Marco
Meine Hand legte ich auf Nicoles Knie, die neben mir im Auto saß. Wir hatten Luisa gerade in der Klinik abgeliefert und ich hatte den Eindruck, dass sie langsam einsah, dass es das Beste für sie war. Dass ihre Schwester ihr nur helfen wollte und ich sie eben darin unterstützte, weil ich Nicole liebte. Natürlich konnte ich mich in all meinen Vorahnungen und Vorstellungen der Perfektion wieder mal irren, doch irgendwie hatte ich ein gutes Gefühl bei der Sache und das bekam ich auch nicht mehr weg. Ich hoffte, dass wir nun endlich unsere Ruhe haben würden und unser Glück genießen konnten. Auch wenn es mit Sicherheit seine Zeit dauern würde, bis sich alles wieder beruhigt hatte. „Du hast das Richtige getan, Süße", sagte ich ermutigend und drückte ihr Knie leicht, um meine Worte so zu bekräftigen. Es fiel ihr alles andere als leicht und das wusste ich. Wer wies seine Schwester schon gerne in eine psychiatrische Klinik ein? Und da mir klar war, dass sie es nicht so einfach wegstecken würde, hatte ich mit ihrem Einverständnis einen kleinen Trip an die Ostsee gebucht. Ich wollte ihr etwas Gutes tun und die Zeit mit ihr einfach nur genießen. „Wir holen jetzt Luca ab und dann machen wir uns ein paar schöne Tage, damit du auf andere Gedanken kommst", setzte ich hinterher und unsere Blicke trafen sich, als ich zu meiner Freundin rüber schaute. „Danke Marco. Für alles was du für uns getan hast. Und dafür, dass du immer noch bei mir bist, obwohl ich so eine kaputte Familie habe." Nicoles Worte klangen aufrichtig und ich griff nun nach ihrer Hand, um unsere Finger miteinander zu verweben. „Hör auf dich immer zu bedanken. Ich tue das gerne, weil ich dich liebe. Und zwar mit allem was dazu gehört." Diese Worte entsprachen der Wahrheit. Ich liebte diese Frau mehr als alles Andere und ich war mir sicher, dass wir nach diesem ganzen Theater endlich eine glückliche Zukunft miteinander hatten.
Luca warf sich mir an den Hals, kaum nach dem Yvonne die Haustüre geöffnet hatte. Er saß sozusagen hinter der Tür auf seinem gepackten Koffer und wollte so vermeiden, dass wir ihn vielleicht doch vergessen würden. Kasper hatte uns einen weiteren Kollegen genannt, mit dem Nicole zu regelmäßigen Sitzungen mit Luca ging. Sie brauchten beide diese Hilfe und es hatte nur Vorteile, für uns alle. Das Verhältnis mit Luca, welches wir mittlerweile hatten, unterschied sich kaum noch zu dem, was ich mit meinem Neffen pflegte. Was diesem Prozess der seelischen Heilung und irgendwie ein normales Leben führen, genauso dienlich war, wie die Sitzungen bei einem Profi. Es war meine persönliche Therapie. Meine kleine Familie für die ich sorgen konnte und mich darin bestätigte, alles bisher richtig gemacht zu haben. Ich liebte Nicole einfach und ich wusste, für diese Frau würde ich Berge versetzen. Natürlich galt dies auch für Luca und bei all dem, was ich für Luisa getan hatte, offensichtlich auch für sie. Diese Familie hatte so viel Schmerz erfahren, sei es durch den Verlust der Eltern oder dem darauf folgenden zerfleischen, dass ich mir hätte auf die Schultern klopfen können. Doch so ein Mensch war ich nicht. Ich sah einfach nur das Gute in der Sache und dieses Gefühl, welches mir zumindest Nicole und Luca zurückgaben, war mit keinem Geld der Welt zu bezahlen. Vielleicht wäre mir auch eines Tages Luisa dafür dankbar, obwohl mir es irgendwie egal war, Hauptsache sie könnte irgendwann ein normales Leben führen.
Luisa war noch im Krankenhaus, als Timo vor meiner Tür stand und Nicole um ein Gespräch bat. Er hatte uns einige Dinge von Luisa erzählt, die uns beide kein bisschen mehr aus der Bahn hauen konnten. Wir wussten ja nur zu gut zu was sie allem fähig war. Doch was mich am meisten überraschte war, nach dem wir ihm von Luisas Zustand erzählten und der geplanten Therapie für sie, gab es für ihn kein Halten mehr. Er wollte für sie da sein. Ja, er wollte genauso an Luisas Seite bleiben, wie ich an Nicoles. Von da an ging er täglich, bis zum Tag von Luisas Entlassung, ins Krankenhaus, um bei ihr zu sein. Es tat ihm leid, dass er nicht mitkommen konnte, um sie in die Klinik zu bringen, doch sein Chef sah keinen Grund ihm frei zu geben, darum nutzte er die verbleibende Zeit, bis zum letzten Moment. Vielleicht würde auch Timo diese Zeit überstehen und wenn Luisa dann geheilt war, könnten die beiden wieder eine Zukunft haben. Ich würde es ihnen gönnen.
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Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte Rache
FanfictionDas Leben der 27 jährigen Nicole scheint nicht unter einem besonders guten Stern zu stehen. Ihre Eltern starben vor 6 Jahren. Sie muss aufhören zu studieren, um die Verantwortung für ihre Geschwister zu übernehmen. Der kleine Bruder Luca kommt sc...