Ori und ich benötigen drei weitere Tage, um auch die anderen Gemeinschaftsräumlichkeiten und Gemächer wieder so herzurichten, dass man sich in diesen wenigstens halbwegs wohlfühlen kann. Durch die von dem Drachen verursachte trockene und warme Umgebung im Berg, haben die edlen Stoffe und hölzernen Möbel erstaunlich gut die Zeit überdauert, in der hier niemand lebte. Selbst die Kleidung in den Truhen ist größtenteils unbeschädigt und tragbar. Der nach warmen Rauch, Feuertod und Verderben stinkende Drachengeruch liegt allerdings immer noch in der Luft und wird wie die Hitze fast erdrückend schwer, je näher man seinem ehemaligen Hort kommt.
Zufrieden und eigentlich guter Dinge, betrete ich die Halle, in der der Schatz Erebors ausgebreitet liegt und ich noch vor wenigen Tagen mit dem Drachen gerungen habe. Riesige Feuerstellen erhellen den Saal mit den glitzernden Wänden, der mich noch immer fasziniert und dessen gewaltige Ausmaße man erst jetzt vollends, da jeder Dunkelheit beraubt, erfassen kann. Die Zwerge streifen bereits seitdem sie den Wall fertiggestellt haben unablässig auf den riesigen Bergen aus Gold, Silber und Edelsteinen herum und erkunden jeden Zentimeter. Thorin gewährt ihnen keine Minute Ruhe, während er gebieterisch auf einem Erker Stellung bezogen hat und harsch Anordnungen erteilt. Seine tiefe Stimme dröhnt über ihre Köpfe hinweg und zerschneidet wie ein eisiger Wintersturm die warme Luft.
Unsicher trete ich auf ihn zu, denn seine Augen haben bereits wieder diese undurchdringliche Schwärze angenommen, die ich so bei ihm fürchte. Geschätzt nur wenige Stunden am Tag strahlen sie noch die Gutmütigkeit und Reinheit seiner Seele aus, aber sobald er dem Hort oder seit Kurzem auch nur einer glänzenden Metallader, die die Wände so wundervoll verzieren, zu nahekommt, fallen sie in die Dunkelheit und ich weiß noch immer nicht warum. Oft sehe ich ihn an und Licht und Schatten wechseln sich unentwegt innerhalb von Sekundenbruchteilen ab ... wie das Brechen von Sonnenlicht durch sich bewegende Baumwipfel. Vereinzelt schaffen wir es sie sogar wieder ganz aufklaren zu lassen ... ein Scherz, eine Berührung, eine Geste, ein Gegenstand vergangener Tage, eine Geschichte Balins über den Berg oder oft sogar ein einfaches Lächeln ... ganz plötzlich und unvermutet zieht ein erhellender Schimmer durch die Dunkelheit und er ist kurze Zeit wieder so wie früher. Lacht sogar ungewöhnlich viel und erfreut sich sichtlich an seiner zurückeroberten Heimat und der Gemeinschaft. Reichtum und Macht können ein von Trauer und Verlust gezeichnetes Herz angreifen, das versuchte mir Dwalin damals begreiflich zu machen, aber ich habe immer geglaubt, dass seines stärker und kraftvoller ist ... diesen Attacken fast unberührt standhalten kann.
„Niemand ruht, bis er gefunden ist!" Ein eiskalter Schauer kriecht mir über den Rücken, als ich den hartherzigen Klang seiner Stimme vernehme. Wenn er wüsste, dass ich den Arkenstein bereits lange bei mir trage, sicher verborgen in meiner Manteltasche, ich glaube er würde mich auf der Stelle ... nein, was dann geschehen würde, daran möchte ich gar nicht erst denken und ich erschrecke, dass ich es sogar in Betracht ziehe, dass er so solchen Taten überhaupt fähig sein könnte.
Schüchtern stelle ich mich neben Thorin und lege die Hände auf das reich verzierte Geländer. Beeindruckt stelle ich erneut fest, dass selbst diese nebensächlichen Dinge kostbar sind in der Welt der Zwerge. Unsere Freunde wühlen sich unablässig durch die Massen an Goldmünzen, Schmuckstücken, silbernen Gefäßen und Kleinoden jeder Größe und Form ... drehen jedes Stück dreimal um, immer mit der Zuversicht, den Arkenstein schnell zu finden. Der Schweiß läuft ihnen beharrlich über die geröteten Gesichter und in ihren Augen kann ich sogar von hier aus die sich immer mehr ausbreitende Panik erkennen, wenn sie erneut ein Stück Schatz ohne Erfolgsmeldung hinter sich lassen müssen.
„Habe ich dir zu viel über die Ausmaße des Hortes von Thrór prophezeit?", fragt mich Thorin plötzlich mit für die letzten Tage ungewöhnlich sanfter Stimme, aber trotzdem vermeide ich es ihn anzusehen. „Nein ... er ist wahrhaft gewaltig", antworte ich befangen und lasse meinen Blick erneut über die unermesslichen Reichtümer gleiten. Ich schlucke hart, als ich die Stelle entdecke, an der Smaug geschlafen und den Arkenstein bewacht hat ... dort, wo alles begann. Noch immer kann man die Konturen des Drachenkörpers in die Münzen gepresst erkennen und einige zu Klumpen zusammengeschmolzene Silberteile verdeutlichen die Hitze, die sein Feuer selbst im Ruhezustand hatte. Verdutzt stelle ich fest, dass neben seinem Liegeplatz eine weitere solche Vertiefung zu sehen ist ... zwar kleiner und nicht ganz so eingesunken, aber dennoch gut zu erkennen.
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Die kleine Hobbitfrau
Fiksi PenggemarIn einem Loch im Boden, da lebte eine Hobbitfrau... Bil führt ein genügsames, ruhiges Leben ... bis sie eines Tages ein alter Bekannter aufsucht und sie zusammen mit 13 Zwergen in ein höchst gefährliches Abenteuer verwickelt, in dem sie letztendlich...