Halbwahrheiten

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Scotts Asthma war zurück. Es kam genauso schlimm zurück wie er es früher hatte. Deshalb trug er seinen Inhalator bei sich, genau wie damals. Es war nun fünf Tage her. Wir hatten weder neue Chimären, noch hatten wir die Schreckensärzte wieder gesehen. Wir gingen alle zur Schule und taten so, als wäre nichts passiert. Aber jeder schien es zu wissen. Man lief einfach die Flure entlang und niemand lächelte, niemand lachte. Man hatte das Gefühl, dass jeder spüren konnte, dass etwas auf uns zukam. Sie wussten nur nicht, was es war oder wie schlimm es werden würde. Immer wenn Scott das Gefühl hatte deswegen etwas unternehmen zu müssen, ertappte er sich dabei wie er nach seinem Inhalator griff. Als ob ihm dann eine Lösung einfallen würde, wie er alle retten konnte, aber er wusste nicht, was er tun sollte. Ich glaube, niemand wusste das. Vielleicht sprach deswegen niemand mehr wirklich miteinander. Manchmal nahmen wir uns gegenseitig nicht mal mehr war. Ich glaube, für ein paar von uns war das okay, denn nicht zu reden macht es einfacher Geheimnisse zu bewahren. Und ich wusste nicht, ob irgendwer wirklich über einige Dinge log. Vielleicht waren das ja eher Halbwahrheiten. Vielleicht war ja die schlimmste Lüge die für Stilinski, denn es hatte ihm noch niemand die Sache mit Parrish erzählt. Und niemand hatte es Parrish erzählt. Er schien sich nicht daran zu erinnern die Leichen zu holen und wir dachten, dass er nur dann wirklich gefährlich wurde, wenn man versuchte sich ihm in den Weg zu stellen. Wenn Mr Stilinski die Wahrheit wüsste, würde er sich ihm definitiv in den Weg stellen. Also versuchten Stiles, Lydia und ich die Leichen zu finden, was bedeutete, dass wir den Nemeton finden mussten. Wir fuhren herum und suchten den gesamten Wald ab. Das letzte mal, als wir dieses Ding fanden, mussten drei von uns beinahe in Eiswasser ertrinken. Wir waren nicht die einzigen, die die Chimären suchten. Mr Stilinski ließ alle nach den Zielpersonen suchen. Befragte jeden, der eine genetische Chimäre war. Jeden, der zwei DNA-Sätze besaß. Niemand wusste wirklich nach wem sie eigentlich suchten. Manche dachten, es wäre ein Serienmörder. Manche wussten vielleicht, dass es schlimmer war. Die zwei Chimären, von denen wir wussten, Hayden und Cory, beiden ging es gut. Eigentlich sogar besser als gut. Sie heilten schneller und wurden stärker. Sie brauchten unsere Hilfe nicht. Ich glaube, sie wollten sie sowieso nicht. Wir hatten auch noch nichts von Kira gehört. Scott machte sich immer mehr Sorgen um Deaton. Irgendwas kam auf uns zu. “Das Ding will gar nicht gefunden werden.“, sagte Stiles.
“Vielleicht weiß es, dass wir zu spät zum Unterricht kommen.“, entgegnete ich, “Weil wir hier schon zweimal waren.“
“Verdammt.“, murmelte Stiles und sah die zwei X an, die wir an einen Baum gemalt hatten. Wir hatten die Bäume markiert, um zu sehen, wo wir schon waren. “Können wir jetzt mit Parrish reden?“, fragte Lydia ihn.
“Noch nicht. Wenn der Nemeton mit Leichen überfhäuft ist, müsstest du ihn finden können.“
“Meinst du?“
“Ja, mein ich. Das kannst du doch. Du bist die Banshee und du kannst Leichen finden.“, entgegnete Stiles.
“Tja, die Banshee hat heute frei, also wir wärs wenn wir mit Parrish reden.“
“Das geht nicht.“, seufzte Stiles.
“Wieso nicht?“, fragte Lydia verwirrt.
“Weil eine der Leichen... Eine von ihnen, eine könnte...“, stammelte Stiles.
“Könnte was?“
“Eine von ihnen könnte ein Indiz sein.“, beendete er den Satz.
“Ich verschwinde jetzt, Stiles. Ich rede jetzt mit Parrish. Ich werde ihm sagen, dass er derjenige ist, der immer die Leichen holt. Es ist besser, wenn sie bescheid wissen.“, erklärte Lydia und stolzierte davon. Möglicherweise hatte sie recht damit.
“Dann sag ihm auch, dass er mir 'nen Jeep schuldet.“, rief Stiles ihr nach. Seufzend sah ich dem Mädchen nach.

Stiles und ich fuhren zur Schule, wo wir auf Theo trafen. Er folgte uns in die Bibliothek. “Ihr wisst, wohin Parrish die Leichen bringt?“, fragte er uns.
“Lydia sagt, es passiert in seinen Träumen.“, erklärte ich ihm.
“Also wenn Lydia den Nemeton findet, dann findet sie auch Donovan.“, merkte Theo an. Stiles stoppte und sah Theo an. Daran hatten wir beide nicht im geringsten gedacht. “Sorry.“
“Und dann findet sie auch Josh.“, fügte ich dann hinzu.
“Tja, vielleicht sollte sie das.“, begann Theo, “Ich schätze, für Scott stehen die Dinge jetzt anders. Vor allem nachdem, was er mit Cory getan hat. Er wird uns schon nicht verurteilen, dafür, dass wir uns gewehrt haben. Und dich erst recht nicht.“ Stiles blickte zu mir.
“Vielleicht hat er recht, Stiles.“, sagte ich vorsichtig. Stiles schien nachzudenken. Doch er ließ sich nicht wirklich überzeugen.

Draußen regnete es in Strömen. Und als Stiles, es endlich geschafft hatte den Jeep zum Laufen zu bringen, fuhren wir zur Tierklinik, wo Scott auf uns wartete. “Hey, sorry. Ich hatte Probleme den Jeep zu starten, der fällt bald auseinander.“, erklärte Stiles, als er ausstieg. Ich setzte die Kapuze meiner Jacke auf und folgte ihm zu Scott. “Wir konnten weder Malia noch Lydia erreichen.“, ergänzte ich. Scott schwieg und sah uns einfach nur an. “Scott?“, fragte Stiles ein paar Sekunden später.
Scott griff in seine Jacke und holte einen Schraubenschlüssel hervor. Es war der, mit dem ich auf Donovan schlug, damit er von Stiles abließ. Es klebte noch Blut daran. “Wo ist der her?“, fragte Stiles schockiert.
“Ist das deiner?“, fragte Scott.
Stiles schwieg und nahm ihn dann entgegen. “Wieso hast du es mir nicht gesagt?“
“Das wollte ich noch.“
“Du hast mir nichts darüber erzählt.“, sagte Scott sauer.
“Scott...“, begann ich, doch Stiles deutete an, dass ich leise sein sollte.
Widerwillig hielt ich die Klappe.
“Ich konnte nicht.“, meinte Stiles.
“Du hast ihn umgebracht?“, fragte Scott ungläubig, “Du hast Donovan getötet?“
“Aber Donovan wollte meinen Dad töten? Sollte ich ihn einfach machen lassen?“
“So etwas solltest du auf keinen Fall tun. Niemand von uns.“
“Hatte ich denn eine Wahl?“, fragte Stiles ungläubig.
“Man hat immer eine.“, erwiderte Scott.
“Ich kann aber nicht das tun, was du kannst, Scott. Klar hättest du es nicht getan. Du hättest dir irgendwas ausgedacht, richtig?“
“Ja, sicher.“
“Ja, weil du Scott McCall bist. Du bist der wahre Alpha! Aber wir können nicht alle wahre Alphas sein! Oder niemals einen Fehler begehen. Manche von uns müssen sich manchmal die Hände blutig machen. Manche von uns sind menschlich!“, schrie Stiles seinen besten Freund an.
“Also musstest du ihn umbringen?“, fragte Scott erneut.
“Scott, es war Notwehr!“, warf ich ein, um Stiles zu unterstützen.
“Abby, ich weiß, du willst ihn schützen, aber er hat ihn umgebracht, okay?“
“Scott, er wollte meinen Dad töten.“, rief Stiles dazwischen.
“Aber die Art wie es passiert ist. Es gibt einen Punkt, an dem es einfach keine Notwehr mehr ist.“, sagte Scott verzweifelt.
“Wovon redest du überhaupt?“, fragte Stiles verwirrt, “Ich hatte keine Wahl, Scott!“ Stiles sah seinen Freund einige Sekunden lang an. “Du glaubst mir nicht mal, oder?“, fragte er.
“Das würde ich ja.“, sagte Scott
“Okay, alles klar. Dann glaub mir auch, Scott. Scott, sag, dass du mir glaubst.“ Scott sagte nichts. “Sag es. Sag, ich glaub dir.“
“Stiles, wir können keine Menschen umbringen, die wir zu retten versuchen.“
“Sag, dass du mir glaubst.“ Stiles ging einen Schritt auf ihn zu, doch Scott wich zurück. Überrascht sah ich ihn an.
“Wir können keine Menschen töten. Glaubst du das?“, meinte Scott laut.
“Was soll ich deswegen tun? Was willst du, was ich tun soll? Sag mir, sag mir einfach wie ich das wiedergutmachen kann. Bitte sag es, was ist es was ich tun soll?“, bat Stiles ihn. Innerlich brach es mir das Herz.
“Keine Sorge wegen Malia. Oder Lydia. Wir werden sie finden. Vielleicht müsstest du mit deinem Dad reden.“, sagte Scott und ging dann einfach rein. Stiles blickte ihm enttäuscht hinterher.

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