Panisch laufe ich durch die weitverzweigten steinernen Gänge des Erebors. Meine Schritte hallen unnatürliche laut von den Wänden wider und verlieren sich dennoch klanglos in der Einsamkeit und bedrückenden Stille. Mumifizierte Zwerge, verbrannte Alltagsgegenstände, staubige Möbel, Schutt und Geröll behindern meinen Weg und die Tränen der Furcht verschleiern meinen Blick.
Als ich furchtsam zurückblickend um eine Ecke haste, stoße ich mit Thorin zusammen. Der Aufprall auf seine geharnischte harte Brust ist so überraschend und heftig, dass ich im ersten Moment nach Atem ringen muss und fast das Gleichgewicht verliere. Aber sofort umgreift er meine Taille, bewahrt mich mit einer unglaublichen Mühelosigkeit vor dem Sturz und zieht mich in eine sichernde Umarmung. „Ich habe befürchtet, ich hätte dich für immer verloren", flüstert er und die ausgestandene Besorgnis schwingt noch immer in seiner zitternden Stimme mit. Einen Moment des Leichtsinns lang genieße ich die Herrlichkeit, Vertrautheit und Intimität seiner Liebkosung, erhole mich augenblicklich in ihr von der Panik und Angst, nur um festzustellen, dass sich diese nur auf ihn konzentriert hatte und in seiner atmenden Nähe verfliegt. Nahezu widerwillig löse ich mich von ihm und seine Augen sind so wundervoll blau und grün zugleich ... aber innerhalb eines Wimpernschlages verwandeln sie sich ... in eine schwarze, unheilvolle, von Verlangen und Unruhe gezeichnete Dunkelheit. „Hast du den Arkenstein?"; fragt er mich plötzlich mit selbst für ihn ungewohnt knurrender Stimme und ich weiche erschrocken und durcheinander einen Schritt von ihm zurück.
Langsam höre ich ein Grollen hinter uns in der Finsternis aufwallen und die Luft wird drückend warm. Ich umfasse besorgt eindringlich seine Hand und will ihn in die entgegengesetzte Richtung ziehen, aber er entreißt sie mir grob. „Hast du den Arkenstein gefunden?", will er erneut dröhnend von mir wissen, ungeachtet der Gefahr, die auf uns zukommt. „Thorin ... der Drache ... wir müssen hier raus", versuche ich ihn ruhig zur Vernunft zu bringen und gehe beschwichtigend auf ihn zu. In diesem Moment erhebt er Orcrist und bedroht mich damit. Sprachlos und erschüttert starre ich erst das glänzende Schwert und dann ihn an, erste Tränen der Enttäuschung treten dabei in meine Augen. Mit Schrecken stelle ich fest, dass sein beunruhigendes lichtloses Antlitz nicht von der Düsterheit des Ganges kommt. Es scheint, als sei er innerhalb weniger Augenblicke zu einem Anderen geworden, weit jenseits von dem Zwerg, den ich schätze. „Thorin ... was tust du?", frage ich ihn mit gebrochener Flüsterstimme und wie als würden meine bestürzten Worte sein kostbares Ich endlich erreichen, senkt er seinen Blick und schließ gequält die Augen. Erst als er sie wieder öffnet und mich ansieht, strahlen sie wieder genauso grünblau ... so wie ich sie kenne und liebe.
Über die Tatsache, dass er mich bedroht, selber erstaunt zu sein, starrt er ungläubig auf Orcrist, dessen Spitze noch immer in meine Richtung zeigt. Er schüttelt seinen Kopf, so als wolle er die habgierigen Dämonen, die erneut versuchen die Macht über ihn zu erlangen, aus diesem Vertreiben und lässt das Schwert sinken. Ich gehe nach kurzer Unentschlossenheit behutsam auf ihn zu und nehme sein Gesicht zwischen meine Hände. Liebevoll flüstere ich seinen Namen und lasse meine Daumen über die erstaunlich weichen Barthaare fahren, die unter meiner Berührung leise rascheln. Er starrt mich an und in seinen Augen kann ich die unendlich vielen tiefen Gefühle für mich erkennen ... ganz leicht blitzen sie auf und geben mir einen kurzen Einblick in seine bisher von Trauer und Verzweiflung gezeichnete Seele.
Das Grollen hinter uns wird noch lauter und bedrohlicher und als wir uns umblicken, schält sich bereits die Gestalt von Smaug aus dem Schatten. Seine Wut auf uns scheint die Luft zu erfüllen, so schwer und kaum zum Atmen reichend, wie sie augenblicklich wird. Mit stürmenden Schritten, gefletschten Zähnen und unheilbringend leuchtender Brust kommt er auf uns zu. Thorin, endlich wieder vollkommen zur Besinnung gekommen, ergreift meine Hand und zieht mich hinter sich her die stillen Gänge entlang und als wir beinahe wieder an der Schatzkammer angekommen sind, treffen wir auf unsere Gefährten. Balin schließt mich in seine Arme und auch alle anderen scheinen froh und erleichtert darüber zu sein, Thorin und mich unverwundet wiederzusehen. „Wir müssen weg von hier!", befiehlt unser Anführer allerdings sofort und scheucht uns einen schmalen Durchgang hindurch.

DU LIEST GERADE
Die kleine Hobbitfrau
FanfictionIn einem Loch im Boden, da lebte eine Hobbitfrau... Bil führt ein genügsames, ruhiges Leben ... bis sie eines Tages ein alter Bekannter aufsucht und sie zusammen mit 13 Zwergen in ein höchst gefährliches Abenteuer verwickelt, in dem sie letztendlich...