Nach dem Tod betteln

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Marco

„Sag mal, was ist denn mit dir los?" Marcel sah mich, dann den Tisch und dann wieder mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Ärger? Du hast geglaubt Luisa macht Ärger?" zischte ich gepresst zwischen meinen Zähnen hindurch und erweitere meine Wut mit den Worten „das ist kein Ärger, sondern sie bettelt um ihren Tod"-„wow, wow, wow, mal halblang. So krass kann es bestimmt nicht sein" versuchte mich mein bester Freund zu beruhigen und ich krampfte meine Hand um das Handy. „Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr sie bettelt" mit zusammengekniffenen Augen sah ich ihn an, schüttelte leicht mit dem Kopf und grinste süffisant. Ich warf mein IPhone auf das Sofa, um es doch wieder an mich zu nehmen und ging die Treppe in die nächste Etage per Zwei-Stufen-Sprung. „Ey was hast du vor?"-„ich zieh mich an und werde ihr helfen gehen"-„ey? Ich dachte du willst ... ey hör mal ... was hat sie denn gemacht? Ey Bro?" ich hörte ihn zwar, doch wollte ich gerade kein bisschen von meinem Plan runter kommen. Luisa ging einen großen Schritt zu weit über die Klippe und müsste nun mit den Konsequenzen leben. Ich suchte mich wie in einer Art Trance durch meinen Kleiderschrank nach frischen Klamotten und versuchte mir die Worte in meinem Hirn zurecht zulegen, die ich vor hatte ihr zu sagen. Vielleicht würde es aber auch erst gar nicht so weit kommen und ich packte sie einfach direkt am Hals. Diese Lösung gefiel mir auch viel besser, als ein langes reden. Luisa verstand nicht wo ihre Grenzen waren, dann war es an der Zeit, sie ihr zu zeigen. Sie hatte zwar nur noch wenige Stunden hier in Dortmund, doch hätte ich nichts dagegen, wenn ich mir die halbe Millionen sparen könnte für das Internat. Ich würde stattdessen einen schicken Grabstein kaufen und mit dem Rest eine Kreuzfahrt mit Nicole machen. Das klang viel besser! Sehr viel besser! Besser könnte ich mein Geld gar nicht anlegen. Ich zog herrisch an einer Jeans, die weiter unten im Stapel feststeckte und stieß wie wild Flüche aus. Sie galten nur im kleineren der Jeans, der Hauptteil war für Luisa. Ich hasste sie! Sie und ihr Verhalten. Sie war eine kleine miese Schlange und ich war bereit sie windelweich zu prügeln. Der Stapel Jeans gab nach und landete auf dem Boden. Mit einem kräftigen Tritt, verteilte ich sie großzügig im Raum und schimpfte weiter. „Dieses kleine Aas. Dieses kleine Mistvieh" brabbelte ich vor mir her und stieg in die Hose. Ich packte mir noch eine leichte Jacke und wollte eigentlich aus dem Haus stürmen, doch Marcel stellte sich mir in den Weg. „So, jetzt ist hier erst mal Schluss mit lustig. Du sagst mir jetzt auf der Stelle was los ist. Ich fürchte du willst gerade eine wahnsinnige Dummheit veranstalten" seine Worte waren zwar in dem Moment nur eine unverständliche Verkettung von Lauten, doch hatten sie Wirkung. Nicht direkt, denn ich schob ihn bei Seite und war auch schon meine Schuhe am Anziehen, als er sich ein weiteres Mal mir in den Weg stellen musste. „Geh mir aus dem Weg" herrschte ich ihn an und blickte wütend und tief gezogenen Augenbrauen an. „Nix da. Du bleibst hier. So lass ich dich sicher nicht aus dem Haus. Was bist du? Der Racheengel persönlich oder was? John Rambo sicher auch nicht und die Leute auf der Straße können nichts für deinen Ärger. Sag jetzt was Sache ist und komm mal wieder runter". Es gab noch einen kleinen Abklatsch, aber es war weniger wichtig. Viel wichtiger war doch, dass mein bester Freund mich wirklich von einem unüberlegten und nur von Gefühlen geleiteten Schritt abhielt.

„Zeig jetzt mal her" forderte Marcel mich auf, als ich soweit wieder beruhigt war und ich schüttelte mit dem Kopf. „Jetzt stell dich nicht so an, am Ende zeigst du es mir ja doch und wer weiß, vielleicht kann ich es auch viel neutraler betrachten"-„es ist eigentlich nichts"-„und wegen nichts willst du Luisa killen? Erzähl das jemand anderen" er hielt mir seine Hand hin und verlangte so nach meinem Telefon. Wiederwillig und trotzig wie ein kleines Kind, knallte ich ihm förmlich das dumme Ding in die Hand und ging an ihm vorbei. Ich brauchte irgendwie ein Bier oder so etwas und ich war mir sicher davon noch eins im Kühlschrank zu haben. Es würde mich auf jeden Fall ganz sicher davon abhalten, nicht doch noch los zufahren um Luisa den Gar aus zumachen. Mein Freund ging mir sicherheitshalber hinterher und bei einem kurzen Blick zu ihm, stellte ich Erleichterung in seinem Gesicht fest, offenbar hatte er die Nachricht noch nicht geöffnet. Er sah mir zu was ich machte „hast du noch eins für mich?"-„hab ich" und ich stellte es ihm auf den Küchentresen vor ihm. „Hast du geschaut?"-„nee. Ehrlich gesagt weiß ich ja nicht was mich so schreckliches erwartet und vielleicht ist es besser ..." er nahm einen kräftigen Schlug aus der Flasche „... wenn ich erst mal etwas tanke" er grinste frech, was ich überhaupt nicht teilen konnte. Mir war es eher nach schreien oder nach morden zumute. „Jetzt schau halt" drängte ich ihn, da er immer noch nicht den gleichen tat zu schauen. „Ja, ja. Nur die Ruhe" feixte er und setzt sich auf einen der Hocker. Dann lehnte er sich auf das Marmor und wischte über mein Handy. Sein Grinsen verschwand und dafür übernahm ich es. Es ging ihm also gleich wie mir und doch sagte er etwas total Widersprüchliches „so schlimm ist es jetzt nicht. Es rechtfertig nicht wirklich das Chaos im Wohnzimmer. Der arme Tisch"-„hast du sie noch alle?" platzte es direkt wieder in einer Lautstärke aus mir heraus, die Ohren betäubend war. „Man Marco, das ist ja jetzt nichts Neues"-„doch ist es. Das hat sie sicher nicht ohne Grund gemacht und zudem kann ich mich nicht daran erinnern. Ich habe keine Ahnung was da los war und weswegen ich auf einmal so extrem müde wurde. Eigentlich ist es auch egal. Sie hatte kein Recht das zu tun!" ich brachte meine Stimme nicht mehr auf eine normales Level. Mein Freund schien diese Sache nicht wie versprochen, neutral zu sehen. Er schien es ganz klar zu verharmlosen. Ausgerechnet er, der mir in der Nacht doch noch erklärte, wie viel Ärger Luisa mir noch bringen würde. Da haute er auch schon den Spruch der Sprüche raus „ich hab es dir gesagt, genauso ist es. Du wolltest es nicht hören und jetzt hast du es. Dicken fetten Ärger! Und du wirst diesen auch nicht aus der Welt schaffen, wenn du wegen solch einem dummen Mädchenstreich direkt bei ihr einfällst. Denk doch mal nur an Nicole. Wie willst du ihr das erklären und was willst du ihr erzählen? Du wirst dich der Sache stellen müssen und das geht ganz sicher nicht, wenn du Luisa umbringen willst. Ich würde es mit einem klaren Kopf versuchen und nicht mit Wut im Bauch"-„ohooo, hört, hört. Der weiße Herr Fornell spricht. Hast du noch alle Latten am Zaun? Was soll ich da Nicole erzählen? Die wird mir kein Wort glauben" er sah mich schräg von der Seite an und ich erkannte den Sinn seiner und meiner Worte. Wenn ich Luisa an den Hals ging, musste ich zwangsläufig Nicole alles erzählen. Doch was wollte Luisa mit diesem Bild bezwecken? Und war dies alles oder würde dem noch mehr folgen? Das Gefühl eine Schlinge um den Hals zu haben verstärkte sich und ich sackte förmlich in mich zusammen. „Denk darüber nach. Leg dir den nächsten Schritt zu Recht. Gönn Nicole noch die Zeit bis Luisa weg ist und mach dann endlich Nägel mit Köpfen"-„noch so ein Kalenderspruch. Verdammt! Und ich zahl die ganze Scheiße auch noch" Marcel pfiff leise zwischen den Zähnen hervor „wenn alles glatt läuft, hat sich das Geld doch gelohnt". Sein Grinsen war wieder so dreckig, das ich ihm am liebsten eine kumpelhaft in die Fresse hätte schlagen können.

Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt