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Es ist ein wunderschöner Sommertag, als ich die Gelegenheit wahrnehme und die sich langsam begrünende Ebene vor dem Tor begutachte. Vereint konnte sich bereits Gras zusammen mit einigen Blumen ihren Halt in der einst durch Smaug verbrannten und mit dem Blut der Schlacht besudelten Erde erringen. Schmetterlinge und Bienen umwerben die blauen, roten und gelben Blüten und ein klein wenig kommt es mir so vor, als würde ich über eine der grünen Auen laufen, die Hobbingen umgibt. Verträumt wandert der Blick zum blauen, wolkenlosen Himmel hinauf und ich schirme mit der Hand die empfindlich gewordenen Augen vor der Sonne ab. Die hellen Strahlen wärmen und verwöhnen die langsam schon die schummrige Dunkelheit des Berges gewohnte Haut und ich seufze zufrieden mit mir, dem Leben und diesem herrlichen Tag auf. „Wir sollten Smaugs Einöde in Auenland des Ostens umbenennen, oder was mein Ihr, Majestät?", holt mich plötzlich die gedämpfte Stimme von Dís aus der ruhigen Entspannung und als ich in Richtung Berg zurückblicke, sehe ich sie mit einer ihrer Hofdamen auf mich zukommen.
Dís hält eine kleine blaue Blume in den Händen und steckt sie freundschaftlich und bedeutungsvoll ihrer Gefährtin an den Gürtel. Langsam und zufrieden lasse ich den Blick über die deutlich sichtbare Rundung des Bauches der Bediensteten gleiten, der durch den sich darüber spannenden Stoff noch größer erscheint, als er wohl tatsächlich ist. Ich weiß, dass sie kurz vor der Niederkunft steht und bewundere die für mich ungewohnte Standhaftigkeit der Zwerginnen in solch einer Situation. Wir Hobbitfrauen ziehen uns bereits mehrere Wochen vor dem voraussichtlichen Geburtstermin aus dem öffentlichen Leben zurück, vermeiden es aus dem Haus zu gehen, und verrichten keine Arbeiten mehr. Ganz so, als sei eine Schwangerschaft ein Gebrechen, oder schlimmer noch, eine Schmach, denn wir tun zudem alles, um den Umstand zu verstecken. Aber die Zwerginnen zelebrieren ihre Gravität regelrecht. Stolz präsentieren sie den wachsenden Bauch, schmücken ihn mit bunten Bändern, aufwendigen Gewändern und bedeutungsvollen Zeichen und nehmen oft noch bis zum Einsetzen der Wehen am geschäftigen Leben teil und arbeiten, wenn auch gemäßigter und nicht körperlich schwer, um dem Ungeborenen nicht zu schaden. Das Kind in dem Leib der Zwergin wird das Erste sein, dass im neu erwachten Königreich Erebor das Licht der Welt erblickt und steht somit ausdrucksvoll für unser aller Zukunft.
Ich lächle beide herzlich an, als sie näherkommen und schließlich ehrerbietend tief vor mir knicksen. Und einen Moment lang wundere ich mich über die ungewohnte Ehrerbietung und Freundlichkeit, mit denen mir vor allem Dís begegnet. „Wir sind hier außerhalb des Königreichs, namad, also kannst du gerne die Etikette vernachlässigen", sage ich und helfe wie selbstverständlich der Hofdame, die deutlich damit zu kämpfen hat sich wiederaufzurichten. Erschrocken und verschämt blickt sie mit großen Augen auf und mein gutmütiges Lächeln wird noch ungezwungener, damit sie die Scheu vor mir und meiner Position verliert. „Wir wollten einen Spaziergang machen, möchtest du uns vielleicht begleiten?", fragt mich Dís schließlich und ich stimme erfreut über das wohlwollende Angebot zu.
Langsam gehen wir durch die saftigen Wiesen, genießen die Sonne und die angenehm kühle Brise, die von den Berghängen herunter weht. Nichts erinnert mehr an den namenlosen Schrecken, das vergossene Blut, die unzähligen gefallenen Seelen, das bedrückende Leid und die schmerzlichen Tränen, die vor fast einem Jahr diese Erde bedeckt haben ... denn nur wundervolles, pulsierendes und bunt schillerndes Leben umgibt uns.
„Meine Söhne haben mir viel von dir erzählt und so langsam begreife ich, warum Thorin gerade dich auserwählt hat", beginnt Dís unerwartet, mit beinahe gehemmt- wackelnder Stimme und ich starre sie unvermittelt mit fragenden Augen an, denn eine solch deutliche Befangenheit hatte sie noch nie inne. „Weißt du, ich hatte die Hoffnung bereits vor langer Zeit aufgegeben, dass mein Bruder sich überhaupt einmal vermählen wird. Er hat nie Interesse an den Zwerginnen gezeigt, die um seine Gunst geworben haben, egal ob Prinzessin oder Adlige oder sie unserem Haus Vorteile gebracht hätten. Auch wenn sie wunderschön, reich, gebildet oder wohlerzogen waren, haben sie ihn nie gelockt. Es schien mir immer so, als ob sein Herz bereits von den Fesseln einer unerfüllten Liebe gebannt wurde ... deshalb hat mich seine Entscheidung anfangs gewundert und ... Misstrauen ... dir gegenüber geschürt. Unberechtigterweise, wie mir leider erst vor einigen Tagen vollumfänglich klar geworden ist."
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Die kleine Hobbitfrau
FanfictionIn einem Loch im Boden, da lebte eine Hobbitfrau... Bil führt ein genügsames, ruhiges Leben ... bis sie eines Tages ein alter Bekannter aufsucht und sie zusammen mit 13 Zwergen in ein höchst gefährliches Abenteuer verwickelt, in dem sie letztendlich...