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Am nächsten Tag trainierte ich beinahe nur. Ora hatte recht. Ich war zu schwach geworden. Ich musste wieder zu neuer Stärke finden. Mein Großvater Yasha hatte meinem Vater einst prophezeit, dass sein erstgeborenes Kind seine Stärke erben würde. Und ich konnte den mir unbekannten Großvater ja nicht enttäuschen. Ebenso floss Vaters Blut stark in meinen Adern. Schwäche wäre eine Beleidigung an meine Dämonische Seite!

„LAILA! LAILA! WOLF!", hörte ich panisch und sprang auf. „Fuchs!", fing ich den Laufenden auf und sah ihn an. „Was ist los? Wo ist Ora?", wollte ich wissen. „Wir waren am Markt! Und dann kamen Leute! Haben kontrolliert, Ora hinter ein Zelt gezogen und dann... dann... dann kam sie nicht wieder. Ich habe nachgefragt und sie meinten nur, ich solle mich verpissen. Ich habe Ora nicht wieder gesehen!" „Wie sahen diese Menschen aus?", wollte ich wissen. „Ähm... sie trugen ein Wams mit einem Wappen darauf... Rot und schwarz... in der Mitte ein Schwert!" „Was? Und du hast sie Ora mitnehmen lassen?", knurrte ich. „Ich wusste nicht, dass sie sie mitnehmen! Ich... ich habe es nicht mitbekommen... erst als... als ich nachgefragt habe...", stotterte er. „Und du bist ihr nicht nach?" „Ich... ich wollte... ich wusste nicht...", ich packte ihn am Kragen und zog ihn näher zu mir. „Du Mistkerl hast meine Schwester den Dämonenjägern überlassen? Dreckiger Bastard! Sag mir sofort genau was geschehen ist oder...", gerade als ich meine Faust hob wurde sie ergriffen. „Finger weg von meinem Bruder. Haben wir uns verstanden?", knurrte die Füchsin. Mürrisch ließ ich ihn los. Ich hatte zu wenig Verbündete um es mir mit der Füchsin zu verscherzen. „Wo ist Ora? Wo hast du sie verloren?", knurrte ich. „In... in einem kleinen Dorf... eine Stunde vom Fluss entfernt ich... ich...", stotterte er weiter. Ich seufzte. „Füchsin, bleib du hier, du siehst zu auffällig aus. Ich gehe.", knurrte ich und packte meinen Dolch und meinen Umhang, bevor ich los rannte und mich noch im Lauf verwandelte.

Wie wild rannte ich dem Geruch meiner Schwester nach. Zwei Geruchsspuren gab es vom Fuchs. Eine schwache und eine stärkere. Der Hin- und der Rückweg. Das Dorf war nach einer guten Stunde gefunden und ich ging in menschliche Gestalt über. Schnell zog ich mir die Kapuze über den Kopf und ging schnellen Schrittes ohne zu Zögern zu den Menschen. Es widerstrebte mir unter Menschen zu sein doch irgendwo war hier meine Schwester. Ärgerlicherweise stank hier alles nach Schwein, Rind und allem möglichen Nutzvieh sowie Dreck und Krankheit... die Menschen waren ja ständig krank... Es roch nach den Pocken, nach der Pest und nach Grippe... furchtbar. „Hey!", griff ich mir einen Mann, der halbwegs wie eine Wache aussah. „Was willst du, Mädchen? Suchst du deinen Mann?", wollte er wissen. „Gab es hier heute einen Übergriff von Dämonenjägern?" „Ja... zwei. Erst haben sie einen Rattendämon erwischt. Er wollte hier Feuer legen oder dergleichen... Bestien... dann ein Mädchen. Sah ganz unschuldig aus aber... du wirst es mir nicht glauben, sie war ein Dämon! Aber sie hatte keine animalischen Ohren! Aber die Jäger haben sie erwischt.", grinste er. „Und wo ist der Dämon?" „Die Ratte haben sie an Ort und Stelle getötet. War nicht leicht... ein Kampf sage ich dir! Aber das Mädchen haben sie mitgenommen... ich weiß aber nicht wieso... sie hätten sie ja auch einfach töten können...", bemerkte er. „Ja und WO ist sie?" „Ich weiß nicht... was geht es dich überhaupt an?", wollte er wissen. Ich hatte keine Lust ihn zu befragen also packte ich ihn einfach und zerrte ihn hinter ein Haus. „Hey! Loslassen!", knurrte er überrascht von meiner Kraft. „Du sagst mir jetzt alles was du weißt.", knurrte ich. „Mmh... Kleine... ich denke wir können schon einen Handel finden. Wir haben etwas Spaß und ich sag dir was ich weiß.", grinste er. Wie ich Menschen doch verabscheute... „Besserer Vorschlag. Du sagst mir alles oder ICH habe Spaß.", grinste ich. „Klingt gut!", lächelte er unwissend, was ich unter Spaß verstand. Ich seufzte, packte seine Hand und drehte sie herum. Ich war selbst erschrocken wie schnell sie brach. Menschen waren so furchtbar zerbrechlich... Bevor er schreien konnte drückte ich ihm meine Hand auf den Mund. „Ich erspare dir das fragen. Bei dem Dämonenmädchen handelt es sich um meine kleine Schwester. Ich habe kein Problem damit dir die Haut abzuziehen und sie selbst zu tragen um Einlass bei den Jägern zu finden. Oder du rettest dich selbst und sagst mir, wo sie ist.", erklärte ich. Er nickte gehorsam. „Verdammt... sie haben eine Burg hinten weit im Wald. Da...", er deutete in eine Richtung. „Ich danke dir. Wieso nicht gleich so?", grinste ich und verpasste ihm einen, für meine Verhältnisse, leichten Schlag, damit er ohnmächtig wurde. Dann rannte ich weiter.

Es war bereits dunkel als ich das Lager vorfand. Sie hatten es wohl noch nicht in die Burg geschafft, denn sie saßen um ein Feuer. Gut zwanzig Männer in Rüstung und mit Wappenrock. Auf den Bannern trugen sie ein gevierteltes Wappen. Zwei viertel dunkelrot, wie ihre Wappenröcke, zwei gräulich. In der Mitte ein schwarzes Schwert. Ich schlich gebückt durchs Dickicht und erspähte einen Karren mit einem Käfig darauf. Eine einzige Zelle in der eine Gestalt zusammengekauert saß. Die Gitterstäbe glänzten Silbern im Mondlicht. Dem Geruch zu Urteil war es Ora, die dort drin saß. Mochte sein, dass sie die Gitter nicht aufbekam. Doch für mich war es kaum ein Problem. Silber war bei meiner Stärke kaum ein Problem. Selbst die Fesseln hatten mich einst nur kurze Zeit halten können. „Gehen wir sofort zu Dreuven!" „Ach was! Je länger wir brauchen desto mehr Gold wird rieseln! Wir erzählen dem einfach, dass wir kämpfen mussten! Wozu will er die eigentlich? Ich meine... was ist sie überhaupt für eine?" „Ein Wolf. Schwer zu erkennen, ich weiß, aber die spitzen Eckzähne und die Haarfarbe... als Ratte säh sie anders aus. Als Katze wäre sie zumindest blond oder so..." „Ja aber gibt es hier Wölfe?" „Keine Ahnung! Dreuven hat was erzählt. Und diese Ratte, die wir mal gefangen hatten. Von diesem Phantomwolf." „Das soll er sein?" „Was weiß ich. Selbst wenn nicht ködern wir damit den anderen Wolf.", grinste ein anderer. Ich schlich zu Oras Zelle bis ich mich hinter de Karren verstecken konnte. „Ora!", zische ich uns sie sah mich an. „Niala!" „Ganz ruhig. Kannst du hier raus ohne, dass sie dich bemerken?" „Ich... ich bekomme die Gitter nicht auf...", erklärte sie. Ich nickte und griff einen Gitterstab. Ich drückte an die obere Seite und riss das untere Stück hinaus. „War da was?", hörte ich die Männer und erstarrte. „Schon zu viel gesoffen?", lächelte der andere und ich machte weiter, bis genug Platz war, damit Ora hinauskriechen konnte. „Und jetzt weg!", hauchte sie. Ich nickte. „Geh vor. Wir treffen uns vor der Brücke. Ich bringe denen hier noch Respekt bei.", schickte ich Ora vor und ging vor die Männer. „So, meine Herren. Wer wagt es meine kleine Schwester zu entführen?", grinste ich. „Was?", die Männer sprangen auf und zogen die Waffen. „Meine Schwester. Die, die ich da gerade herausgeholt habe. Das gefällt mir gar nicht.", grinste ich. „Du bist..." „Ihr nanntet mich den Phantomwolf. Aber ihr werdet keine Zeit mehr haben mich zu nennen.", grinste ich und sprang auf den ersten los. Noch im Sprung ging ich in Gestalt eines Wolfes.

Noch immer wischte ich meinen Mund vom Blut sauber als ich zu Ora trat. Sie folgte mir wortlos über den Fluss und in den Wald. „Wie kam es dazu?", wollte ich wissen. „Sie haben mich kontrolliert und ehe ich es mir versah hatten sie mich in Ketten gelegt... ich konnte mich nicht befreien!", erklärte sie. „Hörte ich... wie haben sie dich kontrolliert?", wollte ich wissen. Ora seufzte und sah ihre Handfläche an. „Mit einem kleinen Schnitt in die Hand. Der Schnitt heilte sofort und sie nahmen mich fest.", erklärte sie. Ich seufzte. Ja... schnelle Wundheilung war ein sicherer Indikator für einen Dämonen. „Haben sie dir was getan?", wollte ich wissen. „Nein... nur festgenommen. Ich wollte mich ja wehren aber sie... zu schnell hatten sie mich in Ketten gelegt... Sie erzählten von einem Grafen. Graf Richard Dreuven, der wohl die Dämonenjäger ins Leben gerufen hat. Anscheinend steht unter ihnen noch ein Offizier oder dergleichen... Franziskus. Wenn ich mich nicht irre heißt er Franziskus von der Wildwiese.", erklärte sie. Ich nickte und sah sie an. „Ora, ist schon gut. Das heute war nicht deine Schuld. Geh schlafen.", riet ich als wir das Lager betraten. Sie gähnte und nickte. Sie war hundemüde. Und ich... ich musste mir überlegen wie ich die Menschen fern hielt.

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt