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Gut... seit Bella war es mir nicht mehr passiert, dass man mich so übertölpeln konnte... und ich sah jetzt schon Oras tadelnden Blick auf mir... verdammt! Müde betrat ich das Lager und trat in meine Höhle ein. „Ora?" „Niala! Hast du einen erwischt?", lächelte sie. Ich brummte missmutig. „Ja... eine junge Frau. Hat versucht mir den Dolch zu stehlen. Ich packte sie... zwang sie zu einem Geständnis und..." „Und was? Hast du sie umgebracht? Niala... ist schon in Ordnung... du bist nun einmal ein Hitzkopf. Wir leben nun zumindest in Ru..." „Sie lebt. Ebenso wie der andere Fuchs. Ich habe mich vielleicht etwas... ein kleines bisschen trügen lassen...", bemerkte ich und kratzte mir verlegen am Hinterkopf. „Niala... wie angezogen war sie?" „Sehr! Also... ich habe nicht... ich hätte doch nicht... also ich... was denkst du bitte von mir?" „Ach... dann sag mir was los war.", forderte Ora und lehnte sich an die Wand. Ich seufzte und setzte mich. „Also gut. Sie gab mir alles bereitwillig zurück. Ich fragte sie nach ihrem Namen, sie nannte mir den Namen Laila. Sie fragte mich nach meinem Namen. Ich nannte ihn ihr und dann fragte sie, ob ich Niala, Tochter des Wotans sei und so weiter und so fort. Ich war... geschmeichelt, dass sie mich kannte... sie schmeichelte mir weiter und warf sich an mich. Dankte mir für meine Güte, dass ich sie gehen ließ ohne ihr ein Haar zu krümmen dafür, dass sie mir eben alles ausgehändigt hatte. Sie löste sich, hauchte mir noch einen Kuss auf die Wange und rannte in den Wald zurück. Ich sah ihr noch eine ganze Weile nach bis ich eben bemerkte, dass meine beiden Dolche weg waren. Sie hat mich übertölpelt. Was soll ich machen?", brummte ich und rieb mir verlegen den Nacken. „Niala..." „Ich weiß! Ich... es ist ja sonst auch gar nicht so meine Art. Du weißt, normalerweise bin ich gezügelter. Normalerweise stehen mir nicht solche Frauen gegenüber... Ich gestehe, ich bin schwach geworden. Habe mich auf anderes konzentriert statt auf die Dolche. Aber was soll ich jetzt machen?" „Suche sie! Der Wind wird sich bald legen. Dann kannst du die nächste Spur verfolgen. Nicht wahr? Die Ratte, die mich beim baden im Fluss beobachtet hat, die hast du stundenlang die Berge entlang verfolgt. Hast ihn nicht gesehen und bist nur dem Geruch gefolgt. Das kannst du doch, oder?", wollte Ora wissen. „Ja. Natürlich kann ich das." „Gut. Dann tust du das. Dann haben wir erst mal eine Spur. Um den Dolch den du geschmiedet hast geht es dir wohl kaum, nicht wahr? Aber ich kenne dich, Niala. Lokis Dolch ist einer der wenigen Dinge die du noch von damals hast. Mutters Mantel. Vaters Kette. Lokis Dolch.", bemerkte sie. Ich nickte. „Ja... Lokis Dolch... er... ich brauche ihn wieder! Loki würde wollen, dass ich ihn habe! Ich werde ihn zurückholen.", knurrte ich. Ora nickte. „Das solltest du.", hauchte Ora und wand sich wieder den Hemden zu, die sie heute flickte.

Noch vor dem Morgengrauen stand ich vor der Höhle und lauerte. Lauerte auf einem Baum nahe der Falle. Ich hatte beobachtet, wie ein Hase hinein gerannt war. Hatte zugesehen, wie er panisch versucht hatte fortzulaufen und sich damit selbst stranguliert hatte. Nun lauerte ich. Das ärgerliche war, dass so kein Blut lief und Blut hätte die Kleine sicher angelockt. So wunderte es mich nicht, dass es bereits gut zehn Uhr war, als ich endlich Rascheln hörte. Ein Fuchs trat aus dem Gebüsch. Zu groß um ein Tier zu sein. Der Geruch eindeutig dämonisch. Aber... die Schultern waren etwas breiter als in meinen Erinnerungen. Der Fuchs ging in menschliche Gestalt über und ein rothaariger Mann mit grünen Augen zeigte sich. Das war also der, der mich zu Boden gebracht hatte. Das Haar trug er an den Seiten kurz, oben länger und hinten zu einem kurzen Zopf zusammen gebunden. Links und rechts hing eine lose Strähne geflochten herab und grüne Perlen waren daran befestigt. Ebenso hatte er einen leichten roten Bart. Er schien nicht viel älter als das Mädchen zu sein. Und die grünen Augen zeugten mit dem Gesicht von einer Verwandtschaft. „Na du kleines Mistvieh? Da wird sich Laila freuen.", grinste er vor sich hin und zog einen Dolch. Das war der nächste Beweis, dass er Laila kennen musste. Er nannte sie und zog dann Lokis Dolch! Er schnitt das Seil durch und griff sich den Hasen. Mistkerl... was wäre es für ein Problem die verfluchte Falle wieder scharf zu machen? Wie erwartet machte er sich im Laufschritt zurück auf den Weg zum Wald, trat direkt in die verborgene Schlingfalle und fiel der Länge nach hin. Ruhig sprang ich vom Baum und trat näher. Ich zog mein Schwert. „Spar dir jedes Wort. Mit der anderen hab ich genug gesprochen.", erklärte ich und hob das Schwert. „Hey! Hey! Nein! Lass das mal!", er zerrte an dem Strick und wie erwartet riss er sofort. Er rappelte sich auf und ich hob drohend mein Schwert. „Hey... ko... komm schon. Leg das Schwert weg, Wolf.", er trat abwehrend zurück. „Oh nein. Stell dich mir im Kampf!", forderte ich. „Vergiss es!", er zerdrückte den Hasen grob, sodass Blut aus dem Kadaver lief bevor er ihn mir ins Gesicht warf und davon rannte. Ich keuchte auf und wischte mir das Blut aus dem Gesicht. Der Fuchs war weg. Sofort rannte ich zu einem kleinen Fluss und wusch mich. Nun hatte ich eine freie Nase und roch wieder richtig. Sehr gut. Der Mistkerl hatte dank des Hasenblutes eine deutliche Spur hinterlassen. Bestenfalls führte er mich direkt in sein Lager und sicher auch zu Laila. Mit ihr hatte ich noch eine offene Rechnung und der Kerl hatte Lokis Dolch!

Wie erwartet hatte er mich direkt in ein Lager geführt. Er war nicht mehr hier. Suchte wohl das Mädchen. Und das war also ihr Lager. Eine kleine Höhle in der Erde. Als ich hinein sah war es nur ein Raum. Vielleicht 1,50 Meter hoch und zwei Schlafplätze nebeneinander. Dazwischen stand eine Kerze. Sie teilten sich also nicht das Bett. Das bestätigte meine Vermutung, dass sie kein Paar waren, sondern eine Blutsverwandtschaft bestand. Geschwister? Mein schlecht geschmiedeter Dolch war nicht unter den Dingen, die dabei lagen. Aber interessant, was man hier fand. Mit einem leichten Grinsen fiel mir eine dünne, scharfe Klinge auf und ich hob sie hoch. Federleicht. Dergleichen hatte ich lange nicht mehr gesehen. Ob es eines ihrer Messer war? Oder hatten andere aus ihrem Clan auch solche Messer? Der Geruch von Katze klebte daran. Allerdings nicht ihrer. Den Ihren würde ich auch nach all den Jahren wiedererkennen. Ich legte die Klinge zurück. Schade, dass es nicht ihrer war. Ich hätte es ihr gegönnt so schändlich bestohlen zu werden wie ich. Es lagen auch Waffen aus Holz dabei. Wohl von Hasen. Die mit Stein und die, bei denen die Spitzen über dem Feuer gehärtet wurden, konnte ich die Herkunft aus einem Hirschclan zuordnen. Solche Waffen waren alle schon auf mich gerichtet worden. Was sollte ich nun tun? Der Wind hatte gedreht und meinen Geruch wohl schon verteilt. Eine Überraschung wäre schwierig. Zumindest würden sie wohl nicht gleich mitbekommen, dass ich direkt hier gewesen war. So könnte ich später zurückkehren.

Ora war mit den Gräbern beschäftigt als ich ihr mitteilte, dass sie mich am Abend wecken sollte. Das tat sie auch, nachdem ich mich ausgeruht hatte. Ora ging ins Bett, ich ging hinaus. Zeit zu zeigen, wem dieser Wald gehörte!

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt