... und dann kam das Verderben.

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Warnung! Die nächsten Kapitel werden bezüglich Thorins Wahn ziemlich heftig. Der Thorin im Buch ist schlimm ... im Film war er, auch wegen der hervorragenden schauspielerischen Leistung von Richard Armitage, noch schlimmer ... meiner treibt es auf dem Höhepunkt des Wahnsinns, der in diesem Kapitel noch nicht einmal erreicht wird, auf die sprichwörtliche Spitze des Erebors.

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Sechs weitere Tage vergehen, ohne dass sich eine große Veränderung unserer bedrückenden Lage ergibt. Die Zwerge suchen immer noch fieberhaft grundlos nach dem Arkenstein und Thorins Stimmung wird mit jeder verstreichenden Stunde unzufriedener und launischer. Wie ich befürchtet hatte, hat der Anblick des Todes sein Herz erneut geschwächt und ich konnte diese Wunde nicht einmal annähernd heilen. Gefühlte Minuten am Tag scheint er noch bei strahlender Geisteskraft zu sein, ansonsten vergräbt er sich gewollt isoliert von alles und allem in dunkler Melancholie und unergründlichem Leid. Häufig finde ich ihn im ehemaligen Thronsaal stehen, den Blick starr und ausdruckslos auf seinen Herrschersitz gerichtete, in dessen Lehne der Arkenstein seinen glanzvollen, den Raum überstrahlenden Platz haben müsste. Oft stelle ich mich einfach nur stumm neben ihn, in dem verzweifelten Versuch, ihm Seelenstärke und Halt zu spenden ... oft fehlt mir dazu aber einfach die Fähigkeit.

Die Flüchtlinge in Thal haben uns noch nicht aufgesucht, aber ihr bitteres Wehklagen wird beständig vom Wind zum Berg hinübergetragen. Die Schreie der hungrigen und frierenden Säuglinge und Kinder sind die Schlimmsten, die ich in meinem Leben bis jetzt hören musste und mir die Wachzeiten auf dem Wall unerträglich machen. Eigennützig bevorzuge ich seit einiger Zeit dafür auch die späten Abendstunden, denn sobald sich das Licht des Tages über die Ebene legt, begraben die Seestädter die in der Nacht verstorbenen Seelen in der verbrannten Erde. Ein Anblick, der so unerträglich ist, dass ich ihn kaum beschreiben kann.

Trotzdem mein Herz vor Schmerzen lautstark aufschreit und sekündlich wieder und wieder in tausend kleine Scherben zu zerfallen scheint, halte ich mich sooft wie nur möglich in Thorins Nähe auf. Nicht einmal hat er auch nur eine Andeutung erkennen lassen, ob die Gefühle zu mir, die bei den wenigen klaren Momenten in seinen Augen aufblitzten, ehrlich sind oder nur aus der Situation heraus entstanden. Vielleicht kann er sich aber auch gar nicht mehr an diese erinnern ... mutmaßlich ist sein Verstand und Gefühlswesen schon so erhärtet und voller Verlangen nach dem Arkenstein, dass für etwas Anderes darin gar kein Platz mehr ist. Allerdings, sobald Balin ihn um eine Beratung bittet, weist er mir die Würde ... oder eher Bürde ... an seiner Seite zu, auch wenn ich mich neben seinen prachtvollen und mit Gold und Silber verzierten Thron stehend mehr als fehlplatziert fühle.

Um den Schein aufrecht zu erhalten, dass ich eigentlich ja noch einen Auftrag zu erfüllen habe, beteilige ich mich neben meinen Erkundungstouren auch öfters an der Suche im Hort. Gerade wate ich mit Bofur an meiner Seite durch die Fluten von Schätzen, als Thorins aufgebrachte Stimme über unsere Köpfe hinwegdonnert. „Wer ist nach Thal einmarschiert!?" Erschrocken schauen wir zu dem hoch gelegenen Vorsprung hinauf, auf dem er und Kili, der eigentlich am Tor Wache hat, stehen. Der junge Zwerg erwidert im ruhigen und für uns nicht vernehmbaren Ton etwas und im nächsten Augenblick fährt Thorin herum und stürmt aufgebracht davon. „Was ist passiert?", möchte Fili beunruhigt von seinem Bruder wissen. Der angesprochene lehnt sich über die Brüstung zu uns hinunter, das Gesicht befremdlich angespannt und sorgenvoll verzogen. „Ein Heer Elben aus dem Düsterwald ist in Thal eingerückt, mit Thranduil an ihrer Spitze."

Wenig später stehen wir alle auf der Verschanzung am Tor und betrachten mit wachsenden Unwohlsein, den nicht enden wollenden Einmarsch der Elben. Es sind so unfassbar viele schwer bewaffnete Krieger, deren Rüstungen und Speere unheilvoll in der Wintersonne glänzen. „Wir müssen uns bewaffnen", faucht Thorin mit beunruhigender Stimme und wendet sich dann uns zu. Der Ausdruck in seinen Augen spricht von seinem grenzenlosen Hass gegen die Elben und der Besessenheit diesen Berg nicht kampflos preiszugeben. „Wir werden Widerstand leisten und wenn es das Letzte ist, was wir tun!", fordert er mit fester Stimme, die keine Gegenwehr zulässt und niemand findet den Mut, zu opponieren.

Die kleine HobbitfrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt