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Die hell und klar scheinende Sonne trifft auf das azurblaue Meereswasser. Die Strahlen brechen sich auf den sich leicht kräuselnden, vom Bug verursachten Wellen und lässt ihre schäumenden Kronen funkeln, als bestünden sie aus unzähligen Diamanten. Die Luft riecht klar und rein ... nach Salz und Algen ... grenzenloser Freiheit und berauschendes Leben. Das graue Holz unter meinen Fingern ist auserlesen glatt. Kein einiger Splitter pickt mich, als ich sie gedankenverloren darüberstreichen lasse. Der plötzlich aufkommende, frische Meereswind treibt mir die grauen Locken in das Gesicht und trotzdem meine von den vielen Lebensjahren trübe und Nichts sehend gewordenen Augen kaum noch etwas erkennen können, vertreibe ich sie mit den faltigen Händen, um die Weite dieser unendlich erscheinenden Wasserwelt zumindest zu erahnen.
131 Jahre lebte ich mein erfülltes Leben in Mittelerde. Ungewöhnlich lang für einen Hobbit und gleichwohl das Alter immer mehr von meinem Leib Besitz ergriff, den Geist konnte es nicht erobern und schwächen. Noch immer erinnere ich mich klar an alle Erlebnisse ... gute, schlechte ... schmerzvolle, glückliche und ganz besonders an die voller Liebe und Furcht und an den Mann, die ich diese vielen Momente der Rückbetrachtung verdanke.
Meinem Neffen Frodo und mir wurde die Ehre geschenkt nach Valinor, dem Reich der Valar, gelegen auf der weit entfernten im Westen von Arda liegenden Insel Aman zu reisen. Vor zehn Tagen bereits brachen wir zusammen mit Herrn Elrond, der hohen Herrin Galadriel, sowie Gandalf und einigen anderen Elben vom Hafen der Grauen Anfurten aus auf und haben seitdem kein Land mehr gesehen. Nur das Rauschen des Windes, das Schlagen der Wellen an den Schiffsrumpf und das leise fröhliche Singen der Elben begleitet uns seitdem auf der Reise. Ein Umstand, der mir nur allzu gelegen kommt, überschlagen sich meine Gedanken doch seitdem und ein Schmerz brennt in dem schnell schlagenden Herzen, den ich schon längst vergessen dachte.
Die Ewigen Hallen des Wartens, die Wohnstatt Mandos, liegt auf Valinor. Die Geister der Toten gelangen dorthinein und ersehnen das Ende Eas, um der Vision Ilúvatars aus dem danach entstehenden Nichts ein neues Angesicht zu geben. Nach ihrer eigenen Überzeugung, werden auch die Seelen der Zwerge dort empfangen, wenn auch weniger gebührlich als die der Elben und Menschen. Die Gewissheit zu haben, dass ich bis auf alle Ewigkeit auf dem Flecken Erde wandeln werde, auf dem auch die Ruhestätte von Thorins Geist liegt, missfällt mir und lässt mich seit dem Erkennen in Schwermut versinken. So nah und doch so fern von mir wird er verweilen ... wissend, dass wir uns nie erreichen können.
Schwerfällig schließe ich die Augen ... versuche die Tränen zu unterdrücken, die sich ob der Erinnerung an ihn beginnen zu bilden. Viele Jahre lang konnte ich die Risse meines Herzens verkleben ... mit Freude über Frodo, den Aufenthalt in Bruchtal, das Aufschreiben meines Gedenkens ... aber jetzt, nachdem ich beinahe all dieser Ablenkungen beraubt bin, quillt das scheußliche Leid seines Verlustes umso gewaltsamer aus ihnen hervor. Wie dickflüssiges Blut aus einer tiefklaffenden Wunde.
„Tante Bil ...", höre ich plötzlich eine sanfte Stimme neben mir und als ich wieder aufblicke, sehe ich unweit Frodos warme Augen aufblitzen, „... du bist wunderschön", haucht er aus und ich wundere mich über diese Bemerkung. Und dann schleicht sich eine weitere Rätselhaftigkeit in mein Denken. Ich sehe ihn, obwohl er in einiger Entfernung von mir steht. Klar und deutlich und als ich den Blick über den Horizont gleiten lasse, auch das unendlich glitzernde Wasser und ganz weit entfernt verschwommen eine kleine Ansammlung von Inseln sich daraus erhebend. Erneut frischt der Wind auf und augenblicklich umwehen mich braune, von allem Grau des Alters befreite Locken.
Mit erstaunt weiten Augen betrachte ich erneut Frodo, der unsicher näherkommt, und auch er hat sich verändert. Seine durch die Leiden der Reise nach Mordor verursachten und bislang auch nach all den Jahren noch allzu deutlich zu sehenden Wunden sind verheilt, bereits in den schwarzen Haaren befindliche silberne Andeutungen verschwunden ... allein die trüb gewordenen Augen verdeutlichen die erlebten Schrecken noch immer. Ich beuge mich über die Reling und erschaudere zutiefst ... denn eine junge Hobbitdame, deren Anblick ich schon so lange nicht mehr ersehen durfte, blickt mir durch das spiegelklare Nass entgegen. „Die Valar geben euch das Geschenk der ewigen Jugend ... eure Gestalt ist die bevor ihr den Ring euer Eigen nanntet und durch ihn geschwächt und beeinflusst wurdet", höre ich plötzlich die erklärende Stimme von Gandalf hinter mir aufbrummen und Tränen des Glücks, der Freude, aber auch der Seelennot fallen auf die Wasseroberfläche unter mir.
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Die kleine Hobbitfrau
FanficIn einem Loch im Boden, da lebte eine Hobbitfrau... Bil führt ein genügsames, ruhiges Leben ... bis sie eines Tages ein alter Bekannter aufsucht und sie zusammen mit 13 Zwergen in ein höchst gefährliches Abenteuer verwickelt, in dem sie letztendlich...