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POV Bella

Unangenehm. Anders konnte man diese Besuche nicht nennen. Aber es musste ja sein. Ich war seine Trophäe. Wotans Fell und meine Wenigkeit waren Rakuras Trophäen, die er aus der schwarzen Nacht mitgenommen hatte. „Bella!", lachte Rogis bevor er mich in seine Arme zog und mir einen wilden Kuss aufzwang. Als er sich löste klebte sein ganzer Speichel um und an meinem Mund doch lächelte ich ihn trotzdem an. „Rogis, seit Elders Hochzeit habe ich dich nicht mehr gesehen. Sag, wie geht es dir?", gab ich mich freundlich. „Blendend, Bellalein! Blendend! Sag mal... komm mal mit.", grinste er und packte grob mein Handgelenk. „Rogis, ich muss in einer Stunde beim Ball sei..." „Das ist mir so scheiß egal, Bellalein. Weißt du, deine liebe Mama hat mir nie den Schwanz lutschen wollen. Hab einmal ganz lieb gefragt und sie hat mir eine Narbe verpasst." „Das erzähltest du mir bereits." „Hey! Nicht so frech! Oder soll ich Rakura sagen, dass du den Vertrag brichst? Brichst du deinen Teil, brechen wir unseren! Und nur zu gerne würde ich..." „Nein! Nein... ich... ich wollte nur sagen, wir sollten uns beeilen.", ich zwang mir ein Lächeln auf und ließ mich von Rogis fort zerren in das Gästezimmer, dass er hier in Rakuras Festung bezog.

Mit zitternden Händen wusch ich mir das Gesicht. Wenigstens ging es dieses Mal schnell. Und nach Rogis hatte mich kein weiterer mehr abgefangen. So hatte ich direkt in das mir zugeteilte Zimmer laufen können und mich grob waschen können. Ich sah mich im Spiegel an. Meine Augenringe waren tief. Mein Gesicht abgemagert. Wahrlich... die Jahre waren nicht gut zu mir gewesen. Doch allen, die vor Jahren nicht von Anfang an zu Rakura hielten, war es schlecht ergangen. Ich hatte wohl noch eine halbe Stunde. Ich brauchte eine viertelte um mich herzurichten. Ich sah mir weiter in die Augen. Das blau darin leuchtete schon lange Zeit nicht mehr. Ich war nur noch eine Hülle. Ich tat was ich tun musste um das zu schützen was mir wichtig war. Als ich die Flecken von Rogis Samen an meiner Bluse sah seufzte ich und zog sie mir aus. So konnte ich nicht zum Ball erscheinen. Außerdem befürchtete ich, dass die Nacht noch lang werden würde. So zog ich mir das Kleid aus und auch die Bluse. Mein Blick fiel erneut auf mein Spiegelbild. Ich war nur noch ein Schatten. Meine Rippen standen heraus. Meine Schultern waren zerkratzt. An meinen Seiten zeigten sich noch die blauen Flecken von den gestrigen Übergriffen. „Das ist alles halb so schlimm. Du hast doch schon mehr ertragen. Du hast ihnen keine Träne gezeigt als er Mutter ermordet hat oder als sie... als sie... als sie sie niedergeschlagen ha... ha...", ich schluchzte. Schluchzte und kauerte mich vor dem Spiegel zusammen. Ich konnte nicht mehr! Ich lebte gar nicht mehr meinetwegen! Mir war einst versprochen worden, als die Tochter meiner Mutter, eine mächtige Anführerin zu werden. Meine Feinde würden vor mir zittern. Ich würde über den anderen Thronen... selbst... Niala hatte mir so viel versprochen. Ich schloss die Augen und weinte stumm weiter. Ohne diesen Bastard Rakura wäre mein Leben der Himmel auf Erden! Ich wäre eine der mächtigsten Dämonen dieser Welt! Würde von den Wölfen und Katzen beschützt werden! Und von Niala... Doch die Begegnung mit ihr auf Elders Hochzeit war mir der Beweis gewesen, dass ich damals absolut richtig gehandelt hatte. Und ich konnte nicht sagen, dass ich eine meiner Entscheidungen bereute. Ja, der Vertrag den ich mit Rakura schloss und mit meinem Blut unterschrieb, machte mich von einer starken Dämonin zur Hure seines Heers. Doch am Ende tat ich nur das, was eine gute Anführerin tun sollte. Ich beschützte meine Leute. Würde ich nicht gehorchen, so würde Rakura meinen Clan auslöschen. Ich wischte mir die Tränen aus den Augen. Am Ende konnte ich nur immer wieder um dasselbe weinen. Dabei hätte ich nichts ändern können um die Situation heute zu verbessern. Trotzdem trauerte ich. Denn ich fühlte mich wie tot und als würde mein Herz bereits rotten.

Ich hatte mich erbrochen, umgezogen und geschminkt. Früher hatte ich mich wenig bis gar nicht geschminkt. Doch heute... heute verbarg ich damit meine eingefallenen Wagen und meine tiefen Augenringe. Dazu hatte ich eine halbe Flasche Wein geleert um das heute zu ertragen. Fertig umgezogen ging ich so ruhig wie es sich gehörte und aufrecht zum Ballsaal, aus dem bereits laute Musik hallte. „Katze...", hörte ich ein Knurren hinter mir und ich erstarrte. Ich atmete einmal tief durch bevor ich mich umdrehte. „Arkyn, wie geht es Euch?", lächelte ich und sah den Krieger an, der heute ausnahmsweise Kleider trug die einem guten Wams ähnlich waren. „Hier.", er beugte seinen Arm und ich verstand. Zittrig ergriff ich seinen Arm und ließ mich von dem Hünen geleiten. „Wie kommt es, dass Ihr mich führt, Arkyn?", wollte ich wissen. „Mein Herr befahl es mir.", kam es von ihm und er starrte mit starren Augen nach vorne. Beängstigend. „Und ich soll dir erzählen gegen wen mich unser glorreicher Meister ziehen ließ." „Ach und gegen wen?" „Niala, Tochter des Wotan.", beinahe wäre ich gestolpert, als er ihren Namen nannte. „W... Was? Arkyn...", ich riss mich von ihm los und er starrte mich an. „Wenn sie tot ist, so hat Rakura den..." „Ich weiß, was ihr damals ausgemacht habt. Also komm sofort wieder her.", knurrte er. Ich schluckte und trat näher, bevor ich wieder seinen Arm griff. „Auf Befehl meines Herren fand ich heraus ob sie einen der Offiziere aus kriegerischer Handlung tötete oder aus Mordlust. Ich brach ihr alle Knochen im Leib und ließ sie allein und verkrüppelt am Boden liegen. Es war nur Mordlust.", brummte er. Ich schluckte, nickte allerdings. „Und... und sie lebt?" „Es müsste ihr gut gehen. Unser Herr meinte nur, ich sollte es dir sagen, damit du dich daran erinnerst, dass wir jederzeit..." „Ich weiß, Arkyn. Dergleichen ist nicht von Nöten. Ich bin unserem Herrn treu ergeben. Das weißt du. Nur du übertriffst mich noch in der Treue." „Das ist wahr, Bella. Das sehe ich. Ich bin unserem Herrn treu und würde tausend Höllen für ihn durchleiden. Doch du würdest zumindest für ihn sterben." „Ja.", bestätigte ich wahrheitsgetreu. „Du begleitest mich immer noch, Arkyn. Hast du deine Aufgabe nicht erfüllt? Solltest du nicht zurück zu Rakura kehren wie es sich für einen braven Hund gehört?" „Erspare mir deinen Spott, Bella. Er nützt dir noch weniger als mir. Der Befehl unseres Herrn war, ich solle dich zu ihm geleiten und dir das mitteilen. Des Weiteren soll ich dich über den Ablauf des Abends aufklären.", brummte er. „Lass mich raten, Arkyn. Ich werde tanzen mit einem Mann Rakuras Wahl. Mit ihm werde ich die Nacht verbringen als Zeichen von Rakuras Dankbarkeit oder dergleichen. Nicht wahr?" „So ähnlich.", ein breites Grinsen zog sich über das sonst so monotone Gesicht des Leibwächters. Angst kam in mir auf. Es wäre doch am Ende nicht Arkyn mit dem ich die Nacht verbringen sollte! Das könnte ich nicht! Nicht mit ihm! Dieser Bestie... „Was die Nacht für dich bereit hält wird sich noch zeigen. Doch heute tanzt du mit unserem Herrn, Rakura.", lächelte er. Mir gefror das Blut in den Adern. „A... Ab... Aber..." „Darf ich dich an deinen Schwur erinnern? Dass du gehorsam bist?", grinste er. Ich nickte. „Ja... es... es ist mir eine Ehre mit unserem glorreichen Herrn zu tanzen.", lächelte ich. Solange es denn nur beim Tanze bleiben würde.

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt