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Thorin und ich treten schließlich in den langen, mit unzähligen Fackeln erhellten Gang, der uns zu den großen Hallen führt und er stockt augenblicklich verwundert in der Bewegung. Das letzte Mal, als er hier verweilte, herrschte Dunkelheit, Unruhe, Beklemmung und Entsetzen ... Die schwarze Abscheulichkeit und deprimierende Bedrohung der Schlacht zersetzte wie Säure die feucht-klammen Wände, vermengte sich zusätzlich mit den Erinnerungen an die Schreckensherrschaft des Drachen zu faul riechenden Ptomain und vergiftete die jetzt so unverhüllt zu sehende Schönheit.
Breite Goldadern durchweben das Gestein ... in ihnen verewigt sind die glanzvollen Herrscher und ruhmwürdigen Großtaten seines Geschlechts. Das Erwachen Durins des Unsterblichen, Urvater seiner Sippe ... die Gründung Khazad-dûms, nachdem er sich im Kheled-zâram gekrönt von den sieben Sternen sah ... der Bau der Tausend Grotten, die schönste Festung, die ein Herrscher in Mittelerde je besessen hatte ... die Schlacht der Ungezählten Tränen, in denen die Zwerge glorreich den Drachen Glaurung besiegten ... der Fund des Arkensteins, das Juwel des Königs und Ausdruck seiner Macht über alle Zwergenvölker.
Der anthrazitfarbene Marmorfußboden, mit den Einschlüssen, die anmuten wie durch ihn hindurchzuckende helle Blitze, erstrahlt in Makellosigkeit und reflektiert das lebendige Licht der Feuerscheine. Kuppelförmige Decken spannen sich über uns, versehen mit unerklärlich selbststrahlenden Lichtpunkten aus Diamanten, die flackernd das Himmelszelt bei Nacht imitieren. Kein Staubkorn, kein Schandfleck, kein Leid erinnert mehr an die so lange dominierende Trostlosigkeit ... ja selbst die Luft ist befreit von dem schwefelstinkenden Drachenatem. Und nicht nur hier, ein großer Teil des Erebors wurde bereits erlöst von den schädlichen Denkmälern der Trostlosigkeit und des Verlustes.
Das Königreich unter dem Einsamen Berge ... das Mächtigste und Reichste der bestehenden Zwergenländer Mittelerdes ... Untergegangen im Feuersturm ... entvölkert aber niemals vergessen ... zurückerobert mit Blut und Schmerz ... verteidigt durch verlustbringende Leistungen und mutige Heldentaten ... wiederauferstanden aus der Asche der Scheiterhaufen ... glorreich und herrlich ... wahrgewordener Mythos einer Generation.
„Ihr wart fleißig ...", murmelt Thorin gefasst wirkend, aber ich erkenne in dem kaum wahrnehmbaren unruhigen Beben seines Atems, wie der Anblick ihn begeistert und fesselt. „Wir wollten dein Königreich in neuem Glanz erstrahlen lassen, damit du stolz auf es sein kannst, wenn du wieder erwachst", wispere ich ... die letzten Worte nicht mehr als ein zitterndes Ausatmen, als mir klar wird, welche Bedeutung sie haben ... welche niemals aufgegebene Hoffnung, die letztendlich doch noch ihre Erfüllung fand, sie beschreiben. Thorin dreht sich um ... die Haltung obgleich den noch immer allzu deutlich sichtbaren Verletzungen ungebrochen und königlich. Und ich senke mein Haupt vor dieser imponierenden Erscheinung und der Autorität, die mir plötzlich so erlesen entgegen strahlt wie zu keiner Zeit vorher.
„Willkommen zurück in Eurem Königreich, Majestät", flüstere ich wie schon einmal ... damals, als er den Berg betrat und diese königliche Macht sich augenblicklich deutlich spürbar seiner bemächtigte, obwohl sie noch umschlossen war durch Drachenklauen und Feueratem. Ich mir aber noch keine Gedanken darum machte ... mir nicht auszumalen vermochte ... wie schwer diese Gewalt sein kann und was sie bedeutet, wenn sie denn einmal befreit wird. Gefühlvolle Finger umfassen mein Gesicht, eine Geste, die schließlich die Tränen heraufbeschwört ... Ausdruck der Linderung von Schmerz und Sorge und des Aufwallens der Glückseligkeit zugleich. „Ein Königreich, das ich mir immer ersehnte", bestätigt er und verbannt liebkosend eine der salzigen Tropfen von meiner Wange.
„Wo finde ich Balin ... ich muss dringend einige Angelegenheiten mit ihm besprechen?", erkundigt sich Thorin, als wir uns allmählich aus der Atmosphäre der Machtpräsenz lösen konnten. „Er ist schon seit Tagen zusammen mit Ori in der Bibliothek und sichtet die dort zu findenden Unterlagen", erkläre ich und bleibe bewusst untertänig einige Schritte hinter ihm zurück, während wir die große Freitreppe zu den Haupthallen hinuntergehen, in denen das geschäftige Leben längst erwacht ist. Zwerge, Elben und Menschen laufen emsig durch die Säle, beladen mit Gegenständen des alltäglichen Gebrauchs, Werkzeugen oder Baumaterialien. Laut lachend und erzählend und mit endlich wieder frohgemuten Gesichtern nach den vielen Tagen des Todes und damit einhergehender Trauer.
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Die kleine Hobbitfrau
ФанфикIn einem Loch im Boden, da lebte eine Hobbitfrau... Bil führt ein genügsames, ruhiges Leben ... bis sie eines Tages ein alter Bekannter aufsucht und sie zusammen mit 13 Zwergen in ein höchst gefährliches Abenteuer verwickelt, in dem sie letztendlich...