Warum bin ich hier?!

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Bald darauf finde ich mich auf dem Rücken eines Ponys wieder. Zum Glück konnte ich die Zwerge noch einholen, denn sie waren noch nicht einmal bis zum Rande von Wasserau vorgedrungen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sogar behaupten, dass sie absichtlich langsamer geritten sind, damit ich sie auf jeden Fall noch erreiche. Zuerst ist es unangenehm auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen, aber mit jedem Meter, gewöhne ich mich mehr und mehr an die schaukelnde Bewegung und finde letztendlich sogar Gefallen daran. Nur werde ich mir ab morgen lieber eine der Kniehosen, die ich zum Glück hastig in meinen Rucksack gestopft habe, anstatt meines Rockes anziehen, denn das Leder des Sattels drückt und reibt unangenehm an meinen nackten Beinen.

Am Abend machen wir unsere erste nächtliche Rast in der Nähe von Froschmoorstetten, allerdings abseits der gemütlichen Häuser und Gaststätten. Die meisten der Zwerge schlafen bereits um mich herum ... obwohl ich mich frage, wie man bei solch einem Lärm überhaupt zur Ruhe kommen kann. Jeder Zweite von ihnen schnarcht abscheulich laut. Ich drehe mich unruhig unter meiner Decke hin und her, zusätzlich unfähig eine halbwegs bequeme Position zu finden. Zudem ist mir schrecklich kalt, trotz des großen Feuers, das in unserer Mitte brennt und an das ich bereits so nah wie möglich herangerutscht bin. „Gibt es ein Problem, Fräulein Beutlin?", höre ich plötzlich Thorins Stimme aus der Dunkelheit zu mir dringen. Ich drehe mich in die Richtung, in der ich ihn vermute und kann seine Gestalt schließlich im schwachen Schein der Flammen ausmachen. Er sitzt an einen großen Baumstumpf gelehnt und hält Wache. Die aufglimmende Glut erhellt sein Gesicht, wenn er an seiner Pfeife zieht, und lässt ihn fast geisterhaft wirken. „Nein, alles gut, ich bin es nur noch nicht gewohnt unter freiem Himmel zu schlafen und deshalb ist mir etwas kalt", gebe ich ehrlich zu und wickle die Decke noch fester um meinen zitternden Körper. Thorin lacht verächtlich und sofort bereue ich, dass ich ihm so freimütig die Wahrheit gesagt habe.

„Komm her!" Seine Stimme klingt fast schon fürsorglich, aber trotzdem schleicht sich ein beklemmendes Gefühl in mein Herz. „Ist schon in Ordnung, mir wird bestimmt gleich warm", versuche ich ihm demzufolge auszuweichen. „Das war keine Bitte!", erwidert er leicht gereizt. Anscheinend ist er es nicht gewohnt, wenn man ihm widerspricht. Widerwillig richte ich mich also auf und laufe mit um die Schultern gelegter Decke auf ihn zu. Als ich wenige Zentimeter vor ihm stehen bleibe, deutet er mit einem Kopfnicken an, dass ich mich neben ihn niederlassen soll. „Thorin ... wirklich ... ich ...", setze ich erneut zu einer Ablehnung an, werde aber im nächsten Moment etwas unsanft von ihm auf den trockenen Boden an seiner Seite gezogen. Thorin legt einen Arm um mich und drückt sanft meinen Körper an seinen. Sofort umhüllt mich sein Geruch ... eine Mischung aus feuchter Erde und Frühlingsregen, der auf durch die Sonne erwärmte Steine fällt, vermischt mit dem des gegerbten Leders und edlem Samts seiner Kleidung. Eine unglaubliche Wärme durchflutet mich innerhalb einer einzigen Sekunde und lässt mein Innerstes pulsieren. „Besser?", fragt mich Thorin und ich schaue zu ihm auf. „Ja ... danke", wispere ich, durch die Gefühle, die meinen Körper einnehmen, berauscht und kann ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen erkennen, dass aber nur einen Wimpernschlag anzuhalten scheint.

„Thorin ... kann ich dich etwas fragen?", murmle ich schließlich stockend nach einigen Minuten des Schweigens, noch immer von seiner mächtigen Präsenz eingeschüchtert. Von ihm kommt nur ein leises Brummen, was ich einfach mal als Einverständnis interpretiere. „Warum wolltest du mich mitnehmen, wenn ich doch deiner Meinung nach ungeeignet für die Aufgabe bin, die du mir gibst?", frage ich und muss dafür meinen ganzen Mut zusammennehmen. Ich nestle unsicher, welche Antwort mich erwartet, an dem langen Fell seines Mantels herum. Thorin atmet tief ein, anscheinend nicht mit so einer direkten Frage meinerseits rechnend. „Nun, Gandalf hält anscheinend große Stücke auf dich und auch wenn ich ihn noch nicht so lange kenne, ich vertraue ihm", beginnt er letztendlich seine Erklärung. „Außerdem hast du etwas an dir, was Zwergen fehlt. Und auch wenn ich noch nicht genau weiß was es ist, ich glaube, es wird uns noch von großen Nutzen sein." Seine Worte sind ehrlich, das weiß ich und stellen mich damit vorerst zufrieden. „Jetzt schlaf, wir haben morgen einen langen, anstrengenden Weg vor uns."

Die kleine HobbitfrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt