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POV Bella

Nialas Gesicht wurde blass und ich sah ihr den Schock an, den sie niemals gestehen würde. „Oh das... das tut mir leid...", stotterte sie. Sie wusste wie stark Mutter gewesen war. Sie wusste, es war bei Weitem kein natürlicher Tod und noch heute schreckte ich von den Bildern ihres Todes geplagt auf. „Muss es nicht... es ist nicht deine Schuld.", bemerkte ich und drehte die Blume in meiner Hand. „Willst du weiteres wissen?", hauchte ich und versuchte ihr nicht zu zeigen, wie sehr es mich mitnahm. Ganz konnte ich es wohl nicht verbergen doch Niala hatte ja das Feingefühl eines Steins. So bemerkte sie wenig und fragte nicht weiter nach meinem Wohlbefinden. „Wie ist sie gestorben?", wollte sie wissen. Ich schüttelte den Kopf. Darüber wollte ich nicht reden. Mit niemandem. Früher hätte ich es ihr vielleicht gesagt. Wenn wir heute noch so wären wie vor der schwarzen Nacht würde ich mich in ihre Arme werfen und ihr unter Tränen alles erzählen und flehen, dass sie mich beschützen würde. Und sie, mein liebster Wolf, würde mich schützen und mit ihrem Leben vor allem bewahren. Doch wir waren nicht mehr so. Ich würde mir diese Blöße nicht mehr geben und sie war nicht mehr mein Wolf. In ihren Augen war ich sogar ihr Feind. „Wann?", kam ihre nächste Frage. Ich seufzte. „Lange genug her um Gras auf ihrem Grab wachsen zu lassen.", hauchte ich. „Bella, Elder sagte mir, jeder habe in der schwarzen Nacht seinen Preis gezahlt. Ich zahlte mit dem Leben meines Stammes. Elder mit dem seiner Verlobten. Hast du mit dem Leben deiner Mutter gezahlt?" „Es klingt als hätten wir es alles freiwillig getan. Aber gut. Niala ich sage dir nun etwas, was dir das Leben leichter machen wird.", erklärte ich und stand auf. Ihr Blick ruhte neugierig auf mir. Für mich gab es zwei Möglichkeiten. Ihr in mehreren Stunden alles zu berichten was in den letzten Jahren geschehen war oder dem Wolf ein Opferlamm geben. Jemanden, den sie hassen konnte. Und ich konnte dieser jemand sein. Meine Liebe zu ihr hatte ich über die Jahre zurückgedrängt. Niemals mehr würden ich und Niala zusammenfinden. Niemals mehr. Und so könnte ich sie allein in einem Geflecht aus Lügen, Pakten, Intrigen und Handeln lassen, in dem ich bereits verworren war, oder sie weit weg von alledem halten und ihr nur gerade so viel sagen, damit sie weiter leben konnte. Denn Hass war ein guter Antrieb. Zumindest für sie. „Ich paktiere mit Rakura. Schon recht lange. Bereits zwei Monate nach dem Fall deines Clans stand ich ihm gegenüber und er reichte mir die Hand. Ich kniete vor ihm nieder, küsste den Ring an seinem Finger und unterwarf mich ihm so. Also ja. Anders als Elder, der neben Rakura existieren darf, habe ich mich ihm direkt unterworfen.", erklärte ich und stand auf. „Und seit wann stehst du auf Ratten? Du stinkst über und über nach ihnen!", knurrte ich. „Sie gehen ein und aus in meinem Lager. Wir sind Verbündet.", erklärte ich und wollte gehen. Niala sprang auf und ergriff mein Handgelenk. „Du paktierst mit der Schlange! Du machst die Beine breit für Ratten...", knurrte sie. Ich nickte bestätigend. Es reichte, wenn sie das wusste. So konnte sie mich hassen. „Meist lasse ich aber nur hochrangige in mein Bett.", stichelte ich noch zusätzlich und schon sah ich das zornige Feuer in Nialas Augen brennen. „Deine Mutter starb also kurz nach meinem Vater. Wenn du sagst, dass du dich ihm unterworfen hast und nicht Mortale.", knurrte sie und ließ mein Handgelenk los. „Was hätte ich allein der Ehre halber für dich getan...", knurrte Niala. Ich schnaubte. Ja. Allein für ihre verfluchte Ehre hätte sie mich auf Händen getragen. Sie hätte mich gut behandelt als ihre Ehefrau damit ihr ja niemand etwas nachsagen könnte. Es waren immer die falschen Gründe, die sie bewegten. „Ich gehe. Oder brauchst du noch etwas?", wollte ich wissen und wand ihr wieder den Rücken zu. „Nein. Geh, Katze. Von deinem Gestank wird mir schlecht.", knurrte sie und ich huschte davon. Kaum war ich weit genug von ihr weg schluchzte ich leise auf und wischte mir die Tränen fort. Sie war so dumm! So verflucht dumm! Hätten wir eher geheiratet... so hätten wir gemeinsam vielleicht alle besiegen können. So würden wir in dieser Nacht nicht hier stehen sondern in ihrem Bett liegen, ich eng an sie gekuschelt... Ich schüttelte den Kopf. Das machte der Alkohol. Diese irrsinnigen Gedanken. Halt dich von dem Wolf fern, war einer von Mutters letzten Ratschlägen an mich. Bevor wir damals aufbrachen um mit Rakura zu sprechen. Ich hatte, jung und dumm wie ich war, sehnsüchtig in Richtung von Nialas Lager gesehen doch Mutter hatte mir erklärt, dass der Tod an ihr klebte und sie ihn mit sich brachte.

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt