Als die Sonne aufging war ich bereits bei der Arbeit und schnitzte breite Äste an. „Was machst du, Niala?", wollte Ora wissen als sie heraustrat. „Ich schnitze Spieße." „Für?" „Köpfe. Menschenköpfe." „Niala!" „So halte ich doch auch die Ratten fern! Und die Menschen auch. Du weißt, es ist besser für sie, wenn sie sich vor mir ängstigen als wenn sie herkommen und ich sie umbringen muss.", erklärte ich. Sie nickte. „Niala... du könntest dich doch mit Elder verbünden!" „Wir sind ja verbündet." „Ich meine du und Elder! Ihr könntet euch mit den Wildschweinen verbünden! Wie hieß der, den du getroffen hast? Mirden! Du, Elder, die Wildschweine und dann würde auch Bella nachzie..." „NEIN!", erklärte ich sofort. „Du verstehst das nicht... Elder... sie sind nicht stark genug! Die Katzen würden uns nur folgen, wenn wir eindeutig die stärkere Position hätten und... ich weiß nicht einmal ob es klug wäre mit den Katzen zu paktieren. Es sind doch Verräter! Elder... Ratten sind meist nicht in Stämmen. Und sind sie es... so scharen sie sich um einen klugen oder starken Anführer. In diesem Fall der kluge Elder. Und die, die sich scharen sind schwach. Zu schwach um allein zu sein.", erklärte ich. „Mirden ist kein Anführer. Angeblich gibt es einige Stämme aber... nun die haben sich Rakura auch untergeordnet. Rakura ist nicht dumm, er wird einige der Kinder der Anführer mit hohen Ratten seiner Armee verheiratet haben. So einfach ist es nicht. Und Mirden... Mirden selbst ist ein Einzelgänger. Über ihn komme ich an niemanden und ich wüsste nicht einmal, wo ich ihn nun finde. Da müsste ich Elder fragen und... Ora, wenn ich mich jenseits der Berge blicken lassen, ohne Grund der Rakura bekannt ist... er würde ein Massaker dort anrichten, wo ich war. Der Tod klebt an mir und ich ziehe ihn mit mir.", erklärte ich und musste an meinen Traum denken... wenn der Traum real gewesen war... oder zumindest die Wahrheit gezeigt hatte... so... so hatte Großvater Yasha einst Vater die schwarze Nacht prophezeit. Zumindest hoffte ich das... denn ich konnte mir nichts schlimmeres als diese Nacht vorstellen. Ora sah mich traurig an. Ich steckte das Messer weg und legte den Spieß beiseite. „Hast du gewusst, dass es eine Gruft der Wölfe gibt?", lächelte ich um sie abzulenken. „Eine... eine Gruft?" „Ja... ich war da seit Jahren nicht... ich war dort einmal mit Vater als er mir das Grab unseres Großvaters zeigte. Er sah unserem Vater sehr ähnlich, weißt du das?", lächelte ich. „Hast du ihn denn schon einmal gesehen?" „Ja... nie in Fleisch und Blut aber... letzte Nacht im Traum und... komm mit.", lächelte ich und zog Ora hinein. Die Füchse schliefen noch. So konnte ich es Ora ungestört zeigen.
„Die Gruft. Vater hatte nie viel davon gehalten. Er hatte mich damals hier her geführt und mich gebeten ihn nicht dorthin zu bringen. So verschlossen wir die Gruft... Aber... ich denke es wird Zeit, dass du die Familie kennen lernst.", lächelte ich, führte sie in die Vorratskammer, verschloss die Tür hinter uns und begann die gemauerten Wände abzuklopfen. Es war einer der wenigen Räume die künstliche mit gemauert waren. Und bald hallte es hohl. „Hier.", lächelte ich, trat zurück und warf mich mit der Schulter voran gegen den Stein.
Eine Weile und eine blaue Schulter später war der Gang frei und ich trat ein. Schnell entzündete ich die Fackel am Eingang. Damit leuchtete ich ihr den Weg hinunter tief unter die Erde. Keine Spinnwebe war hier unten. Nicht einmal das Ungeziefer wagte sich an diesen Ort. Dieser Ort war allein den Wölfen vorbehalten. „Das ist er.", erklärte ich und leuchtete über einen steinernen Sarg. Darauf lag eine Statue, die Hände im Schoß gefaltet. Ora starrte es interessiert an. „Das ist..." „Yasha. Unser Großvater. Der Vater unseres Vaters.", lächelte ich. „Hier... seine Locken waren Braun. So wie die unseres Vaters. Mit ein paar grauen Haaren... aber wenige. Er hatte dieselben dunklen Augen wie unser Vater und hier...", ich strich über die leichte waagrechte Falte zwischen den Augenbrauen direkt in der Mitte über der Nase. „Die liegt in der Familie. Bei Sorgen bekommen wir genau die. Und Großvater Yasha hatte eine Menge gegen Ende.", lächelte ich und sah in das steinerne Gesicht meines Großvaters. „Wer ist er?", wollte Ora wissen und deutete auf den Mann daneben. Ich beleuchtete ihn besser und spickte auf den Namen darunter. „Agi... unser Urgroßvater.", lächelte ich und leuchtete die Reihen unserer Vorväter ab. Fünf denen man noch familiäre Züge zuordnen konnte. „Ururgroßvater Bjor. Dessen Vater, unser Urururgroßvater Glaedir und... der erste.", lächelte ich und beleuchtete die erste Statue. Alt war sie. Die einzige Statue die ein Schwert trug. „Der erste aus unserer Familie. Unser Ururururgroßvater Hjartan. Hjartan das Herz. Der Legende nach soll er ein Gigant gewesen sein. Und wie du siehst ist seine Statue gut 2,10 Meter lang. Sieh dir seinen Körper an! Stark und unbeugsam! Laut der Legende lebten viele einsame Wölfe hier wo wir nun leben, vor hunderten von Jahren. Hjartan... du musst bedenken... Früher machte ein Wolf sich erst einen Namen bevor er Kinder zeugte! Ein Dämon ist unsterblich solange er stark ist und nicht besiegt wird... oder er in dieser Welt nicht mehr gebraucht wird. Hjartan bekam seinen Sohn glaube ich erst im Alter von 300. Glaedir so viel ich weiß mit 100. Bjorn mit 90, Agi mit 80, Yasha hingegen bereits mit 40 und Vater Mitte 20. Ungefähr. Plus minus einige Jahrzehnte... Du musst bedenken, Hjartan starb so wie er nun in Stein gemeißelt ist. Sieh dir sein Alter an! Er wurde 460 Jahre alt! Und die ganze Zeit über sah er aus wie ein Mann von 30 Jahren. DAS zeigt die Stärke eines Dämonen nach außen hin. Nun gut... der Legende zufolge waren hier alle Wölfe einzeln und Feinde kamen von allen Seiten. Wölfe starben. Ein einsamer Wolf ist schwach. Im Rudel sind wir stark! Hjartan war der erste, der das bemerkte. Es gab kleine Banden. Die Bandenführer waren nicht dumm, dort gegenüber unserer Familie sind sie in den Särgen, da kannst du sie sehen! Doch sie sind nicht von unserem Blut. Der Legende zu folge gab es ein riesiges Gewitter. Es war dunkel, mitten in der Nacht bei Vollmond. Doch niemand sah den Mond. Schwarze Wolken verdeckte dicht den Himmel und Blitze zuckten durch die Luft. Die Welt schrie um Hjartan herum und es regnete in Strömen. Hjartan stieg hinauf auf den höchsten Felsen hinauf. Überblickte alles. Jeden Wolf sah er. Jeden Feind. Dann brüllte er hinaus. Brüllte die Rede des Hjartan... leider nicht überliefert. Doch diese Rede soll alle Wölfe berührt haben. Diese Rede soll den Wölfen das Rudelgefühl in die Herzen gesetzt haben wie wir es heute tragen. Hjartan ging in Gestalt eines Wolfes. Ein Wolf, doppelt so groß wie sie heute sind... wir wir heute sind! Er reckte den Kopf gen Himmel und heulte. Heulte hinauf zum vollen Mond und rief sie alle zu sich! Die Wolken verschwanden, das Gewitter wich und jeder Wolf im Umkreis schlich zu ihm herbei. Und oben auf der Klippe unter dem hellen Licht des Vollmondes rief er unser Rudel aus. Unseren Stamm. Unseren Clan. Er verkündete das sei unser Land! Und wir würden es mit unserem Blut verteidigen! Und... seither bestand der Clan.", lächelte ich und besah mir das Schwert. Eine lange, glänzende Klinge mit einer Rinne in der Mitte. Der Griff schimmerte leicht rötlich und ein roter Edelstein war in der Mitte des Griffs eingesetzt. „Und wieso hat er als einziger ein Schwert?", wollte sie wissen. Ich lächelte. „Das ist das Familienschwert. Eine Dämonenklinge. Ich weiß nicht genau woher sie kommt... Geschichte interessierte mich wenig... aber eines weiß ich... diese Klinge ist laut Legende die Stärkste auf dieser Erde!" „Und wieso trägt sie dann niemand? Wieso rostet sie nicht wenn sie schon so alt ist?" „Der Rost... Das müssten wir den Schmied fragen... ich weiß weder woher er käme oder eben wer er war. Eine Dämonenklinge... Nun... die Klinge verbindet sich angeblich mit der Kraft des Trägers. Ist der Träger stark genug, so ist er mit der Klinge unbesiegbar doch... würde ich sie nun tragen... so würde die Klinge mich zu Boden ziehen... mir schlimmstenfalls alle Kraft nehmen.", hauchte ich und strich sanft über das Metall. Meine Finger begannen zu kribbeln und schnell zog ich meine Hand zurück bevor sie gelähmt werden konnte. „Wow..." „Ja..." „Wie kann man die Klinge schwingen?" „Gar nicht... nicht einmal Vater konnte es... und er trug Funken im Fell..." „Funken?" „Ja. Wenn ein Dämon zu stark für seinen physischen Körper ist kann er zusätzlich zu seiner wölfischen Gestalt angeblich noch in die eines Wolfes aus Feuer werden. Damit ist er unbesiegbar und ich denk auch fähig diese Klinge zu führen aber... ich glaube nicht, dass das möglich ist. Nicht einmal Vater war es möglich und... er war von hohem Blut...", erklärte ich und trat ging wieder hoch. Für Halblinge war eine solche Legende unerreichbar und meiner Meinung nach auch für jeden vollwertigen Dämonen. Ora folgte mir. „Mauern wir wieder zu. Die Toten sind Besuch nicht gewöhnt.", lächelte ich.
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Das süße Gift: Der einsame Wolf
Fantasía2. Teil von "Das süße Gift" 1. Teil: Die Tochter des Wotan Nach der schwarzen Nacht, in der Niala nicht nur ihren Vater und ihren gesamten Clan sowie ihre Verlobte, sondern auch ihre menschliche Mutter verlor, steht die junge Halbdämonin vor dem Nic...