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„Das ist nicht dein Ernst, oder?", kam es von Laila als ich vor meinem Zimmer saß. „Mmh?" „Du riechst nach Mensch! Hast du das Bett mit ihr geteilt?" „Ich schlief auf dem Teppich und das sahst du!", knurrte ich. „Ich meine gerade. Ich rieche das doch! Bist du irre?", knurrte sie. „Nein. Laila, misch dich da nicht ein! Es war doch DEINE Idee, ich solle charmant sein!" „Ähm... nun... ja aber... aber ich meinte damit nicht so! Pass einfach auf, in Ordnung? Ein Dämon der das süße Gift trinkt wird unwillkürlich hineingezogen. Der kann sich dann auch nicht herauswinden! Also bitte, passe auf! Das süße Gift ist das schlimmste was einem Dämon geschehen kann!" „Mir kann nichts schlimmes mehr geschehen. Ach und Laila, die Karte!", knurrte ich und stand auf. „Ja... hier.", sie reichte mir die Karte und ich öffnete sie sofort. „Oh verdammt... das sind eine Menge Lager.", bemerkte ich und sah sie mir an. Gut zwanzig kleine Kreuzchen waren verzeichnet. Fünf größere und ein Kreis. „Der Kreis, was ist das?" „Rakuras Festung zwar nicht aber... irgendwie eine Grafschaft? Schwer zu beschreiben. Es ist recht groß und ein befestigtes Lager. Eine Festung. Ich habe mich nicht zu nah heran gewagt. Also bin ich von Weitem als Zuschauer geblieben. Es war... nun eine hölzerne, teils steinerne Festung.", erklärte sie. „Mmh... und wer hält sie wenn nicht Rakura?" „Ich bin mir unsicher. Ich hörte einiges. Aber da stehen einige zur Auswahl. Einer davon ist Arkyn." „Arkyn?" „Ja... einer von den Auszuwählenden. Aber ich denke eher, dass Arkyn dort nur ein und ausgeht. Ich denke eher, dass er ständig bei Rakura ist. Ich hörte davon, dass Rakura anscheinend regelmäßig Bälle hält." „Das ist ja schön für ihn... ich würde ja vorschlagen dich da einzuschleusen aber... unter Ratten fällst du zu sehr auf.", bemerkte ich. „Ja... aber die kleinen Kreuze sind kleinere, unbefestigte Lager. Die größeren eben größere unbefestigte Lager. Wo nur einige Zelte stehen. Das wäre es eigentlich." „Aha... finde heraus wer die Festung bewohnt und wo Rakura..." „Oh nein, Wolf! Das mache ich nicht allein! Das ist ein Selbstmord.", erklärte sie und die Tür ging hinter mir auf. „Oh... Entschuldigung.", lächelte Venia. „Komm, frühstücken wir erst einmal.", schlug ich vor und führte sie an Laila vorbei zum Saal.

Ora hatte uns etwas Brot und Käse hingestellt. Brot und Käse... Dinge in deren Genuss ich lange nicht gekommen war. Doch Ora hatte, so viel ich gesehen hatte, auch Saatgut auf den Brief an Dreuven geschrieben. So würden wir vielleicht auch selbst bald Mehl haben. „Menschenmädchen, du gehst zu deinem Bruder, oder?", wollte Laila wissen. „Nein. Ich schicke ihm den Brief von der Festung am Fluss aus. Vorerst bleibe ich in der Nähe also wenn ihr noch weiteres braucht, die Festung ist bei einer Siedlung am Fluss. Von der Brücke aus geht man ein Stück Flussaufwärts.", erklärte sie. „In Ordnung. Sollte ich etwas brauchen komme ich und gebe dir be..." „Ach was, Niala! Lass doch Luan gehen. Der muss das lernen und dich brauchen wir hier. Du musst schließlich einen Clan führen!", für alle anderen kam es unbemerkt doch ich hörte Lailas Tadel. „Ja... wir werden sehen.", bemerkte ich knapp.", Laila sollte aufhören mich so strafend anzusehen! Ich tat nichts Unrechtes! Ich genoss doch nur etwas die Ruhe! Weit weg vom süßen Gift! Ich konnte doch... ich konnte doch ruhig etwas Ruhe genießen! Ich hatte es mir doch verdient! Ich hatte viel Schmerz im Leben erlitten! Ich wollte nur Ruhe. Nach all den Jahren in denen ich selbst im Schlaf gejagt wurde und im Blut meiner Familie baden musste... ich wollte doch nur ruhen! Ich wollte nur ruhig schlafen und Venia schenkte mir diese Ruhe! In ihren Armen fühlte ich mich so sicher. Als gäbe es gar keine Sorgen auf dieser Welt! Es konnte doch nicht zu viel verlangt sein diese Ruhe zu spüren!

Während Venia und Ora noch einiges besprachen, über die Herstellung von Wurst und Käse, was Ora lernen wollte, ging ich mit Laila draußen spazieren. „Niala, noch einmal möchte ich es ansprechen. Ich weiß, du leugnest es aber... verdammt, Wolf! Mir fiel einst ein Buch in die Hände, ich weiß nicht ob ich es noch habe, aber du zeigst wirklich die stärksten Symptome des süßen Giftes!" „Ach was!" „Niala, du bist ganz anders seit sie hier ist. Weißt du das?" „Finde ich nicht." „Doch. Weißt du, was du mit mir getan hättest wenn ich dich vor einem Monat auf das süße Gift angesprochen hätte? Du hättest mich wohl grün und blau geprügelt. Aber nun redest du nur. Niala, schiebe einmal deinen Stolz beiseite und sag mir: Trinkst du das süße Gift?", wollte sie wissen. Ich schnaufte tief durch und stoppte. Laila sah mich an. „Ich weiß es nicht. Keine Ahnung. Nicht die geringste. Ich hoffe, ich tue es nicht. Natürlich weiß ich, wie es dann mit mir enden würde aber... es interessiert mich im Moment nicht. Laila, allein ihre Nähe schenkt mir so viel Ruhe! Seit drei Jahren lebe ich in der Hölle! Am Tag stehe ich immer unter Spannung! Muss aufpassen dass wir genug zu Essen haben... dass uns niemand angreift, dass uns keine Feinde ins Visier nehmen... Und Nachts, wenn ich die Ruhe so nötig hätte, träume ich entweder von der schwarzen Nacht und durchlebe tausendmal das Ende meines Clans oder ich träume von meiner Kindheit. Doch alle Träume enden sie als Albträume in Blut und Schmerz. Laila, ich kann das nicht mehr lange! Ich finde seit Jahren keine Ruhe! Doch bei Venia... da bin ich ganz ruhig. Da scheint alles gut zu sein. Als wäre aller Schmerz so fern.", erklärte ich. Laila sah mich mitleidig an. „Niala, ich kann dich schon verstehen. Auch ich stehe unter Spannung aber... sicher nicht so sehr. Ich dachte mir schon, dass es dir so geht. Dass du wie verrückt trinkst entgeht mir nicht. Und ich verstehe es. Im Suff vergisst man oft die Sorgen. Zumindest kurz. Doch diese kurzen Moment sind jeden Suff wert und jeden Kater. Nur fünf Minuten ohne die Sorgen... sind unbezahlbar. Und seien sie auch nur im Suff. Und Venia gibt dir dieses Gefühl?" „Ja. Auch ohne Alkohol. Wenn ich bei ihr bin fühle ich mich wie auf einer ruhigen Wiese." „Dann hast du ein ernsthaftes Problem, Wolf.", bemerkte sie. „Wieso?" „So wie du es beschreibst ist es klar. Es ist wie die Definition in meinem Buch. Ich muss es wirklich suchen, ob ich es noch habe... aber Niala, du trinkst bereits das süße Gift."

Das süße Gift: Der einsame WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt