Die Aussöhnung

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Mit einem leisen Klicken fällt die schwere Tür der Bibliothek in ihr Schloss zurück, aber dennoch hallt der Klang unangenehm in meinem schmerzenden Kopf nach. Ermattet und auch ein klein wenig überfordert von den aufwühlenden Ereignissen des noch jungen Tages, lehne ich mich an eines der staubigen Bücherregale und lasse die Hände über die Augen fahren, berühre dabei ehrfürchtig auch die beiden Raben meiner Krone an der Stirn. Unverhofft warm aber dafür erwartet makellos fühlt sich das kostbare, geschwärzte, goldverzierte Mithril unter den Fingerspitzen an und augenblicklich erschaudere ich erneut ob der gewaltigen und noch immer ungreifbaren Bedeutung dieses Schmuckstückes, dass ich seit heute Morgen so unvorhergesehen mein Eigen nennen darf.

Ich habe erfolgreich gegen Orkheere, allerhand seltsame Kreaturen, überbesorge oder brummige Zwerge, die Dunkelheit und Stille des Düsterwaldes, einen Drachen und Thorins Krankheit gekämpft ... aber meinen Platz als verehrenswerte Königin finden, scheint mir im Moment die schwerste Prüfung von allen zu sein. Wie soll ich mich nur als kleine Hobbitfrau an Thorins charaktervoller Seite behaupten und ihn nicht gänzlich der Lächerlichkeit preisgeben!? Plötzlich höre ich die Eingangstür zur Bibliothek hinter mir stöhnen und schaue mich erschrocken um. Fili und Kili stehen dort ... ohne Rüstungen und Schwerter, so unbeschwert scheinend und lächelnd, wie schon seit dem Betreten des Berges nicht mehr. Langsam kommen sie auf mich zu und mit jedem Schritt, wird ihr Schmunzeln herzlicher ... erstrahlt beinahe wie ein helles Licht aus Freude und Glück und endlich wieder Zukunftsglauben.

„Wie auch immer du ihn erreichen konntest, du hast es geschafft ... du hast Thorin befreit", sagt Fili bewegt und schließt mich augenblicklich inniglich in seine Arme. Ich bin von der Gefühlsseligkeit so ergriffen, dass ich zu nichts anderem fähig bin, als seine Umarmung herzlich zu erwidern. „Nun, der Arkenstein alleine wird es nicht gewesen sein", bemerkt Kili und sieht mich mit einem verschmitzt-wissenden Lächeln an, bei dessen Bedeutung ich sofort merke, wie sich meine Wangen feurig-rot verfärben. „Wie denn auch sein ... wir wünschen euch alles erdenklich Gute ...", spricht er gleich darauf wieder ernst, auch im Namen seines Bruders und wird dafür ebenfalls von mir umarmt. Die Unterstützung seiner direkten Familie zu haben, ist für mich unglaublich wichtig und weckt in mir mehr als nur Zuversicht, die Aufgabe die vor mir liegt bewältigen zu können. „Müssen wir dich jetzt eigentlich mit Tante ansprechen?", versucht mich Kili plötzlich, noch immer in der Umarmung gefangen, zu necken, und erntet dafür von mir einen peinigenden Knuff in den Arm, den er sofort mit einem deutlich gespielten Schmerzschrei quittiert.

„Fürs Erste, würde es genügen, wenn ihr sie mit etwas mehr Respekt behandelt ... sie wird schließlich bald eure Königin sein", hören wir unerwartet ein tiefes Grollen über unsere Köpfe aufwallen und sehen überrascht zur Tür, in der Thorin mit erbost erscheinenden, übereinandergelegten Armen steht. Seine Präsenz ist so unbeschreiblich herrschaftlich und jetzt, nachdem er von allem Bösen und Schlechten befreit wurde, ist die vollumfängliche Macht eines Königs umso deutlicher und makelloser an ihm spürbar, sodass weder die Prinzen, noch ich dem inneren Drang widerstehen können, unsere Köpfe ehrerbietend vor ihm zu neigen.

Als ich aufblicke, sehe ich nur durch den emporlodernden Feuerschein in seinen eisblauen Augen, wie sehr diese Geste ihn ergreift und erst als er sich daraufhin gelockert vom Türrahmen abstößt und mit schweren Schritten auf uns zukommt, richten wir uns vollkommen wieder auf. Thorin bleibt dicht vor mir stehen ... nah ... zu nah, um es noch als schicklich zu betrachten ... streicht zärtlich eine widerspenstige Haarsträhne zurück, um dann federleicht mein Kinn etwas höher zu heben und einen ausdrucksvollen Kuss auf den Mundwinkel zu hauchen. Das Zeichen, dass er damit in Anwesenheit seiner Neffen setzt, ist so unverkennbar bedeutungsvoll, dass ich beinahe den Boden unter meinen Füßen verliere und nur mit allergrößter Mühe das Bedürfnis unterdrücken kann, mich haltsuchend in das Fell seines Mantels zu krallen. Allerdings schaffe ich es trotz aller Willensstärke nicht, dass meine Lippen beginnen zu beben und als sich Thorin wieder von mir entfernt, sehe ich deutlich diese vollkommene und reine und wahrhaftige Liebe in seinen Augen erstrahlen, die mein kleines Hobbitherz schneller schlagen lässt.

Die kleine HobbitfrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt