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Erst als ich mich aus meiner Trance löste bemerkte ich die grauen Augen, die auf mir ruhten. „Entschuldige.", lächelte ich und schüttelte den Kopf um ihn wieder frei zu bekommen. „Nein, nein. Schon in Ordnung. Du sahst so... glücklich aus. Woran dachtest du?", lächelte sie. Ich seufzte und setzte mich auf mein Bett. „Ach, nur an Früher. Als ich noch Niala, Tochter des Wotan war! Und nicht... der schwarze Wolf...", bemerkte ich. „Du möchtest doch Wolf genannt werden." „Ja. Weil meine Familie nicht mehr da ist um mich so zu nennen.", erklärte ich. Sie sah etwas unschlüssig herum. „Du kannst dich auch ruhig zu mir setzen.", bemerkte ich. Sie nickte und setzte sich in gebührendem Abstand auf mein Bett. „Ich mag deinen Namen... ich finde der Name Niala... ist schön.", lächelte sie. Ich sah sie verwirrt an. „Ähm... danke? Ich finde den Namen Venia auch sehr schön...", ein Donnern hallte über uns. „Verdammt... es donnert wie wild. Ich fürchte, du wirst die Nacht hier verbringen." „H... H... Hier?" „Also nicht hier im Sinne von in diesem Zimmer aber... nun... doch. Ich fürchte du wirst hier schlafen müssen. Ich werde selbstverständlich vorne schlafen. Im Hauptraum." „Wieso nicht bei den anderen?" „Nun, Laila teilt ihr Bett bereits mit ihrem Bruder und ich kann mich nicht erweichen den schnarchenden Luan in meiner Nähe schlafen zu sehen. Ora bezieht mein altes Bett und ich lag dort zwar schon mit jemandem aber da müsste man sich wohl sehr zusammendrängen.", erklärte ich. „Mit wem teiltest du denn das Bett?" „Ach... mit meiner Exverlobten. Es ist... eine lange Geschichte die in einem Verrat endete. Und ich bin am Ende der Idiot.", brummte ich und sie nickte. „Komm, wir gehen wieder vor. Ich rieche Oras Eintopf. Der ist gut!" „Ich weiß. Ich kam ja schon in den Genuss." „Der bestand aus Pökelfleisch! Der ist aus frischem Fleisch.", grinste ich und ging voraus.

Es war ungewohnt mit so vielen zu tafeln, nach all der Zeit. Heute saßen sogar die Füchse mit am Tisch und beobachteten die Rarität, die zu meiner Linken saß. Venia waren die Blicke sichtlich unangenehm doch ignorierte sie diese so gut sie eben konnte. „Sag mal Mensch, wie ist das so? Also... wenn alles einen umbringen kann?" „W... Was?" „Laila...", knurrte ich. „Was denn?" „Wie... wie? Was bringt mich um?", wollte sie wissen und ihre grauen Augen blinzelten Laila verwirrt an. „Ja... ein entzündeter Schnitt, eine giftige Beere, ein Tier und schon ist man tot! Ich meine...", sie stand auf und nahm ihr Messer. Aufmerksam beobachtete ich sie um einen Angriff auf Venia zu verhindern. „Ein normales Messer... gut vielleicht etwas spitz. Da ein gewisser Wolf aus Langeweile gerne Messer schleift. Ein Schnitt an der Kehle würde dich umbringen, gut das wäre wohl auch mir und unserem Wolf hier unangenehm aber...", ich keuchte auf und kratzte über den Tisch. „Verdammte...", knurrte ich während Laila das Messer direkt unter meinem Schulterblatt stecken ließ. Natürlich genau da, wo ich nicht hinkam. „Ich demonstriere nur etwas.", lächelte sie und zog es heraus. „Siehst du? Dem Wolf tut das gar nichts.", noch bevor ich reagieren konnte steckte das Messer wieder in meinem Rücken. „Lass sie doch in Ruhe!", bat Venia. „Ach, der geht es gut. Stimmt's, Wolf?", sie zog das Messer aus meinem Rücken, wischte das Blut mit meinem Hemd ab und grinste mich schelmisch an. „Nein! Mein Hemd ist ruiniert.", knurrte ich und sie lachte auf. „Aber alles in Allem wird sie in einer Stunde nicht einmal mehr einen Kratzer haben... wobei das bei ihrem Rücken eh nichts ausmachen würde. Voll mit Kratzern, Bissen, Narben und Blessuren.", grinste sie und setzte sich wieder. „Ja... mich hätte sowas umgebracht. Aber... ich kenne es ja nicht anders aber... Wolf, warum hast du so viele Narben?" „Ach, Kleinigkeiten." „Kleinigkeiten... sie sind doch alle dämonischer Herkunft.", grinste Laila. „Nicht alle. Fast. Die kleine Runde... die links ab meinem unteren Rücken, die stammt von einem Sturz als Kind vom Baum. Die an meinem rechten Schulterblatt stammt von einem Sturz von einer Klippe... oder eher einem Sprung. War Klippenspringen und ich hätte wohl vorher überprüfen sollen, ob das Wasser tief genug ist.", bemerkte ich. „Und... und woher kommen die dämonischen?" „Ach das..." „Oh, von allerlei Dämonen! Niala, leg dich mal auf den Bauch, zeigen wir doch..." „Ich ziehe mich hier nicht aus.", knurrte ich. „Pff... dabei kannst du dich doch ruhig sehen lassen.", lächelte Laila. „Also, einige stammen von Ratten. Die Meisten. Ein paar auch von Wildschweinen, Hasen, Hirschen und von Kratzern einer Katze. Ich habe doch keine hinterlassen, oder?", lächelte Laila. „Nein..." „Ja. So viel ich weiß hinterlassen nur die Katzen ihre Spuren beim Liebesspie...", ich unterbrach sie in dem ich auf den Tisch schlug. „Genug! Ich will nun nichts mehr hören davon!", knurrte ich. „Ach Wolf... Du bist so ein Langweiler.", belächelte sie mich, aß aber weiter.

Nur noch ich und Venia saßen da. Sie wagte es nicht von meiner Seite zu weichen. Ich schützte sie, das wusste sie. „Ähm... Wolf... Die Narben... sieht dein Rücken wirklich so schlimm aus?", wollte sie wissen. Ich seufzte. „Ja... also... ich hab ihn mir mal im Spiegel angesehen... mein Rücken sieht recht... nun Laila sagte mal geschichtsträchtig aus. Er zeugt noch von der schwarzen Nacht aber man muss wirklich auf die Narben achten. Auch auf meinem Bauch und meiner Brust habe ich Narben ich... ich bin nun einmal die einzige Überlebende der schwarzen Nacht... entsprechend sehe ich nun einmal aus.", ich seufzte und füllte mir noch etwas Met ein. „Von allen Problemen die ich habe, die Narben sind keines. Ich gebe zu, Laila war die erste Frau mit der ich nach der schwarzen Nacht wieder schlief... Sie hat sich nicht über die Narben beschwert und ich bezweifle auch, dass es nach ihr noch jemand tun wird. Somit stellen meine Narben kein Problem dar. Sie heilen auch wie die noch gesunde Haut...", bemerkte ich. „Aber... diese Narben... wie... ich...", sie ergriff meine Hand und ich ließ es zu. „Hier! Eine lange Narbe an der Schlagader! Wie kannst du das überleben?", wollte sie wissen. Ich seufzte. „Ich gebe zu, trotz meines dämonischen Blutes hatte Rakura sicher nicht mein direktes Überleben geplant! Sicher wollte er mich tot sehen. Er wollte wohl, dass ich noch etwas an den Bergen der Leichen vorbei kriechen kann bevor ich zusammenbreche. Mein Vater war besiegt, unser ganzer Clan war tot als mich Rakura packte und.. und auf einen Felsen schmetterte. Mein Körper... es fühlte sich grausam an. Nur einen Moment, ich wurde sofort ohnmächtig aber für einen ganz kurzen Moment spürte ich wie all meine Knochen zerbarsten. Da ich allerdings ruhig da lag in meiner Ohnmacht und der Vollmond mir wahrscheinlich wohl gesonnen war heilte ich zusammen. Ich erwachte nach Mitternacht und... meine Verlobte stand vor mir und warf mir den Ring ins Gesicht. Sie bemerkte, ich sei ja nun ohne Wert für sie. Als Abschiedsgeschenk sagte sie mir nur noch, dass die Ratten auf dem Weg ins Men... zu meiner Mutter und meiner Schwester waren. Ich rannte wie wild und schaffte es nur noch meine Mutter sterbend aufzufinden und Ora da raus zu holen...", erklärte ich. Venia sah mich an und strich sanft mit ihrem Daumen über meine Hand. Ihre grauen Augen ruhten auf mir. „Lebte deine Mutter nicht in deinem Clan?" „Nein... sie lebte woanders.", bemerkte ich und sah zur Seite. Bevor sie weiter fragen konnte musste ich das Thema wechseln. Wir mussten nicht zwingend auf mein unreines Blut zu sprechen kommen. „Du hast es mir bis heute nicht erzählt, wieso dein Bruder dich gefoltert hat? Was genau kann man ihm sagen um ihn dazu zu bringen die eigene Schwester zu misshandeln?", wollte ich wissen. „Ich weiß nicht, wieso ich dir das überhaupt erzählt habe... es ist... du würdest es wohl nur belächeln aber... bei uns Menschen sind die Regeln ganz anders! Dabei habe ich noch gar nichts getan nur Richard gesagt dass ich... nun, Richard ist eben auch sehr der Kirche zugetan wie alle und... nun... nach den Regeln strafte er mich sogar noch sanft...", hauchte sie. Ich sah sie verwirrt an, immer noch ihre Hand haltend. Ihre grauen Augen sahen so furchtbar verletzlich aus und ich hatte irgendwie den Wunsch das Menschenmädchen zu schützen. „Venia, du kannst es mir ruhig erzählen. Du bist nun mit mir verbündet. Du siehst, ich habe Macht. Sieh, wie schnell ich alle Hochzeitspläne zunichte machte.", lächelte ich. Sie sah mich an. Ihre grauen Augen funkelten. „Also, Venia, erzähl es mir doch."

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt