Der Buchstabe ‚H'

207 14 0
                                    

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

POV Fili

So als wäre durch die Krönungsfeier tatsächlich uneingeschränkt eine neue Epoche des Erebors angebrochen, wird das Leben plötzlich ruhiger, idyllischer und einfacher. Trotzdem die Seestadt zerstört wurde, laufen wieder Handelsschiffe in den zum Glück nicht durch Drachenfeuer beschädigten, da etwas abgelegen liegenden Hafen ein, sodass Nahrungsmittel, Baumaterialien und andere Gegenstände des täglichen Bedarfs beständig geliefert werden können. Die Nachricht über die Krönung des Zwergenkönigs wallt wie eine gewaltige Flutwelle durch Mittelerde und die ersten Abgesandten aus den Menschenstädten Rhovanions und dem im Osten gelegenen Rhûn erreichen uns bald. Die Verträge mit den verbündeten Völkern werden ohne große Streitigkeiten geschlossen und der König schillert prächtig mit seinem Gefolge über allem.

„Erinnere mich bitte daran, dass ich morgen mit Dwalin die Pläne für die neue Kaserne durchgehen möchte, die Militär- und Wehranlagen sind die nächsten Projekte", bitte ich Kili, als wir den langen Gang in Richtung Ahnenhalle entlanggehen, um die fast abgeschlossenen Arbeiten darin abzunehmen. „Natürlich, aber nur, wenn du mich mitnimmst", erwidert mein kleiner Bruder und allein um das freudige Leuchten in seinen Augen aufflammen zu sehen, willige ich ein. „Hast du übrigens die üppige Repräsentantin der Ostlinge gesehen, die neben dem Abgesandten stand ... bei Mahal, der Ausschnitt ihres Kleides war ja herzbewegend tief", plappert er plötzlich beschwingt los und ich fühle mich beinahe einige Monate zurückversetzt, als wir noch unbekümmert und unerfahren was Gefecht und Schmerz anging, in den Ered Luin über die jungen Frauen sprachen, die uns beim Kampftraining beobachteten. „Ja habe ich ... und auch ihr Dekolleté ... und zudem die schmachtenden Blicke, die sie Thorin beständig zuwarf ... obwohl ich glaube nicht der Einzige war, der diese bemerkt hat", antworte ich lächelnd. „Nein, bei Weitem nicht. Bils Benehmen war schon fast belustigend, als sie sich immer näher an ihn heran stellte und keinen Zentimeter von seiner Seite wich bei der Besichtigung", antwortet Kili und wir lachen beide laut los ... und es fühlt sich so gut an, wieder ganz ohne Sorgen und über etwas anderes als Zukunftsängste, Verwundete, Aufbauarbeiten und Gefahr mit ihm zu reden.

Und dann sehe ich einen weiteren Grund auf mich zukommen, warum mein Leben seit einigen Tagen plötzlich gelöster ist als vorher. Allein ein Lächeln schmück Sigrid, aber es erscheint mir kostbarer, als alle Geschmeide, die mir bis jetzt unter die Augen kamen. Ob das immer so ist, wenn man jemanden ... ich zaudere gegenwärtig von Liebe zu reden, denn bislang war dieses Gefühl nur ein Wort und ich weiß durchaus nicht, ob das was ich für sie verspüre wirklich so genannt werden kann. Ich erkannte unlängst, dass diese Empfindungen weit entfernt davon sind so bedeutungsvoll und mächtig zu sein wie die, die Thorin und Bil miteinander teilen. Für sie in den Krieg ziehen ... ja das würde ich, aber die Kraft aufbringen Götter zu beschwören ... da bin ich mir nicht sicher.

Sie kommt immer näher und ihr Lächeln wird breiter und die Hand die wie zufällig meinen Arm streift, als wir schließlich aneinander vorbeigehen, schickt flimmernde Blitze über die Haut ... Bei Mahal, wie wunderbar allein diese kleine Berührung war und wie sehr sie mich an andere erinnert. „Habe ich etwas nicht mitbekommen?", reißt mich plötzlich Kilis fragende Stimmen aus der schwärmerischen Umnachtung. Ich sehe ihn sofort mit großen Augen an, „was meinst du?" Er lacht und schüttelt den Kopf. „Na du und diese kleine Menschenfrau ... sie ist doch die Tochter von Bard ... wie heißt sie noch ... Sigrid ... genau!", stößt er noch immer kichernd aus und ich schnaube höhnisch, allein um die Unsicherheit zu überspielen. „Da ist nichts!", sage ich mit fester Stimme, die keine Zweifel aufkommen lassen soll.

Kilis Lachen wird noch heiterer und ich verzage an dem Versuch nicht heiß zu erröten. Verdammt, er wäre schon der Zweite, der meine Gefühle zu ihr erkennt ... wie auch immer sie heißen. „Lieber nadad ... selbst ein Blinder hätte das eben gesehen ... Weiß es ihr Vater schon?" Ich schaue ihn erschrocken und bestimmt kreidebleich an. „Nein ... bei Durins Bart ... nein ... und wage es dir nicht ihm oder jemand anderem davon zu erzählen ... besonders nicht Thorin. Das Grollen würde bis in die Ered Luin vordringen und 'amad mich in tausende Stücke reißen, wenn sie hier ankommt ... Außerdem war es bislang nur ein unschuldiger Kuss ... nicht mehr."

Die kleine HobbitfrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt