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Wie ich es befürchtet hatte war es schon wieder dunkel, als wir die Lichter der Burg sahen. „Wie kommen wir da hinein? Soll ich einfach die Wachen abschlachten oder lassen sie uns bei deinem Anblick hinein?", wollte ich wissen. „Sie werden uns schon hereinlassen.", erklärte sie. Ich nickte und führte sie am Seil hinter mir her. „Halt! Wer da!", hallte die Stimme der Wache vom Tor. „NIALA TOCHTER DES WOTAN! Der verdammte Dämon dem Dreuven seine Schwester auf den Hals gehetzt hat!", brüllte ich und sofort öffneten sich die Tore. Ich grinste breit. „Ähm..." „War nicht so grob gemeint wie es klang. Aber so springen die Menschen doch immer am Besten.", grinste ich. „Wieso behandelst du mich eigentlich so gut, Dämon?" „Merkst du dann schon. Ich werde deinem Bruder ein Angebot machen. Ist Dankbarkeit bei euch Menschen ein Gut?" „Ja?" „Dann ist alles gut.", lächelte ich und zerrte sie hinein.

Man brachte uns überraschenderweise direkt zu Dreuven. „Ah! Wolf! Wie ich sehe bist du wohlauf und... Venia was tust du denn hier?" „Richard! Was sollte das?", brüllte sie und ich zerrte an ihrer Fessel, um sie zum Schweigen zu bringen. „Dreuven, was sollte das? Nennt ihr Menschen das Humor?" „Nein. Wolf, hast du denn den Brief gelesen? Kannst du lesen?" „Ja! Stell dir vor, ich bin des Lesens mächtig. Und ich las es gut durch! Ich lachte mich den halben Abend tot. Und dann bemerkte ich, dass ihr es ernst meint. Aber... ich bin verwirrt. Optisch sieht es so aus, als wäre es euer Ernst. Aber welches vernunftbegabte Wesen würde seine eigene Schwester, das eigene Fleisch und Blut, einem Dämonen schenken?", wollte ich wissen und gegen Ende grollte meine Stimme. „Wer? Wer hat so wenig Ehre und Anstand im Leib, dass er die eigene Schwester, zumal noch die Jüngere, die man zu schützen gelobte, so schamlos verschenkt und fortwirft wie ein dreckiges Lumpenhemd?", meine grollende Stimme lag schwer im Raum. „Und das noch von einem Grafen. Graf... Ein hoher Titel bei euch Menschen. Ich weiß nicht, wie es bei euch ist. Bei uns muss der, der einen hohen Rang trägt. Die Werte wahren! Ich bin die Anführerin eines Clans. Ich schütze meine Leute und stärke sie. Ich schlachte meine Feinde ab und schütze meine Schwester, selbst wenn mein Blut dabei fließen sollte.", knurrte ich. „Nun...", Dreuven räusperte sich. „Ähm... Meine Schwester ist ein Geschenk an dich! Doch nimmst du es denn nicht an? Ein Friedensangebot!", bemerkte er. „Ein Friedensangebot? Fehlen nicht die Friedensverhandlungen? Ich denke, ihr Menschen habt ein falsches Bild von uns.", bemerkte ich und trat zu Dreuven. Das Mädchen zerrte ich zwar dabei hinter mir her doch gefiel mir ihr Bruder so gar nicht. Ich trat zu seinem hohen Stuhl, packte ihn am Kragen und zerrte ihn herunter. Taumelnd blieb er vor mir stehen. „Frieden willst du? Und mir deine Schwester schenken? Nein! Was soll ich denn mit ihr? Holzhacken, dafür seit ihr Menschen doch viel zu schwach! Wache? Das selbe Problem! Ich glaube ihr Menschen versteht eine grundlegende Sache nicht: Der stärkste Mensch ist immer noch tausendmal schwächer als ein Dämon. Ich habe mit dem Gedanken gespielt sie zum Socken stopfen zu verurteilen doch so viele besitze ich gar nicht. Kurzum: Sie kostet mich mehr als dass sie bringen würde. Nehmt sie wieder auf!", erklärte ich und stieß sie in die Arme ihres Bruders. Sie klammerte sich an sein Wams um nicht zu fallen. Er seufzte und hielt sie, bevor er sich nachdenklich über den Bart strich. „Nun... ärgerlich. Ich möchte aber Frieden mit dir, Wolf!" „Es deckt sich mit meinen Interessen! Es ist schon lange her. So lange, dass die Menschengeschichte gar nicht mehr davon weiß, doch wir Dämonen wissen es. Einst waren wir Dämonen in euren Augen Götter! Ihr opfertet uns allerlei Gaben und im Gegenzug lag eure Siedlung in unserer Gunst. Ihr gabt einem Dämonen über die Jahre hinweg Schnaps und Brot und Küchlein. Und im Gegenzug musstet ihr nur einmal rufen wenn eine Armee vor den Toren stand. Für den Dämon war es eine Sache von einer Stunde und keiner eurer Männer fiel. Und keine Frau und kein Kind schreckte auch nur aus dem Schlaf. Doch ihr Menschen vergaßt das in eurem selbstsüchtigen Sein. Habt euch auf die Stufe der Götter gestellt und uns hinabgedrängt in euren Köpfen auf die Stufe der Tiere und Bestien aus Geschichten. Kehren wir dahin zurück. Vorerst gebe ich euch nichts mehr als die Möglichkeit in meiner Gunst zu steigen. Richard Dreuven, du siehst mich seit ich hier bin mit hochnäsigem Blick an. Vergisst du dabei nicht, dass ich binnen zwei Minuten alle hier im Raum töten könnte!" „Wolf, unterschätze meine Mä...", mit einer schnellen Bewegung griff ich die Wache vor mir. Die Bogenschützen, die ich natürlich gesehen hatte, schossen und ich hielt den erschrockenen Wachmann als Schild vor mich, bevor einige Bolzen ihn in den Bauch trafen. Ich ließ ihn fallen und er blieb röchelnd vor mir liegen. Drohend setzte ich meinen Fuß auf seinen Schädel. „Versucht auch nur neu zu laden und ich bringe ihn um.", bemerkte ich kühl. „So, Dreuven, siehst du? Also, was nun?", wollte ich wissen. Er lächelte nervös. „Wolf, du hast recht. Meine Schwester war ein Witz. Hagen! HAGEN!", rief er und ein Mann mit stechenden, eiskalten blaue Augen und rasiertem, narbigen Schädel trat vor. Seine Nase schien bereits hundertfach gebrochen und nur kurze schwarze Stoppel zierten Gesicht und Kopf. „Das ist Hagen, siehst du? Er ist Venias Verlobter! Wir hatten gehofft dich durch Venia zu uns zu führen um eben das hier zu verhandeln!", er stieß Venia in die Arme Hagens. „Na, Püppchen?", hauchte er, was ich natürlich nur aufgrund meiner dämonischen Sinneswahrnehmung bemerkte. Und damit verstand ich Venia. Und dämonisch schien dieser Mann auch nicht zu sein. Rein menschlich. Sein Anblick machte mich krank. Ihn zu sehen wie er das Menschenmädchen so hielt bereitete mir Übelkeit. „Verlobter?" „Ja, aber unwichtig, Wolf, ich dachte wir könnten das so ähnlich machen wie du sagst. Ich gebe etwas ab und dafür unterstützt du uns aber um Gottes Willen lass nicht zu, dass das jemand mitbekommt!" „Ja, ich hörte ihr steht unter Rakuras Fuchtel. Ich bin nicht zwingend beliebt bei ihm. Ich bin nun einmal der einzige Dämon der seinen Angriff überlebt hat. Das passt ihm nicht wirklich aber gut. Er lässt sich nicht mehr bei mir blicken und das möchte ich auch in Zukunft so halten. Also, Dreuven. Dein Angebot?" „Im Monat acht Fässer Met, Zehn Fässer Bier, fünf von Schnaps und Acht Säcke Mehl." „Zehn Säcke Mehl und wehe ich finde auch nur einen Makel daran. Und auch acht Fässer Schnaps.", erklärte ich. „Im Monat? Wie groß ist dein Clan?" „Groß.", zumindest war mein Durst groß. „Gut... weitere Wünsche?" „Nein. Ich werde euch zur Seite stehen mit Rat und Tat wenn ihr mich braucht. Wir werden verbündete sein und als Band wird Venia sein!", verkündete ich. „W... Was?", Bruder und Schwester sahen mich verwirrt an. Nach wie vor hielt Hagen sie. „Es ist Brauch bei uns Dämonen. Ein Brauch, der uns heilig ist! Eine Jungfrau muss das Band zu den Dämonen bilden und nur sie darf hinüber über die Brücke treten. Venia habe ich auserkoren. Und wie es die Tradition verlangt wird die Verlobung mit diesem Hagen mit sofortiger Wirkung beendet. Sie darf nicht heiraten und darf sich zu keinem Manne legen. Jeder Mann und eine befleckte Frau spürt ein Dämon. Wir spüren ihre Anwesenheit und so kann nur eine Jungfrau wie Venia sicher über die Brücke treten zu meinem Clan.", log ich und hoffte, dass Richard auch dachte, dass Venia noch Jungfrau war. Ich wusste ja nicht ob sie es war. Wenn sich Hagen oder dieser andere bereits zu ihr gelegt hätte und Dreuven wüsste das, so würde es meine Glaubwürdigkeit deutlich einschränken. „Nun..." „Oder du trittst meine Bräuche und Traditionen mit Füßen und meine Gunst hat sich für alle die hier leben erledigt.", erklärte ich und er schluckte. „Hagen?" „Mmh?" „Lass Venia los, sofort!" „Aber Rich..." „SOFORT!", Hagen wich von Venia und sie sah mich dankbar an. „Abgemacht, Richard Dreuven?", wollte ich wissen und streckte meine Hand aus. Er schluckte und trat näher. „Möge der Herr mir vergeben... abgemacht!", er schlug ein und ich grinste breit. „Nun, es ist spät ich möchte noch vor Morgengrauen in der Heimat sein. Man sieht sich.", ich drehte mich um und ging.

Gerade als ich den Burghof verlassen wollte hörte ich Laufschritte. „Wolf! Warte!", sie trat neben mich und ich hielt an. „Was war das?" „Was?" „Du... du hast binnen zehn Minuten geschafft, was ich in den letzten Jahren nicht erreichte! Richard folterte mich teils, wollte mich nun mit Hagen verheiraten und du..." „Ich habe ein Druckmittel... meine Kraft. Nun... mit irgendjemandem muss ich hier nun einmal reden und du scheinst mir die angenehmste Person zu sein. So... sieh es als Bezahlung. Du wirst dich in Gefahr begeben. Du wirst wohl oft zu mir reisen müssen.", bemerkte ich. „Aber... ihr Dämonen könnt mich doch nicht riechen." „Also bitte... glaub doch diesen Mist nicht. Eine Jungfrau nicht riechen... das mit der Jungfräulichkeit... nur ihr Menschen gebt dem Ganzen solch magische Bedeutung. Sieh es... ja... als Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten, als meine Beileidsbekundung von diesem furchtbaren Bruder und als Aufwandsentschädigung für die Zukunft.", lächelte ich. „Nun... danke, Wolf... wirklich... vielen Dank... du rettest mir das Leben! Ich muss Hagen nicht heira... ICH MUSS HAGEN NICHT...", ein breites Grinsen überzog ihr Gesicht. Sie fiel mir um den Hals und verwirrt hielt ich sie. „Danke! Danke!", wimmerte sie. „Ähm... gern geschehen?" „Danke, Wolf! Tausend Dank!", lächelte sie und löste sich. „Ich könnte dich küssen, wäre das kein Hinrichtungsgrund. Mach es gut. Wir sehen uns hoffentlich bald!", lächelte sie und schien völlig euphorisch. „Wann soll ich das nächste Mal zu dir kommen?", lächelte sie. „Nun, du kannst bei der nächsten Lieferung kommen. Die erwarte ich so bald wie möglich.", lächelte ich. „Werde ich, Wolf. Ich sorge selbst dafür, dass es die besten Fässer sind.", lächelte sie und winkte mir, als sie ging. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen verließ ich die Burg und ging in die tierische Gestalt. Schon komisch... ich hatte einem Menschen was Gutes getan... und mein Herz fühlte sich leichter an!

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt