Ich fühlte mich unbehaglich als ich in sein altes Auto stieg. So komisch wie er war, beharrte er darauf mir die Türe zu öffnen, meine Hand zu nehmen und mir beim Einsteigen zu helfen. Mich durchzuckte ein Schaudern als wir uns berührten. Ich war nur froh, dass seine Hände eine normale Temperatur hatten, nicht sowie bei der ersten Begegnung, als sie so kalt waren wie Eis.
Als er einstieg ging es mir weiterhin mulmig. Ich wollte ihm gerade sagen, wo er lang musste, aber er schien den Weg zu kennen. Während er losfuhr, betätigte er ein Paar Knöpfe an dem Player und Musik ertönte. Es war ein uraltes Lied, das ich nicht kannte. Und das schlimmste war, der Anfang war total unheimlich. Als wäre die Situation nicht schon unangenehm genug, war die Krönung dieses Lied.„Ähm... also ich hab gehört-" Ich wollte die peinliche Stille brechen und mit ihm plaudern, doch er unterbrach mich mit einem „Pschh".
„Ich liebe die Stille.", sagte er und mir blieb nichts Anderes als zu denken, was für ein komischer Kerl er war. Stille, dieses komische alte Lied und das zugehörige alte Auto. Einen Menschen wie ihn habe ich echt noch nie gesehen.
Wir schwiegen also. Er wirkte ziemlich gechillt, doch in meinem Kopf herrschte ein Chaos. Ich wusste nicht wieso, aber ich fühlte mich neben ihm einfach nicht sicher. Und es gab noch so viel worüber ich mit ihm reden wollte- über das Bild, den Test, das Blut, und auch Ash.
Aber er wollte ja Stille. Bestimmt aus dem Grund um irgendwelche Fragen auszuweichen. Obwohl Ashs Wohnort in der Nähe war, zog sich die Fahrt unendlich lang. Dylan fuhr und wollte dabei nicht sprechen und der schönen Musik lauschen. Die Frau sang irgendwas von Shadow. Ich fragte mich wieso er nicht die Lieder hörte, die im Trend waren. Aber das bestätigte einfach nur, dass er nicht wie die anderen Jungs der heutigen Zeit war. Alleine schon seine ganzen Tattoos waren vielsagend. Ich schielte einmal zu ihm rüber. Seine Miene war starr. Und sein Blick wie immer etwas unheimlich. Ich wand den Blick wieder ab und schaute aus dem Fenster. Froh, dass wir schon fast ankamen.
Es war schon etwas unheimlich, dass Dylan genau wusste, wo Ash wohnte. Er parkte nah an dem Bürgersteig vor deren Haus. Dann schaute er mich das erste Mal an und gab mir dann das Fernglas. „Sieh es dir selbst an."
Ich zögerte kurz, nahm aber dann das Fernglas entgegen. Dann schaute ich dadurch in Ashs Zimmer. Es störte mich, dass Dylan den Blick von mir nicht wendete und somit beobachtete wie ich Ash beobachtete.
Doch das beschäftigte mich nicht mehr, als ich sah was in Ashs Zimmer vorging. Ich sah nicht viel, aber genug. Ich sah genau das, was ich nicht sehen wollte. Ich hatte gehofft, dass sie gar nicht im Zimmer, sondern im Kino sind. Doch sie waren beide in seinem Zimmer. Und mit dem Fernglas konnte ich alles ganz genau sehen.
Sie hatten eine intime Affäre.
Dylan hatte recht. Sie hatten eine Affäre. Mir fiel buchstäblich die Kinnlade runter. Wie konnte Ash mich betrügen? Mit Vanessa? Wie konnte er sie über mich bevorzugen? Und wie zur Hölle konnte Dylan das wissen?! Aber es interessierte mich nicht sonderlich. Ich wand den Blick ab, und legte das Fernglas auf meinen Schoß. Er betrügt mich. Er betrügt mich mit Vanessa. Von wegen Kino Film. Sie wollten nur, dass ich glaube, dass sie zum Kino gehen.
„Es tut mir leid, dass du das sehen musst.", sagte Dylan. Seine Anwesenheit hatte ich bisher vollkommen vergessen, einfach nur weil ich geschockt war.
„Ich will hier weg.", sagte ich vollkommen verstört. In mir brach ein Gefühls Chaos aus.
Er hat mich betrogen.
Die ganze Zeit schon.
Ich war froh, als Dylan losfuhr. Ich war froh als wir uns immer weiter entfernten. Es war schwer meine Wut unter Kontrolle zu bekommen. Ich wollte ausrasten, mit Gegenständen durch die Gegend schmeißen, schreien und gleichzeitig auch einfach nur weinen und jemanden umarmen.
„Ich kann ihn für dich erledigen.", hörte ich dann Dylan sagen. Ich schaute ihn an. Obwohl ich gerade am Boden zerstört war, überraschte mich, was er sagte.
„Ich erledige ihn schon selbst.", sagte ich fest entschlossen. Und da entdeckte ich ein kurzes Lächeln in Dylans Gesicht. Das war mir aber egal, dass der komische Typ lächeln konnte, ich war auf 180.
Als wir endlich ankamen, stieg ich einfach aus, obwohl Dylan mir gesagt hat, dass ich warten soll bis er mir die Tür öffnet. Ich stieg aus und konnte es mir gerade noch verkneifen, die Türe voller Wucht zu zuknallen. „Danke für die Info.", sagte ich zu Dylan und wollte gerade gehen, da hielt er mich am Arm fest und drehte mich zu sich.
„Du darfst deine Wut nicht unterdrücken.", sagte er. „Lass es an jemanden raus." Trotz seines neutralen Blicks wirkte er etwas schadenfroh. Ich wusste nicht warum er mir das sagte und was er von mir wollte. Ich löste mich von seinem Griff und ging dann. Wollte er damit sagen, dass ich Vanessa verprügeln sollte? Oder Ash?
Ich wünschte nur, dass ich bei der Prügelei zwischen Dylan und Ash nicht eingegriffen hätte. Er hätte sich viel Schlimmeres verdient, als eine blutende Nase und ein bisschen Erwürgen. Sobald ich ins Haus kam, kam mir Mom entgegen.
„Bist du mit dem Kerl schon durchgebrannt?", blaffte sie mich gleich an. Sie stemmte ihre Hände an die Hüfte und schaute mich wütend an.
„Mom, wovon redest du?", fragte ich.
„Natürlich von dem Nachbarn! Hast du mal gesehen wie er aussieht?! Mit dem solltest du keine Zeit verbringen, erst recht da du ja vergeben ist!", schrie sie.
„Vergeben? Ash vögelt gerade ein anderes Weib! Und Dylan hat mich darauf aufmerksam gemacht!"
Mom war zutiefst geschockt. Sofort ließ sie die Schulter hängen und schaute mich entsetzt an.
„Ash... hat einen Seitensprung gemacht...?", fragte sie.
„Ja.", antwortete ich schulterzuckend. „Dann ist es ja egal mit wem ich meine Zeit verbringe!"
„Dakota, komm bitte runter!" Sie massierte sich den Nasenrücken und stütze sich an der Kommode ab. „Er hat dich betrogen.", murmelte sie unfassbar. „Er hat eine Cooper betrogen! Wie kommt das bei den Leuten an?"
„Ist es wirklich nur das was dich interessiert?", fuhr ich sie an. „Wie das bei den Leuten ankommt? Wie ich mich fühle ist zweitrangig?"
„Dakota, Schatz, so meine ich das doch gar nicht! Natürlich ist mir dein Wohlbefinden wichtig." Sie kam zu mir und nahm meine Hände in ihre. „Aber es ist ein Skandal. Die Leute werden über uns tratschen."
„Sie werden über uns tratschen? Weil Ashton seinen Schwanz nicht in der Hose lassen kann?!", rief ich fast hysterisch.
„Dakota! Sowas will ich nicht in meinem Haushalt hören!"
„Ist doch die Wahrheit!" Ich ertrug es kaum bei ihr. Ich ertrug es kaum hier. Hier, wo Ash und ich uns vor einer halben Stunde noch geküsst haben. Wo er mir zehntausend Mal sagte, dass er mich liebt und dass ich das schönste Mädchen bin. Dass seine Liebe für mich unbeschreiblich wäre. Und grenzenlos.
Ich eilte nach draußen und knallte die Tür hinter mir zu. Moms Bitte zurückzukommen, ignorierte ich.
Ich wollte nämlich alleine sein. Ich wollte nicht mit Mom oder mit irgendjemand anderem darüber reden. Ich wollte darüber nachdenken, wie ich es ihm heimzahlen konnte.
Mit schnellen Schritten ging ich die Straße runter und nahm den Bus, der mich ans Ende der Stadt fuhr, wo selten eine Menschenseele war. Ich war oft hier am Fluss, wenn ich Zeit für mich alleine brauchte. Es war vollkommen still, man hörte nur hier und da ein paar Tiere. Und natürlich das Wasser am Flussufer. Als ich am Flussufer ankam, setzte ich mich an meinen Stammplatz, nämlich an dem uralten Baum. Ich lauschte dem Vogelgezwitscher und schloss für einen Moment die Augen. Egal wie schlecht es mir ging, hier konnte ich immer zur Ruhe kommen.
Ich atmete tief ein und genoss die Laute der Tiere, das Vogelgezwitscher und das rauschende Wasser.
Ich kam aus meiner Ruhe, als hinter mir ein Ast brach. Wird wohl nur ein Tier gewesen sein. Als ich es jedoch noch einmal hörte, war ich mir sicher, dass es ein Mensch war.
Und dann war mir bewusst, dass mir jemand gefolgt ist und ich nicht alleine war.
DU LIEST GERADE
Mein Nachbar- der Psycho
Mystery / Thriller*Wird komplett überarbeitet* Mit Dylan Stones Umzug nach Moncks Corner zieht eine dunkle und böse Wolke in die kleine Stadt. Unscheinbar, mysteriös und zurückhaltend scheint der neue, gut aussehende Nachbar mit den unzähligen Tattoos und den kalten...