fuhren, fragte mich Nicole erneut „wohin geht's denn jetzt?"-„Überraschung" flötete ich nur als Antwort. „Das tolle an Überraschungen ist ja, das man nicht weiß was einen erwartet" fügte ich verschwörerisch an und musste dann doch kichern. Ich musste nicht lachen wegen dem Versuch Nicole nichts zu verraten, sondern wie sie mich anschaute. Sie wusste genau was auf sie zukam und ich wusste nicht wie ich sie davon abbringen könnte. Marco würde es sicher nicht begrüßen, wenn ich ihre Gedanken bestätigen würde. Wir schwiegen den Rest der Fahrt und als wir am Ziel ankamen, konnte ich deutlich ein „hab ich es mir fast gedacht" von der Seite hören. „Das sieht aber zu aus. Ist das überhaupt auf?" bemerkte Nicole und ich schüttelte den Kopf, um ein „nein, nein. Alles ok" von mir zu geben. Ich parkte ordnungsgemäß den Wagen und schaute mich unauffällig nach dem Auto meines Bruders um. Auch wenn Nicole vielleicht etwas ahnte, wäre es sehr doof wenn sie es so bestätigt bekommen würde. Erleichtert stellte ich aber fest, es war nichts zu sehen. Wir stiegen beide gemeinsam aus und gingen auf das Restaurant zu „das hat doch zu"-„quatsch. Die haben doch immer so dunkel und ich freu mich schon auf eine leckere Pizza" ich fing mir dafür einen echt üblen Blick ein und dann grinste meine Freundin frech. „Yvonne, ich hab dich gern, aber ich bin nicht doof"-„und jetzt bist du böse?"-„wäre ich dann hier?"-„Du weißt also was dich hinter der Tür erwarten wird?" sie schüttelt den Kopf und sah dann irgendwie leicht verschämt auf den Boden. „Ich weiß nicht was mich erwarten wird, aber ich hoffe das die Person wartet, die ich erwarte" ich griff nach ihren Händen, die sie vor ihrem Bauch verschränkt hatte und suchte ihren Blick. „Dann hab einen schönen Abend. Ihr habt euch verdient und ich wette alles wird gut. Jetzt, da Luisa die Hilfe bekommt, die sie benötigt, könnt ihr zueinander finden und glaub mir, ihr werdet euch gegenseitig den nötigen Halt geben, um auch alles andere durchzustehen"-„alles andere?" irritiert sah sie mich an und ich schmunzelte. „Naja, wenn die Sache so richtig ernst wird, stehst du genauso im Fokus wie er es tut und ich kann dir aus Erfahrung sagen, so toll ist das nicht immer"-„an das habe ich gar nicht gedacht" flüsterte sie leise und ich zog sie in meine Arme. „Lass dich davon nicht verschrecken. Ihr seid ein Traumpaar! Und jetzt ab mit dir da rein" aufmunternd drückte ich leicht gegen ihren Oberarm, um sie so etwas in Richtung Eingang zu drücken. Sie legte ihre Hand auf den Knauf, sah mich an und dann die Türe, um sie dann mit einem leichten Ausatmen zu öffnen. „Viel Spaß" flüsterte ich nochmals hinter ihr her und ging dann zurück zu meinem Auto, um nach Hause zu fahren. Mein Teil des Plans war somit erledigt und ich konnte mit mir zufrieden sein.

______________________________________________________________-

Etwas später heute, da ich unterwegs war.
Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!
Einen besinnlichen 4. Advent und überhaupt ... ne gute Zeit!

Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt