Düstere Gewissheit

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Ich glaube, in meinem ganzen Leben bin ich noch nie so schnell gerannt. Die Lunge protestiert bereits schmerzhaft brennend ob der ungewohnten Anstrengung und die Beine zittern, als ich endlich an dem geschlossenen Haupttor ankomme. Schon von Weitem kann ich die panische Erregung der Ponys spüren, die sie trotz der beruhigenden Worte der Stallburschen dazu bringt sich immer wieder aufzubäumen ... und das Blut erkennen, dass hartnäckig an ihnen klebt.

Die braune Stute von Bilris trägt eine tiefe Schnittwunde in der Flanke, aber an der Schecke von Fís erkenne ich auf den ersten Blick keinerlei Verletzungen. Dennoch verschandeln rote, feucht-glänzende Flecken schimmerndes Fell und seidige Mähne. „Mahal steh uns bei ...", keucht Dís neben mir und Breda bricht in kummervolle Tränen aus und Gimli umfasst haltgebend meinen Arm, aber dennoch beginnt sich plötzlich alles um mich herum zu drehen.

Der Atem beschleunigt sich angsterfüllt. Im Kopf hämmert der schnelle Herzschlag dumpf und schmerzhaft nach. Ein Gefühl der Taubheit breitet sich in dem zitternden Körper aus ... und dann wird plötzlich alles Schwarz ...

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Mystifikation Bil

„Du kannst mir nicht entkommen ..."

Die Stimme ist erbarmungslos. Dröhnt wie Gewittergrollen in tiefen Bergschluchten über mich hinweg und verursacht ein zersetzendes Vibrieren, das es schafft bis in die kleinsten Äderchen seine zerstörende Wirkung zu verbreiten.

„Dein Leben ist bedeutungslos ... ein Funke des Nichts ..."

Zornige Flammen brennen auf der Haut. Zerren grimmig an Kleidung, Haut und Haar. Verbrennen jedwedes schöne Gefühl, dass es auf dieser oder einer anderen Welt gibt unerbittlich und restlos zu einem Haufen grauer Asche, die vom stürmischen Wind hinfort getragen wird.

„Jeder den du liebst, wird mit dir in den Feuern des Untergangs brennen ..."

Rot und unerträglich glühend-hell wüten die Flammensäulen in den Augen, als ich endlich die Kraft finde sie zu öffnen. Aber der Anblick, der mich empfängt, ist qualvoller als jeder irdische Schmerz es jemals sein könnte.

Die vernommenen Schmerzensschreie aus vergangenen Träumen erlangen endlich ihre körperliche Gestalt. Thorin und Fís, untergehend in einem tiefen Meer aus dämonischen Licht. Die Augen weit und weiß vor Schrecken und Schmerz. Die Münder fremdartig verzogen in nun stummen Wehklagen. Die Glieder bereits verbrannt bis auf die rußgeschwärzten Knochen ...

Und diese verdammte unsichtbare Macht hält mich davon ab zu ihnen zu gelangen. Sie zerrt unerbittlich an dem schmerztauben und dennoch wollenden Körper, bannt ihn mit unsichtbaren, eisernen Ketten. Hilflos und mit tränenverschleierten Blick muss ich daher mit ansehen, wie sie in den Flammen versinken ... und ein Teil meines Herzens stirbt qualvoll mit ihnen.

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Mit einem markerschütternden Schrei, der es endlich schafft zwischen den spröden Lippen hindurch zu dringen, schrecke ich auf. Allerdings, trotz der Rückkehr aus der Bewusstlosigkeit erscheinen mir die Flammenmeere einen Moment lang auch in der Wirklichkeit. Sie überschwemmen Wände und Möbel, fließen über die Bettdecke und erreichen bereits den zitternden Körper, als sich plötzlich das besorgte Gesicht von Dís aus ihnen heraus materialisiert. Tröstend umfasst sie meine Schultern und ich blicke sie wenige hektische Atemzüge lang an, als würde ich ihre Existenz bezweifeln.

„Bil, beruhige dich, du hast nur geträumt", bittet sie mit sanfter Stimme und augenblicklich kommt die bittere Erinnerung an das was war zurück und die Erkenntnis, dass dieser Traum nicht nur Trugbild bleiben könnte, ist schrecklich. „Wie lange war ich ohnmächtig?", frage ich aufgewühlt und schlage die Decke bereits beiseite, um aufzustehen. Schwindel überkommt mich, der Kopf brummt schmerzhaft und die Beine wollen nachgeben, als ich sie belaste. „Zum Glück nicht lange, vielleicht eine Stunde ... Aber Bil, was hast du vor?"; erwidert Dís besorgt und aufgewühlt klingend, als ich die Beschwerden mit aller Stärke ignorierend zu einer meiner Kleidertruhen eile. Sie ist einfach und alt, wurde in den letzten Jahren kaum und wenn dann nur um in Lebenserinnerungen zu schwelgen geöffnet.

Die kleine HobbitfrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt