Kapitel 49

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Ich erwachte, weil mein ganzer Körper schmerzte. Die ersten Sekunden waren ziemlich verwirrend, da ich mich zum einen fragte wo ich war und zum anderen warum ich auf dem Boden kauerte. Ich stand sofort auf und ging zur Küche. Dort sah ich Dylan noch am gleichen Platz wie vorher. Wo sollte er denn auch sein?

Er schaute zu mir auf. Er hatte dunkle Augenringe und rote Augen. Sein Blick war ziemlich leer, vor allen Dingen war sein Blick abwartend.

„Es tut mir leid.", sagte er dann. „Du solltest diesen Anblick nicht gesehen haben."

„Wo sind die Schlüssel?", fragte ich dann ohne darauf einzugehen. Ich wollte einfach so tun, als wäre das nie passiert.

„Im Schrank." er deutete darauf und ich fand den Schlüssel in eines der Tassen.

„Wenn ich nicht angekettet wäre, hätte ich dich getötet.", sagte er während ich ihn von den Schellen befreite. Als er das sagte, überfiel mich ein kalter Schauder über meinen Rücken. Ich stand ihm sehr nahe. Gefährlich nahe. Doch jetzt durfte ich ihm keine Angst zeigen.
Alles war gut.

Alles war normal.

„Du hast mir nichts getan.", antwortete ich nur.

„Weil ich verdammt nochmal angekettet war!", brüllte er, was mich erschrecken ließ. „Wann verstehst du, dass ich gefährlich bin?!"

Obwohl ich mich zu Tode erschrocken und Angst habe, schaute ich ihm straight in die Augen.

„Ich habe es schon längst verstanden. Und ich kann damit leben."

„Leben! Leben?" Er lachte laut und gekünstelt auf. „Du wirst Sterben, wenn du bei mir bleibst! Ich werde meine Kontrolle verlieren und dich töten! Ich werde dich in meiner Kühltruhe aufbewahren."

Ich musste schlucken. Ich würde lügen, wenn ich behaupte, er würde mir keine Angst einjagen.

„Ich liebe dich.", antwortete ich nur.

Dylans Ausdruck war erst einmal leer. Doch dann schüttelte er den Kopf.

Rückartig stand er auf und bat mich ihm zu folgen. Ich fragte mich wo er mich jetzt hinbringen würde, wenn wir uns gerade so gestritten hatten.

Wir gingen durch viele Räume. Dann eine Treppe runter. Eine weitere. Bis wir vor einer Tür standen. Aus der Hosentasche kramte er einen Schlüssel heraus. Wir waren in einem kalten, leeren Raum. Die Angst überkam mich.

Wenn er mich töten wollte, hätte er das schon längst getan. Wieso hatte ich dann so schreckliche Angst?
Ich war der Meinung, dass er mir nichts tun würde. Er hat es nie getan, und er wird es auch nie tun.

Der Raum stand leer, es gab nur eine Tür. Die öffnete Dylan. Ich kam mir komisch vor. Wir waren wieder in einem leeren Raum. Dieses Gebäude mit den unzähligen, leeren Räumen war echt unheimlich. Nur ein alter, großer Schrank stand hier.

Dylan ging dorthin und schob ihn beiseite.

Und hinter dem Schrank befand sich erneut eine Tür.

„Was du jetzt siehst, wird deine Liebe vergehen lassen. Du wirst mit eigenen Augen sehen, was ich getan habe und was für ein schrecklicher Mensch ich bin."

Mein Herz raste wie verrückt. Als er die Tür öffnete kam mir eine Kälte und ein Gestank entgegen. Der Anblick war verstörend und schrecklich.
Mir wurde übel. Ich wollte mich umdrehen und weglaufen.
Ich wollte, dieses Bild ungeschehen machen. Ich war so geschockt, dass ich nicht einmal merkte, wie sich Tränen bildeten.

Hier war seine Leichensammlung. Es waren um die zehn Leichen, die kopfüber, in schwarzen Mülltüten hingen. Es gab viele Kühltruhen. Sie bildeten einen Weg, ähnlich wie ein Labyrinth. In den Kühltruhen mussten weitere Leichen sein.

Am Ende des Raumes befand sich ein großer Tisch auf dem viele Materialien waren. Riesige Messer, Macheten, ein Fleischwolf, verschiedene Kapseln, Ketten, eine Kettensäge, Seile, Gläser in denen einzelne Körperteile in einer Flüssigkeit waren.
Ich hab nichts gegessen, trotzdem drohte mir jetzt gleich zu über den ganzen Boden hier zu kotzen. Unwillkürlich schaute ich mir die hängenden Leichen an.

Ich sah einen Haarbüschel, der mir bekannt vorkam.

Es war Vanessa.

Langsam und verstört drehte ich mich zu Dylan, der die ganze Zeit hinter mir stand.

„Ich habe sie erstickt.", sagte er und wirkte, als wäre ihm alles gleichgültig. „Vanessa wollte sich für mich ausziehen. Ich habe ihren Mund zugeklebt und sie mit Seilen gefesselt. Dann habe ich sie runter getragen, eine Tüte genommen und über ihren Kopf gestülpt. Sie hat lange durchgehalten."

Mir kamen keine Worte über die Lippen.

„Hier sind 33 junge Frauen, die alle gedacht haben mich zu lieben. Ich habe sie alle getötet ohne eine Wimper zu zucken. Ich habe eigentlich noch mehr getötet, aber die sind nicht alle hier."

Er ging an mir vorbei an den Tisch.

„Und von jedem habe ich mir ein Souvenir aufbewahrt." er nahm eines der Gläser in denen ein Auge war.

„Das ist Vanessas." Er schüttelte das Glas und ich konnte nicht wegschauen.
Ich schaute auf das perfekt sezierte Auge.

„Liebst du mich immer noch?", fragte Dylan dann.

Ich schaute vom Glas zu ihm.
Er schaute mir straight in die Augen und wartete gespannt auf meine Antwort.

„Ich gebe dich nicht auf.", sagte ich, nach dem ich mich gefasst habe. „Ich möchte dir helfen."

Dylan lachte wieder gekünstelt, doch das Lächeln verging ihm schnell.

„Mir. Ist. Nicht. Zu. Helfen!", sagte er dann aufgebracht.

„Doch!" Jetzt hatte auch ich meine Ruhe verloren. Und Dylan war ebenfalls etwas geschockt wegen meinen Ausbruch. „Nur du lässt es nicht zu!", führte ich fort. „Ich habe keine Ahnung, was dein verdammter Vater mit dir gemacht hat, dass du sowas hier machst" Ich deutete mit den Händen um mich herum. „Aber das ist krank, und kranken Menschen kann man helfen!"

Mein Hals tat mir schon weh vom schreien. Doch endlich schien er mir zuzuhören.

„Du lässt nur keinen an dich rein! Du bist alleine und lässt dir nicht helfen!"

Dylans Lächeln war verschwunden. Er starrte auf den Boden, während ich ihn anschrie. Und dann sah ich wieder seine zerbrechliche Seite.

Er war stets hart und unnahbar. Doch tief in seinem Herzen, hatte er einen weichen und menschlichen Kern, den er gerne überspielt und ungern zeigt.
Doch jetzt kam dies zum Vorschein.

Seine Schultern bebten, während er den Blick starr auf den Boden hielt.

Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn. Er erwiderte meine Umarmung.

Und ich war so froh auf seine Reaktion. Denn das zeigte mir nur, dass ich recht hatte.

Ihm war zu helfen. Man kann ihn unterstützen. Daran hatte ich gezweifelt, als ich diesen schrecklichen Raum betrat.

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Hallo schöne Gurls!
Wie geht's euch so? 💋
Freue mich schon das nächste Kapitel morgen zu veröffentlichen 😏😏
Love you ❤️

Mein Nachbar- der PsychoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt