Kein Edelstein ist kostbarer

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Als ich am nächsten Morgen erwache, ist das Bett neben mir leer und erkaltet. Ich muss mich einen Augenblick sammeln, da ich zuerst nicht weiß, wo ich mich befinde. Aber nachdem ich mich aufgerichtet habe, das Bettfell an meinen entblößten Körper drücke und Thorins Schlafgemach erkenne, kommen die Erinnerungen an letzte Nacht wieder und mit ihr die unbeschreiblichen Gefühle und Eindrücke, die diese heraufbeschworen hatte. Unbändig schieben sie sich in mein Dasein und überfluten es erneut mit einer Welle aus Liebe und Leidenschaft. Die Gedanken an seine herzbewegenden Worte, das tief-brummende Stöhnen, die Berührungen, das Vergnügen der absoluten Erfüllung ... erschüttern erneut meinen Körper und vermischt sich mit dem wunderbar warmen Gefühl, zu lieben und wieder geliebt zu werden, und lässt mich selig Lächeln. Aber wo ist er nur?

Ich habe keine Ahnung, wie spät es bereits ist ... ich sehe nur die Sonne, die bereits klar und hell durch die Lichtschächte in den Berg hineindringt und plötzlich steigt zügellose Panik in mir auf. Was ist, wenn Thorin ohne mich in die Schlacht gezogen ist, ... wenn er gegen alle Hoffnungen erneut in die Dunkelheit der Drachenkrankheit hineingezogen wurde?! Ich will gerade überhastet aufstehen, als der König ... mein König ... zur Tür hineinkommt, in der Hand ehrfürchtig wirkend ein prunkvoll verziertes Kästchen tragend, das er auf den kleinen Tisch an der gegenüberliegenden Seite des Bettes abstellt. Zutiefst erleichtert atme ich aus, als er sich danach zu mir auf die Bettkante setzt und ich die Klarheit, Helligkeit und Herzenswärme in seinen Augen sehen kann. Liebevoll lässt er eine meiner Haarsträhnen durch seine Finger gleiten. „Du siehst aufgewühlt aus, hattest du Angst, dass ich etwas Unüberlegtes beginne?", vermutet Thorin richtig und ich bin davon gebannt, wie gut er mich einzuschätzen weiß ... mich anscheinend einfach zu lesen vermag, wie klare schwungvolle Schrift auf einem Stück Pergament.

Ich nicke leicht und lehne mich im nächsten Augenblick glücklich und freudestrahlend an seine starke Brust, versinke beinahe zwischen edlen Stoff und weichem Fell und seinem unvergleichlichen Aroma, das mich augenblicklich umfängt und wohlig erschaudern lässt. Noch immer vermischt er sich mit dem Duft unserer Leidenschaftlichkeit von gestern Nacht und in meinem ganzen Leben, werde ich diesen Wohlgeruch nicht wieder vergessen können. Er legt seine Arme um mich, zieht mich noch näher als nah zu sich und hält mich einfach nur fest, obwohl ich genau spüre, dass er mich auch anderswo berühren möchte, da ich immer noch nicht mehr als die Decke um meinen Körper geschlungen habe, und das noch nicht einmal besonders verbergend. Denn wie er prophezeit hat, keine Sittlichkeit und Scheu steht von nun an mehr zwischen uns.

Sanft haucht er einen gefühlvollen Kuss auf meine Haare und schiebt langsam einen Finger unter mein Kinn, zwingt mich ihn durch den Glückstränenschleier anzusehen. „Du brauchst dir darüber keine Sorgen mehr zu machen, Bil. Du hast mir gestern die Augen geöffnet und meine Seele von dieser entsetzlichen und gefährlichen Krankheit befreit, der ich verfallen bin ohne es überhaupt zu merken ... allein mit deiner Liebe", sagt er leise und augenblicklich treten mir noch mehr Tränen der Freude in die Augen. „Ich werde mit den Menschen und Elben ein Bündnis anstreben ... noch heute. Nie wieder soll zwischen unseren Völkern böses Blut und Krieg herrschen, das verspreche ich dir hiermit." Überglücklich über seine Worte werfe ich meine Arme um ihn und verschließe seine Lippen mit meinen. Unser Kuss ist nicht leidenschaftlich oder von Lust durchdrungen, sondern spricht einfach nur von der unbändigen Liebe und Hingebung, die wir von nun an teilen.

Seidig fließen schwarze, störrische Haare durch meine Finger, als ich wenig später einen von Thorins Zöpfen neu flechten darf ... ein ausdrücklicher Wunsch von ihm, obwohl es nicht nötig ist. Aber nun weiß ich auch, warum es Tradition hat, dass diese Handlung nur von den engsten Familienmitgliedern oder von umeinander werbenden ausgeführt werden darf. Man kommt sich so nahe wie sonst nur beim leidenschaftlichen Akt ... spürt deutlich und unmittelbar die Wärme, den Körper, jeden ruhigen Atemzug, das aufgeregte Schlagen des Herzens und die vertrauensvolle Verbindung zu seinem Gegenüber ... und es ist das wohltuendste und vollkommenste Gefühl, dass es auf dieser Welt geben kann. Als ich fertig bin und die kleine Schmuckperle sichernd an den Haarspitzen befestigt habe, lasse ich zufrieden meine Hände sinken und schaue Thorin voller Liebe an. Augenblicklich umfasst er die sich von ihm entfernenden Finger und führt sie zu seinem Mund, um einen wundervoll gefühlvollen Kuss darauf zu hauchen. Seine strahlenden Eisaugen sehen mich über die liebkosten Fingerspitzen so voller einzigartiger Empfindungen an, dass meinen Körper daraufhin ein so wundervoll kribbelndes Gefühl durchflutet und bis in die tiefsten Tiefen meiner Seele vorzudringen scheint. Es brennt diesen Moment für alle Ewigkeiten in meine Erinnerung ein, sodass ich nicht anders kann, als ihm einen leidenschaftlichen und von wahrer Liebe durchdrungenen Kuss zu geben.

Die kleine HobbitfrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt