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Gerne hätte ich meinen Gästen nach Art der Wölfe Schnaps gereicht doch hatte ich ja keinen! Der Fuchsjunge überfraß sich und Ora zeigte ihm die Hütte, die sie ihnen hergerichtet hatte. Ich beobachtete genau, wie der Junge mit Ora umging. Und er war brav. Er ging nur neben ihr und Ora kam auch sofort wieder zurück. Sie verabschiedete sich allerdings kurz darauf und ging in unsere Höhle. „Nun wo wir unter vier Augen sind, Wolf...", begann die Füchsin zu sprechen. „Reden wir doch über unsere Zukunft." „Ja. Wer hätte gedacht, dass ich noch eine habe. Also. Ihr lebt hier. Von mir aus esst auch hier und da mit uns. Aber alles in allem seid ihr ruhig für euch. Ich bin habe mich in den letzten Jahren auch eher ans allein sein gewöhnt.", erklärte ich. Die Füchsin nickte. „Gut. So nenne mir deinen Preis, Wolf.", forderte sie. „Nun, allzu hoch ist er nicht. Ich habe mich in den letzten Jahren viel zurückgezogen und folglich keine zusätzlichen Feinde gemacht. Ich möchte immer wissen wo die Ratten sind und solltest du die Schlange sehen oder etwas von ihr hören, so sage es mir sofort!", erklärte ich. Sie nickte ruhig. „Das lässt sich einrichten." „Gut. Du wirst meine Informantin. Du wirst meine Augen und Ohren in dieser Gegend sein. Denn ich war die letzten Jahre blind. Blind und taub, ich weiß von nichts! Ich sehe nicht weiter als meine Nase reicht. Und ich hasse es. Ich weiß nicht was in dieser Gegend vor sich geht... und früher befand ich mich dort im Mittelpunkt." „Ich werde dir alles erzählen was ich weiß und zusehen, dass du noch mehr erfährst.", versprach sie. „Gut." „Gut. Wolf, nun wo wir diese Angelegenheit geklärt haben wirst du mir wohl kaum böse sein, wenn ich dich etwas frage." „Wahrscheinlich nicht. Frage." „Wotan. Du erwähntest ihn oft. Ich bin seit nur wenigen Wochen hier und habe in zwei Clans bereits den Namen Wotan fallen hören... sollte man dich mit als Clan zählen. Ich hörte von der Schwarzen Nacht. Weißt du etwas darüber? Wenn ich es mir nicht erklären kann, so kann ich dir keinen guten Bericht erstatten." „Ich verstehe. Es ist auch kein Geheimnis. Wotan war der Vater von mir und Ora. Der Anführer des Wolfsclans. Vor drei Jahren waren wir stark und unbesiegbar! Zumindest dachten alle dass wir es wären... hätte man mir vor drei Jahren gesagt, dass mein ganzer Clan von Ratten ausgerottet werden würde so hätte ich lauthals gelacht. Mein Vater war der stärkste aller Dämonen. Und ich war auf dem besten Weg ihn eines Tages noch zu übertreffen.", erzählte ich. „Mmh... und... deine Mutter?", wollte sie wissen. „Wusste lange nicht, woher sie kam. Wusste was sie war aber lange dachte ich, sie sei tot.", erklärte ich. Sie nickte. „Und... was sie war ein... naja du weißt schon... ein..." „Ein Mensch? Ja. Sprich es ruhig aus. Ich verachtete sie, als ich sie noch nicht kannte. Als ich sie kennen lernte war sie wirklich... zum Ende hin eine gute Mutter. Aber ja. Sie war ein Mensch. Daher habe ich sie des Blutes wegen gehasst. Wegen ihr hatte ich das Halblings-Blut.", erklärte ich ihr. „Also dachte ich es mir doch... deiner Schwester sieht man es ja sehr an aber du... von dir hätte ich es nicht erwartet..." „Was? Dass ich ein Halbling bin? Ja. Ich habe mein ganzes Leben lang trainiert. Du wirst an mir keine Schwäche finden.", erklärte ich als es mir eiskalt den Rücken herunter lief. Verdammt... Ich hatte einen Fehler gemacht. Einen großen, großen Fehler. Nun war alles gut... doch der nächste Neumond würde kommen... ich müsste dafür noch etwas finden... „Nun genug von mir. Dein Bruder konnte mir wenig sagen. Erzähl mir von dir. Woher kommst du? Wie kommst du hier her?", wollte ich wissen um von meinem plötzlichen Schock abzulenken. Sie seufzte. „Puh... lange Geschichte. Aber gut. Ich denke, wir haben Zeit.", sie lehnte sich zurück und sah hinauf zum Himmel.

„Geboren wurde ich einige Minuten vor meinem Bruder in einer Siedlung weit, weit weg von hier. Weit östlich von hier und mit weit meine ich weit. Denn wir waren immer in Bewegung. Seit vielen, vielen Jahren. Seit wir mit 14 von Zuhause fort sind. Und nun kamen wir hier an. Nun, es ist bei uns so Brauch, dass man mit 14 Jahren die Wahl hat. In der Nacht des 14. Geburtstags kommt um Mitternacht der Anführer in dein Zelt. Dann kannst du kämpfen, aber man wird verlieren. Oder du schläfst und er tötet dich im Schlaf. Damals war es Ingrimm. Die Mädchen haben manchmal auch die Wahl dort zu bleiben und Ingrimm hätte sich ins Bett gelegt. Ingrimm war um die 30 und hatte fünfzehn Frauen. Alle zwischen 14 und 30 Jahren. Das war bei uns normal. Männer duldete er nicht. Sie waren Konkurrenz. Nur wenige dürfen bleiben. Ingrimms treueste Anhänger, aber sie dürfen nicht stärker sein. Jedenfalls hatte Luan die Wahl zwischen Flucht oder Tod. Ich die Wahl zwischen Ingrimms Weib zu werden und mit Luan zu fliehen. Nun... bei uns wäre es nicht schlimm gewesen bei Ingrimm zu bleiben. Ingrimm war halb so schlimm und hätte mir ein gutes Leben geboten doch ich ging mit Luan, da ich niemals meinen Bruder verlieren wollte. Außerdem klang es nicht wirklich reizvoll nur die Kinder für Ingrimm zu gebären. So rannte ich bei Nacht und Nebel fort mit Luan. Mein Vater war Jahre zuvor von Ingrimm getötet worden, da er ihn angezweifelt hatte. Ich gehe davon aus, dass meine Mutter zu Ingrimm ging. Sie war damals 16 als wir geboren wurden also... ja. Bei uns ist das normal. Nun denn. Ich und Luan flohen mit dem wenigen was wir hatten. Jeder ein Messer und das Wissen wie man Feuer machte. Wir kamen zuerst durch ein Gebiet von Hasen, dann Hirsche. Recht einfach. Fischmenschen und so weiter. Wir gerieten etwas mit einem Geier-Clan aneinander und sie hätten Luan fast wortwörtlich in der Luft zerrissen. Aber wir konnten fliehen. Wir fanden ein Wolfslager und lauerten dort in der Gegend. Wir wollten einen guten Moment abpassen aber dann rauschten plötzlich so viele Ratten in den Clan! Wir flohen, wurden allerdings von einer Randgruppe erwischt und Luan und ich rannten in Richtung einer Klippe. Luan stürzte hinab und ich schaffte es knapp die restlichen zu töten. Luan hatte auch schon einige töten können... doch dann stürzte er eben. Ich rannte wie wild runter zu Luan und fand ihn dort beinahe tot vor. Sein Schädel war voll Blut und ich zerrte ihn irgendwie in unser Lager. Luan wachte eine ganze Woche lang nicht mehr auf und ich hoffte einfach, dass sein Kopf nicht allzu viel abbekommen hatte. Doch als er erwachte sah er mich an und... erst einmal wusste er nichts. Es dauerte wieder einen ganzen Tag bis er mich wiedererkannte. Ich hatte ihn in der Zeit an einen Baum gebunden. Er hat viel seines Verstandes eingebüßt und fortan musste ich führen. Luan musste neu lernen wie man kämpft und auch einige Wörter neu lernen. Er kann sich noch an unsere Kindheit erinnern. Ich erzählte ihm davon und als er bei der Erwähnung des Namens Ingrimm die Zähne zusammen biss erkannte ich, dass er noch etwas wusste. Doch weiß er nichts mehr was nach unserer Flucht und vor seinem Sturz war. Absolut nichts. Er ist auch eher der für einfachere Aufgaben. Oder reine Muskelaufgaben. Das Denken ist nicht mehr das seine...", erzählte sie. Ich nickte. „Armer Kerl... und das ist bei Füchsen normal? Ingrimm und so viele Frauen?" „Ja. Absolut normal. Ingrimm war ja noch anständig! Seine Söhne tötete er meist indirekt indem er sie in unmögliche Kämpfe schickte. Seine Töchter nahm er sich nicht selbst. Sie durften gehen oder bleiben. Vor Ingrimm hatten sich Anführer auch schon die eigenen Töchter genommen. Ingrimm zumindest nicht. Das war ein großer Vorteil und er ließ jedem die Wahl.", sie stand auf. „Ich bin müde. Ich glaube ich ruhe mich aus." „Ja. Da ist leider nur ein großes Bett im Haus. Du wirst das Bett also mit deinem Bruder teilen müssen.", erklärte ich. „Das macht uns nichts aus. Ich danke dir noch einmal. Ich lag in meinem Leben noch in keinem Bett... außer meine Kinderwiege. Und selbst die teilte ich mir mit Luan.", lächelte sie „Ja... ach und morgen... spioniere etwas die Katzen aus. Es passt mir nicht, dass ich von ihnen nichts mehr weis.", erklärte ich. Sie nickte. „Zu Befehl, Wolf.", lächelte sie und beugte sich herunter zu mir. „Und schlaf gut.", sie hauchte mir einen Kuss auf die Wange, zwinkerte mir zu und ging zu ihrem Haus. Ich seufzte. Ob das eine gute Idee gewesen war sie hier her zu holen?

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt