Verpflichtungen

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Die verschlungenen Gänge des Berges sind hell erleuchtet und wohlig warm. Das Vibrieren der Hämmer und das arbeitsame Rufen der Handwerker und Händler reichert beständig die Atmosphäre aus Euphorie und Glück an. Aber trotz aller Gloria, die Last die beständig auf meinem Herzen ruht, kann kein Hochgefühl beseitigen. Dís' Argwohn mir gegenüber verschwand noch immer nicht, trotzdem ich mir alle Mühe gebe sie davon zu überzeugen, dass ich ihren Bruder allein aus Liebe heiratete und weder Hab- noch Geltungssucht mich dazu brachten ihn zu begehren ... eher im Gegenteil.

Wie schon so oft in letzter Zeit nachdenklich und mit einem schweren Herzen in Grübeleien versunken, gehe anstatt schreite ich neben Thorin her, als mich plötzlich sein aufwallendes Grollen aus diesen herausreißt. „Ich glaube, mich reitet ein Warg!" Ich blicke erstaunt und erschrocken auf und kann gerade noch so sehen, wie unweit von uns Fili und Sigrid einen verstohlenen Kuss austauschen, verborgen im Halbdunkel eines Seitenganges, aber leichtsinnigerweise nicht verhüllend genug. Und ich schlucke hart den sich augenblicklich bildenden Kloß des ängstlichen Vorausahnens herunter. „Erst die Elbin und jetzt auch noch das!", bellt Thorin erneut und will bereits aufbrausend mit der königlichen Beherrschung brechen, aber ich halte ihn zurück. Fest und eindringlich krallt sich meine Hand in den Stoff seines Ärmels. Ich bitte ihn stumm, allein mit Blicken, es auf sich beruhen zu lassen, aber er beachtet diese nicht. Ungestüm reißt er sich von mir los und ich bin froh, dass sich Sigrid gerade von Fili verabschiedet hat, aber eile ihm dennoch schnellen Schritte nach, denn jetzt ist der junge Zwerg dem Zorn seines Onkels beistandslos ausgeliefert.

Der wütende Ausdruck in Thorins Gesicht muss furchtbereitender sein als ein ganzer Haufen Warge und Orks und Monsterspinnen zusammen, denn als Fili ihn auf sich zustürmen sieht, tritt er automatisch einen beklommenen Schritt zurück. „Beim Willen Mahals, was denkst du dir dabei?!", schimpft er sofort. „Die Tochter dieses Flößers ... wirklich?!" Thorin baut sich vor seinem Neffen auf, holt Luft um den armen Mädchen noch ganz andere despektierliche Bezeichnungen zu geben, aber ich schiebe mich zwischen die beiden Zwerge. „Thorin, hier ist nicht der richtige Ort um das zu besprechen", versuche ich ihn mahnend von der hoch-flammenden Wut abzulenken und weiße mit dem Kopf auf einige Zwerge in der Nähe, die dem Aufruhr bereits mit erschrocken-weiten Augen lauschen, und tatsächlich hält er inne. Ich spüre das kalte Zittern von Fili hinter mir, die Hitze des Zorns vor mir und atme tief und kontrolliert, damit ich nicht schwach werde, diesem tosenden Kampf weiterhin standhalten kann. „Dann schick nach Dís und Kili ... ich will die Sache in ihrem Beisein klären ... in unserem Salon", befiehlt der harsch und wendet sich schließlich schnellen und wütenden Schrittes ab.

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Still und mit einer erschreckenden Enge der Beklommenheit in meiner Brust beobachte ich die Szenerie vor mir. Thorin redet unablässig auf Fili ein, schimpft und wütet und mit jedem Wort frage ich mich erneut, warum bei Durins Bart er nur etwas gegen diese Verbindung hat. Als der junge Zwerg schließlich seinen Kopf in Demut und Angst senkt und ich die erste Träne rinnen sehe, reicht es mir. „Thorin!", ermahne ich, die Stimme selbstbewusst und gewichtig. Er hält damit inne Fili gerade an Verbindlichkeiten und die Gefahr der Vereinigung mit einem Menschen zu erinnern und fixiert mich wütend über die Einmischung. Und, bei Mahal, nur einen flüchtigen Moment lang, kaum länger als einen Herzschlag, aber dennoch so endlos erscheinend, dass es den Selbigen beinahe zum Stillstand bringt, sehe ich diesen verhassten schwarzen Schatten auf den eisblauen Augen liegen. Ich erhebe mich aus dem Stuhl, auf dem ich die ganze Zeit flankiert von Dís und Kili saß und spüre unvermittelt ihre brennend-fragenden Blicke auf mir. Langsam, bedächtig, herrschaftlich sind meine Bewegungen und unerschütterlich die königliche Haltung, als würde ich gleich mit einem Untertan reden wollen, jemandem, der meinen Befehl ohne aufzubegehren beachten soll.

Die kleine HobbitfrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt