... und Sühne

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POV Fís

Die Kerze in meiner Hand flackert unruhig und taucht Filis friedlich ruhendes Gesicht in tanzende Schattenlichtspiele. Durch den Feuerschein wirkt das Blond von Haare und Bart leicht rötlich und augenblicklich beginnt bei diesem bezaubernden Anblick mein Herz schneller zu schlagen als jemals zuvor, wenn ich ihn betrachtete. Ich atme seufzend aus. Schieße die Augen, um mich und meine ebenfalls flackernden Gefühle zu sammeln. Was mache ich eigentlich hier, mitten in der Nacht und zudem nur bekleidet mit einem leichten Morgenmantel über dem Unterkleid? Wenn mich jemand sieht, könnte das schlimme Folgen für ihn und mich nach sich ziehen. Von dem Klatsch und Tratsch nicht nur unter der Dienerschaft einmal ganz zu schweigen.

Ich will bereits wieder umdrehen und aus dem Zimmer fliehen, als mich die bekannte und so geliebt-herzliche Stimme aufhält. „Fís ... bei Mahal, ist etwas passiert?" Die dunkle Angst vor einem schrecklichen Grund für das nächtliche Auftauchen springt mir regelrecht entgegen, aber ich schüttle schnell den Kopf, um ihn zu beruhigen. „Ich wollte nur ... ich kann irgendwie nicht schlafen", stottere ich und wundere mich kurz über die so ungewohnte Schüchternheit. „Wacht Kili bei Bil?", fragt er mich und ich nicke bestätigend.

„Dann ... möchtest du vielleicht ... hier ... schlafen?", stammelt auch er plötzlich unüblich flatterhaft und räuspert sich befangen, als ich ihm wohl unbewusst zu lange eine Antwort schuldig bleibe. Aber für einige atemlose Momente bin ich einfach nur gefangen zwischen Erschütterung, Feigheit und Anstandsdenken ... und komischerweise den von all dem befreiten Willen das Angebot anzunehmen. Ich senke scheu den Blick, damit er die Röte nicht sieht, die sich bereits warm und willenlos in das Gesicht stiehlt. „Das würde helfen", verlassen die annehmenden Worte wie von selbst meinen Mund und ich höre Augenblicke später bereits das Rascheln der sich anhebenden Bettdecke.

Ich stelle die Kerze mit zitternden Händen auf dem kleinen Nachttisch ab und krabble zu ihm in die Gemütlichkeit des Bettes. Wohlige Wärme und Nähe umschließt mich, als er den Körper mit einem Arm umschlingt und ihn zögernd näher an sich zieht. Der anregende Duft von feuchter Erde und Gras nach einem lauen Frühlingsregen umwebt den Sinn und ohne groß darüber nachzudenken, schmiege ich das Gesicht an die definierten Muskeln seiner Brust und verwebe die Finger mit dem leinenen Stoff des Unterhemds.

„Und jetzt erzähle mir, was dich vom Schlafen abhält, ibinê", bitte er leise und bettet das bebartete Kinn an meine Stirn. „Ich habe schreckliche Angst, dass Amad stirbt, allein durch meine Schuld", flüstere ich nach kurzem Zögern und kralle die Hand noch ein wenig fester in das Tuch, verzweifelt darum bemüht die Tränen zurückzuhalten, die sich bereits brennend ankündigen. „Sie wird nicht sterben. Ich habe noch kein Wesen gesehen, das stärker ist als Bil. Ihre Wunden heilen gut und das Fieber ist heute im Laufe des Tages auch gesunken. Die Verletzungen, die sie bei der großen Schlacht davongetragen hatte, waren einst schlimmer und auch hier bewies sie ihre Kraft." Seine Worte beruhigen mich ein wenig, habe ich doch von der schädigenden Schwere und Tiefe der damaligen Blessuren bislang nur Narben gesehen und konnte mir in Anbetracht derer nicht vorstellen, wie zerstörerisch sie wirklich waren.

„Aber wenn doch ... ich könnte mir das niemals verzeihen. Vielleicht wäre es doch gerechter gewesen, wenn Vater mich aus dem Erebor verbannt hätte, in Hinblick auf die Folgen der Befehlsmissachtung", wimmere ich und versuche die nun nicht mehr stillbaren Tränen mit aller Macht zu verheimlichen. „Fís bitte, sei nicht so hart und unerbittlich zu dir selber", fleht er und streicht sanft eine widerspenstige Locke aus meinem Gesicht. „Deine Mutter wusste, was sie tat, als sie nur mit einer Handvoll Verbündeter aufbrach, um nach euch zu suchen. So oder so, diese Orkin hätte einen Weg gefunden euch zu fangen. Vielleicht nicht heute oder morgen, aber irgendwann, denn Rachegelüste sind hartnäckige Lebensbegleiter und wer weiß, wie die Sache dann ausgegangen wäre." Ich schniefe und schmiege mich in die zärtliche Berührung seiner Hand, die letztendlich an der tränennassen Wange zur Ruhe gekommen ist. „Ich schwöre, niemals wieder werde ich eine überlegte Anweisung missachten und ab nun jeden Schritt meiner Handlungen überdenken", beteure ich mit fester Stimme. „Das ist gut, es wird dich zu einer klugen und vorausschauenden Beraterin an meiner Seite erheben", würdigt er flüsternd und streicht mir nur federleicht über den Rücken, beinahe so, als hätte er Angst davor, ich könnte die Berührung zurückweisen.

Die kleine HobbitfrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt