~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~Schwermütig und mich unglaublich hilflos fühlend, muss ich mit ansehen, wie sich meine Freunde abermals bewaffnen. Erneut kann ich die Angst in ihren Gesichtern erkennen, als sie die schweren Rüstungen anlegen, die ihr Leben so gut es geht beschützen sollen. Aber eines ist anders als noch vor wenigen Tagen: Sie haben dieses Mal einen berechtigten und ehrenvollen Anlass und aufgrund dessen ist Nichts, aber auch rein Garnichts mehr von den unbeschwerten, lustigen Zwergen übrig geblieben, die ich auf meiner Reise kennenlernen durfte. Es sind nicht länger die einfachen Kaufleute, Schmiede, Kesselflicker, Schreiber, Heiler oder Spielzeugmacher ... es sind Krieger ... heroisch und furchteinflößend, wie es sich für die Nachfahren Durins geziemt ... bereit für ihre lang ersehnte Heimat und einen König in den Krieg zu ziehen, der sie voller Stolz und Mut, herrschaftlich und entschlossen führen wird ...
Thorin kommt langsam auf mich zu, flackernd beschienen allein von den wenigen Lichtern der Waffenkammer. Er trägt nicht die plumpe Rüstung wie vor einigen Tagen, sondern eine bedeutend leichtere, mit der er sich besser bewegen kann und anmutiger erscheint als jemals zuvor. Orcrist steht an seiner Seite und anstatt der kostbaren Krone, vollendet ein schlichter schwarzer Helm das kriegerische Aussehen, der allein von zwei goldenen Raben verziert wird und ihn somit auf dem Schlachtfeld als Heerführer erkennbar auszeichnet. Trotz des leidverheißenden Inhalts, mustere ich verehrend das mir dargebotene Bild eines stolzen Königs seines Geschlechts und maße mir sogar an zu behaupten, selbst Durin war niemals prächtiger und majestätischer.
Bereits als er das erste Mal vor mir stand, dachte ich, ein Herrscher könnte nicht feudaler, selbstbewusster und erhabener aussehen als in diesem Moment ... aber ich irrte mich gewaltig. Episodisch bewies er mir seitdem, dass nicht allein unbeugsame Haltung, würdevolle Gesichtszüge, weise Entscheidungen, schmeichelnde Ausdrucksweisen oder der gekonnte Umgang mit Schwert und Schild einen König ausmachen. Nein ... es ist die unerschrockene Art der Herangehensweise an Gefahren, und seien sie noch so todbringend ... es ist der unbändige Wille sein Volk zu beschützen und ihnen eine Zukunft voller Leben und Hoffen zu ermöglichen, egal wie düster die Aussichten darauf sind ... und es ist die Fähigkeit, allein mit Worten und Blicken Mut zu spenden im Angesicht des Verderbens.
Er bleibt schweigend vor mir stehen und sieht mich an. Sein Blick ist so furchtlos und voller Herzenswärme und Liebe, sodass ich unwillkürlich anfange zu weinen, denn mein Inneres scheint vor Sorge in tausend Scherben zu zersplittern. Schluchzend wende ich mich von ihm ab, werde aber durch einen Finger unter meinem Kinn gleich darauf wieder gezwungen in seine Augen zu sehen. Erneut betrachten wir uns still, denn Erklärungen sind in diesem Moment unbedeutend und können die Gefühle und Gedanken zwischen uns nicht im Geringsten ausdrücken. Bedächtig beugt er sich zu mir und küsst zärtlich eine der Tränen weg, die bereits meine Wange zieren.
Ich wimmere noch einmal leise auf, als er sich schließlich mit ernstem und entschlossenen Gesicht abwendet und den Gang in Richtung Haupttor nimmt. „Thorin ...!", rufe ich ihm aufgewühlt und mit zitternd-gebrochener Stimme hinterher und er bleibt tatsächlich noch einmal stehen. Schnell ziehe ich mir das nachtblaue Band aus den Haaren, dass bereits seit einiger Zeit meine Locken zusammenhält ... damals ahnungslos gewählt in der Farbe des Hauses Durin. Inhaltsreich befestige ich es an der Schnalle seiner Armschiene, so wie ich es aus den vielgelesenen Heldensagen kenne. Es soll dem tapferen Krieger im Angesicht der Schlacht zusätzlichen Schutz zukommen lassen und ihn daran erinnern, für was er kämpft und was er verlieren würde, wenn er nicht zurückkommt. Früher habe ich diese Geste immer als übertrieben sentimental und überladen mit süßlicher Gefühlsduselei interpretiert ... aber in diesem Moment wird mir unerträglich bewusst, wie gewichtig und bedeutsam sie eigentlich ist ... was dadurch für eine beispiellos mächtige Verbindung zwischen den Liebenden geschaffen wird. Er betrachtet das Kleinod lange und streicht vorsichtig mit den Fingerspitzen darüber. Sanft und ehrfürchtig, als wäre es der Kostbarste aller Schätze in diesem Berg. Liebevoll, dankend und bestärkend lehnt er kurz seine Stirn an meine und geht dann weiter.
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Die kleine Hobbitfrau
FanfictionIn einem Loch im Boden, da lebte eine Hobbitfrau... Bil führt ein genügsames, ruhiges Leben ... bis sie eines Tages ein alter Bekannter aufsucht und sie zusammen mit 13 Zwergen in ein höchst gefährliches Abenteuer verwickelt, in dem sie letztendlich...