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Die Nacht war beinahe vorbei als ich bei Bellas Clan ankam. Doch ein Windhauch trieb mir ihren Geruch in die Nase. Sie war außerhalb ihres Clans! Nicht darin! Vorsichtig schlich ich hinterher doch meine Vorsicht war bald vergessen, als ihr Geruch deutlicher wurde. Ich hielt Lokis Dolch fest. Sie hatte versucht Venia zu ermorden! Als ich gesehen hatte... wie die Klinge an ihrem Hals lag... mir war das Herz stehen geblieben. Sekunden später und meine süße Venia wäre für immer fort gewesen! Ich wäre am Ende gewesen! Wie hätte ich ohne sie sein können?

„Bella...", knurrte ich als ich sie fand. Eine leere Flasche stand neben ihr und sie sah auf. Sie saß an einen Baum gelehnt. „Ah... habe schon befürchtet, dass mir dieses kleine Glück sofort vergolten wird.", bemerkte sie kühl und sah traurig vor sich her. Damit konnte sie meine Wut nicht zügeln! Ich hielt Lokis Dolch fest in meiner Hand. „Diese Menschen... ich roch sie und schickte eine Truppe hin. Ich konnte mich vor Freude kaum zügeln. Essen! Zelte! Kleidung! Alles, was wir noch brauchten. Und verdammt... meine Männer hatten es auch mal nötig einen Kampf zu gewinnen. Und dieses Mädchen... Venia? Das ist sie also. Pah! Ich hatte sie mir anders vorgestellt. Nicht so... gewöhnlich... gut die Augen vielleicht, grau ist recht selten aber...", sie schüttelte verständnislos den Kopf. „Was soll man sonst noch groß an ihr bemerken? Die Augen. Mehr nicht. Und selbst ihre Augen sind nicht so..." „Es ist mir egal, Hure.", ich trat ruhig näher. Es musste getan werden. Es musste einfach getan werden! Ich durfte nicht dran denken was ich tat sondern musste es nur tun, verdammt! Ich musste es tun! Ich musste! Ich musste! Ich musste! Sie wollte Venia töten! „Was willst du da...", sie stockte und sah auf den Dolch in meiner Hand, den ich langsam aus der Scheide zog. Er blitzte im Mondlicht. „Ah... ich sehe schon. Das willst du.", hauchte sie ruhig und gefasst. Ich trat näher. „Weil ich das Menschenmädchen beleidigt habe? Weil ich ihr einen Dolch an die Kehle gehalten habe? Oder weil ich die Wahrheit gesagt habe? Ist es schon so weit mit dir? Dass du auf ewig verloren bist? Wie schade.", bemerkte sie kühl und ruhig. Wie gefasst sie war... oder eben betrunken. „Weil du eine Gefahr bist für Venia. Und ich liebe Venia. Ich lasse nicht zu, dass du ihr auch nur ein Leid zufügst.", erklärte ich und trat weiter näher. Bella stand auf und sah mich nur stumm an. Ihre Augen waren gerötet. Es musste sein! Ich musste es tun! Schon viel zu lange hatte ich sie leben lassen! Und ich hatte tausend Gründe es zu tun. „Ach? Du bringst jemanden um, weil ich sie bedroht habe?" „Ja! Ich muss es tun..." „Ich verstehe. Ja du musst... mmh... du tötest mich, weil ich sie bedroht habe? Und du sagst du liebst sie?", lächelte sie. „Mit Leib und Seele... warum grinst du so?", knurrte ich. „Nichts. Habe mich nur an etwas erinnert.", lächelte sie. Ich ging auf sie zu und hob den Dolch. „Du hast Venia Angst gemacht! Wenige Sekunden mehr und... ich hätte sie für immer verloren...", ich biss die Zähne zusammen. Rief mir meine Panik ins Gedächtnis, als das Messer an Venias Kehle gelegen war. Ich packte Bella am Kragen, drückte sie an den Baum und das Messer an ihre Kehle. Dafür würde ich sie büßen lassen!

„DAFÜR BRINGE ICH DICH UM!", brüllte ich und drückte das Messer mit aller Kraft gegen ihre Kehle. Zumindest versuchte ich es. All meine Muskeln im Arm waren verkrampft. Bella hatte die Augen geschlossen. „Tu es.", hauchte sie und streckte ihre Kehle heraus. Verwirrt sah ich sie an. „Tu es schon. Es gäbe schlimmeres. Zumindest geschieht es durch deine Hand.", hauchte sie und atmete noch einmal tief durch. Sie hatte versucht Venia zu töten! Hatte sie ermorden wollen! Hatte mir mein ein und alles nehmen wollen! Ich musste sie töten! Es war meine Pflicht! Ich musste! „Es ist meine Pflicht dich zu töten!", brüllte ich. „Ich weiß.", hauchte sie und ihre Fingernägel gruben sich in den Baumstamm, an welchem sie lehnte. „Ich muss!", knurrte ich und wartete nur darauf endlich ihr Blut über meine Hand rinnen zu sehen. „Ich muss es tun! Ich... du hast Venia bedroht! Ich liebe sie ich..." „Bitte töte mich bevor du das nochmal betonst.", bat sie. Ich biss die Zähne zusammen. Ich musste sie töten! Ich musste es tun! Ich nahm das Messer weg, holte aus, zielte auf ihr Herz und stach zu.

Wieder... einen Zentimeter vor ihrer Haut verkrampften sich meine Muskeln. Ich konnte nicht! So sehr ich mich anstrenge, ich konnte nicht! Ich konnte nicht zustechen! So sehr ich es versuchte! Ich musste sie töten! Bella öffnete die Augen und sah mich an. Das blau darin war rot umrandet. Sie hatte wohl geweint. Doch Mitleid empfand ich keines. „Tu es doch endlich. Es macht mir nichts aus durch deine Hand.", hauchte sie. Ich biss die Zähne zusammen. Diesmal! Ich holte aus, Bella schloss erneut die Augen und ich stach zu. Erneut. Es war mir unmöglich. Ich konnte nicht! Bella war zum Sterben bereit! Ich könnte sie töten! Jetzt! Ich musste nur... Ich musste... Ich musste es tun! Ich wollte sie schon oft töten! Nun hatte ich die Möglichkeit dazu! Es war so einfach! Einfach jetzt... aber ich konnte nicht. Ich ließ sie los und versuchte mit beiden Händen ihr den Dolch ins Herz zu treiben doch selbst das konnte ich nicht! Unmöglich. „AARGH!", brüllte ich und fuhr herum, bevor ich davonstürmte. Ich spürte Bellas verdutzten Blick hinter mir, während ich fluchend und noch mit dem Dolch in der Hand davonging.

Voll Wut kam ich zuhause an. „Niala was..." „Nicht jetzt Ora....", knurrte ich und packte die Axt. Ora sah mich panisch an und folgte mir hinaus. „Ich gehe Holz hacken.", knurrte ich und sie sah mir verwirrt nach. Kaum war ich wieder im Wald begann ich die Axt in einen Baum zu schlagen. Ich hatte doch sonst niemanden! Ich war so verdammt wütend und hatte niemanden, dem ich die Faust ins Gesicht schlagen konnte! Bei meiner Wut würde ich ansonsten jemanden umbringen. Jetzt dürfte Rakuras Schoßhund gerne kommen! Heute würde ich ihm alle Knochen brechen. Was war nur los mit mir? Ich hätte sie töten sollen! Mein eigener Körper hatte mir diese Genugtuung nicht gegönnt! Wütend schlug ich weiter auf den Baum ein, dem bereits einige Stücke fehlten. Holzstücke trafen mich doch war mir das egal. Ich war wütend. Wütend auf mich, wütend auf Bella. Wütend, dass ich sie nicht hatte töten können! Knarrend gab der Baum auf und ich sprang zur Seite, damit er mich nicht erwischte. Schweiß lief mir herunter als ich immer mit einem Schlag einen halben Meter des Baumes entastete. Wir brauchten auch Holz! Und ich wurde so meine Wut los. Wütend schlug ich die Axt in das Holt um den Stamm zu kürzen. „Wolf wir haben eine Säge.", hörte ich und keuchend sah ich die Füchsin an. „Halt deine Schnauze.", knurrte ich. Sie seufzte. „Ach jetzt bereust dus? Naja rückgängig kann man es nicht machen. Hast du sie liegen gelassen? Naja wir könnten den Anstand haben ihre Leiche in ihr Lager zu bringen aber es wäre sicherer, täten wir es nicht. Wir könnten sie auch nur in den Fluss werfen aber... in Anbetracht ihres Standes, den sie mal bei dir hatte... beerdigen wir sie? Wenn du es bereust... wir könnten behaupten, wir hätten sie so gefunden und ihrer Beerdigung beiwoh..." „Nein.", hauchte ich und senkte den Kopf. Die Axt noch in meiner Hand. „Ich konnte es nicht...", hauchte ich. „Ich... ich habe es einfach... einfach nicht gekonnt... ICH KONNTE ES NICHT!", wütend warf ich die Axt. Laila duckte sich und die Axt knallte gegen einen Fels und zerbracht. „Na großartig... ich schreibe eine neue Axt auf die Liste für die Menschen.", bemerkte sie. Ich sah sie keuchend an. Ich war erschöpft. „Hau ab.", knurrte ich. Sie seufzte. „Ich wäre dir auch gar nicht näher gekommen. Aber deine Schwester kauert vor dem Kamin und schluchzt, dass du den schlimmsten Fehler deines Lebens gemacht hast. Und sie denkt, dass du spätestens in einer Woche alles bereust. Aber jetzt kann ich sie ja beruhigen.", lächelte sie. „Wieso beruhigen? Ich bereue es doch jetzt schon! Aber ich konnte nicht! Verdammt... wie viele Dämonen habe ich getötet? Wie viele? Selten mit Waffen! Meist mit bloßer Hand oder habe ihnen meine Zähne in die Kehle gerammt! Oder den Bauch aufgerissen! Es wäre doch noch zu sanft gewesen sie mit einem Dolch zu töten! Trotzdem... nicht einmal das konnte ich!", knurrte ich. „Mmh... Komm mit, Wolf.", bemerkte Laila und winkte mich ihr nach. Knurrend trat ich ihr hinterher.

Kaum waren wir in meiner Höhle ging sie zielsicher zu meinen Flaschen. Sie öffnete zwei Flaschen von meinem stärksten Schnaps und reichte mir eine. Missmutig hielt ich sie und sie stieß grinsend mit mir an. „Komm schon, Niala! Das könnte dein letzter Vollrausch mit blutjungen 20 sein.", grinste sie und begann zu trinken. Ich seufzte und trank mit.

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt