26

974 74 3
                                    


Als ich erwachte war der Tag bereits soweit vorangeschritten, dass ich schon wieder im Schatten versank. Die Füchse waren fort und ich bereitete mich auf die Nacht vor. „Niala? Gehen wir wieder zu den Menschen oder bleiben wir hier?", wollte sie wissen. „Bleiben wir hier. Ist mir lieber.", erklärte ich. „In Ordnung.", bemerkte Ora und ich warf einige Kräuter in das Lagerfeuer vor der Höhle um meinen bald menschlichen Geruch zu verbergen. „Wenn die Menschen kommen?" „Dann töten wir sie... Nach wie vor sind wir stark! Auch... wenn uns die dämonische Seite verlässt.", erklärte ich. Ora machte der Neumond kaum etwas aus. Ihre dämonische Seite war nicht so ausgeprägt wie die Meine. Ich hatte einen sehr starken Kräfteeinschnitt bei Neumond. Und so musste ich ausharren. „Niala? Kommst du soweit zurecht?" „Willst du gehen?", wollte ich wissen. „Nein. Aber ich frage eben. Nicht, dass du irgendetwas vergessen hast.", bemerkte sie. „Ich vergesse nichts. Nicht an Neumond.", erklärte ich und sah hinauf zum Himmel. Vielleicht noch zwei Stunden als Dämon... dann wäre ich menschlich... „Denkst du, es wird Probleme geben?" „Nein. Aber wirf frische Kräuter und Gräser ins Feuer. Damit alles nach Rauch stinkt. Du weißt, mein menschlicher Geruch.", erklärte ich und Ora nickte. „Wir wollen keine Besucher.", brummte ich. Wie ich Neumonde doch hasste...

Ich sah zum Himmel hinauf. Sah, wie er sich immer dunkler färbte bis ich einen tiefen Seufzer tat. Mein Körper wog schwerer. Die Gerüche um mich wurden dezenter und schwerer wahrzunehmen bis ich manche Gerüche, wie die eines Hasen im Wald, nicht mehr ausmachen konnte. Die Welt um mich wurde dunkler und ich konnte nicht mehr genau sehen, was sich in manchen Schatten verbarg. Ich strich mir über den Kopf und fand dort wie erwartet nur mein Haar vor. Meine Ohren waren an der Seite und menschlicher Herkunft. „Na?", lächelte Ora und setzte sich neben mich. „Ich hasse es..." „Ich weiß. Aber so wie du jetzt fühle ich mich meist." „Geht der Neumond an dir unbeschadet vorbei?" „Nein. Auch ich fühle mich schwächer aber ist es nicht der Rede wert.", lächelte sie. „Gut... zumindest etwas.", murrte ich. „Gehen wir rein? Ich dachte mir, du hilfst mir heute mal mit dem Kochen. Du bringst mir das Kämpfen bei, damit ich mich in deiner Abwesenheit verteidigen kann. Vielleicht sollte ich dir das Kochen beibringen, damit du dich in meiner Abwesenheit versorgen kannst.", lächelte sie. „Willst du mich verlassen?" „Nein. Keine Angst. Wohin soll ich denn? Aber wenn ich mal bei den Menschen bin muss ich dann nicht immer vorkochen.", lächelte sie und stockte. „Was ist?" „Hör.", forderte sie und ich lauschte mit fast tauben Ohren. „Ich höre nichts." „Weil du bei Neumond taub bist. Da sind Leute! An der Brücke!" „An der Brücke? Dämonen?" „Nein... Menschen.", erklärte sie und horchte. Ich stand auf und zog Lokis Dolch. „Die schnapp ich mir!" „Niala! Es ist Neumond!" „Wie viele sind es denn?" „Puh... keine Ahnung. Drei? Vielleicht mehr. Wahrscheinlich mehr, Niala bleib hier!" „Nein! Wenn sie hier her kommen, jetzt, dann haben wir beide ein großes Problem! Bleib du hier! Ich kümmere mich darum!" „Niala, nein! Das ist eine dumme Idee! Du bist schwach!" „Ich bin stark! Nur bin ich nun kein starker Dämon aber immer noch ein verdammt starker Mensch!", erklärte ich und kämmte mir schnell mit den Fingern das Haar über die Ohren. Dann huschte ich los.

„Wir müssen weiter in den Wald!" „Nein! Den Fluss abwärts!" „Aufwärts, du Idiot!", knurrte wieder ein anderer. Drei oder mehr... Mehr war noch untertrieben. Drei die aussahen, als hätten sie Befehlsgewalt und einige Soldaten auf der Brücke. Die drei hatten eine Brosche in Form eines Wappens oder dergleichen, bei Neumond waren meine Augen schlecht. „Der meinte doch Flussabwärts." „AUFwärts!" „Abwärts!" „AUFWÄRTS!", stritten sich die anderen beiden, während der dritte auf einen Zettel starrte. Auf der Brücke warteten gut zwanzig Männer mit einem Karren. Auf diesem waren so viel ich sah Fässer. „Der Mistkerl... von wegen er kann schreiben! Das sind doch keine Buchstaben!" „Dämonen haben keine Schriften und..." „Hey! Hey! Wer ist da!", rief der dritte in meine Richtung, der von dem Zettel aufgesehen hatte. Verdammt. Laufen wäre zwecklos. Ich musste sie in die Flucht schlagen. „Was tut ihr hier?", knurrte ich, was weitaus weniger bedrohlich klang als ich es gerne gehabt hätte. Verdammter Neumond. „Verpisst euch sofort von unserer Seite!", brüllte ich. „Oder was? Sieh dich um, wir sind mehr als du!", grinste einer der Anführer und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich trat selbstbewusst näher. „Wie viel seid ihr denn? Fünfundzwanzig? Ihr seid in der Unterzahl. Euch habe ich binnen zwei Minuten getötet. Aber heute ist mir nicht nach Blut also geht, bevor ich es mir anders überlege.", knurrte ich. Die drei sahen sich an. Überlegten bis einer nickte. Ein stummes Zeichen... nur für was? „Vergiss es. ANGRIFF!", brüllte er und alle Soldaten sprintete von der Brücke. Verdammt... weglaufen würde ihnen meine Schwäche zeigen und sie dazu bringen weiter in den Wald vorzudringen und vielleicht würden sie in mein Lager finden. Ich musste kämpfen... nur wie? Ich hielt den Dolch fest. Hoffte, dass meine dämonische Seite noch nicht zu weit zurück gewichen war. Der erste Soldat erreichte mich. Sein Schwert schwang nach mir und ich wich zur Seite bevor ich meinen Dolch mit aller Kraft in seine Schulter schlug. Zu meinem Erschrecken schaffte ich es nicht die Klinge durch seine Schulterplatte zu treiben. Die Klinge rutschte einfach am Eisen ab. Der Soldat grinste und schlug mir mit dem Handrücken seiner linken Hand ins Gesicht. Keuchend taumelte ich wo mich ein anderer Soldat packte. Ein weiterer kam dazu und beide hielten meine Arme fest, während ich zappelte. Verdammt... „Ha... Habt ihr sie?", wollte einer der Anführer wissen. „Ich... Ich glaube schon... ja!", grinste einer der Soldaten und sah mich ungläubig an. „Legt sie schon in Ketten! Bringen wir sie Dreuven! Er wird sie uns mit Gold aufwiegen!", grinste einer der Anführer und man schleppte Ketten an. Ich wand mich in ihren Griffen. „Lasst mich los, ihr Bastarde oder ich bringe euch um!", brüllte ich. „Vergiss es, Kleine.", einer der Broschenbesitzer trat zu mir und riss mir den Dolch aus der Hand. „Schöne Handwerkskunst. Es macht dir doch nichts aus, wenn ich ihn an mich nehme, oder?", grinste er. „Gib ihn mir sofort zurück!", brüllte ich bevor man mich in Ketten legte. "Seht zu, dass sie fest ist! Vergesst nicht, dass wir einen Dämon vor uns haben! Bringen wir sie zu Dreuven! Er liebt es doch so, die Dämonen leide zu sehen.", lächelte er und man knebelte mich, bevor man mich über die Brücke auf die Menschenseite schleifte.

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt