Die Fähigkeit zum Lügen

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Durch Kira floss immer noch der Strom. Langsam begann sie zu zittern, was mir Sorgen bereitete. “Ich weiß nicht, wie lange ich noch durchhalte.“, sagte sie und kämpfte dagegen an uns mit dem Strom zu vebrennen.
“Wie hast du es vorher ausgehalten?“, fragte Malia.
“Scott hat mich rausgetragen, was ihn fast getötet hätte.“, erklärte Kira.
“Okay, vielleicht versuchen wir dich irgendwie zu erden.“
“Bist du Elektroingenieurin? Denn ich weiß nicht, wie das geht.“, warf ich panisch ein und versteckte mich, als es heller wurde im Raum. Malia kam zu mir und versuchte uns von ihr fernzuhalten. “Ihr müsst von hier verschwinden.“, meinte Kira.
“Wir lassen dich nicht hier.“, sagte ich.
“Ich hätte in der Wüste bei den Skinwalkern bleiben sollen. Ich kann das nicht kontrollieren. Ich werd nie dazu in der Lage sein.“
“Kira, du hast es doch gesehen. Du hast das so kontrolliert, dass du den partiellen Stromausfall verursacht hast. Du kannst es aushalten.“, versuchte ich meine Freundin zu beruhigen.
“Kann ich nicht! Geht!“, rief Kira. Ihre Augen verfärbten sich orange, wie wenn sie eine Kitsune war. Malia und ich schützten unsere Augen vor dem Licht, indem wir unsere Arme benutzten. Wenige Minuten später wurde es still und auch die Blitze hörten auf. “Kira?“, fragte Malia vorsichtig. Doch Kira lag bewusstlos auf dem Boden. “Kira.“ Vorsichtig gingen wir zu ihr, doch als Malia sie berühren wollte, hörten wir eine Stimme. “Das würde ich nicht tun.“ Erschrocken schaute ich zur Tür, wo ein Junge stand. Es war Josh. “Sie strahlt immer noch Elektrizität aus. Ich spüre es. Ich kann ihr helfen.“
“Wieso?“, fragte Malia misstrauisch.
“Weil ich deine Hilfe brauche. Mit ihm.“ Josh trat zur Seite. Cory kauerte schmerzerfüllt und halb verbrannt auf dem Boden.

Vorsichtig halfen wir Josh Cory auf den Tisch zu legen, wo eigentlich nur Leichen lagen, wenn man sie untersuchen wollte. “Wieso heilt er nicht?“, fragte Josh uns.
“Vielleicht kann er es nicht. Vielleicht ist es zu viel.“, versuchte Malia es sich irgendwie zu erklären.
“Oder es sind die Schmerzen.“, fügte ich hinzu.
“Er schafft's nicht?“, fragte Josh.
“Sein Herzschlag wird schwächer.“, bemerkte Malia. Josh schüttelte den Kopf. “Was sollen wir tun? Du kannst ihn heilen, oder?“, fragte er besorgt.
“Nein. Aber ihm den Schmerz nehmen. Das könnte helfen. Vielleicht kann es das Heilen fördern.“
“Dann tu es.“, drängte Josh.
“Du zuerst.“, meinte ich und deutete auf Kira, die immer noch regungslos auf dem Boden lag. Plötzlich schossen Blitze durch den Raum. Erschrocken zuckte ich zusammen. “Du kannst helfen, oder?“, fragte ich Josh.
“Ja, aber es ist nicht so wie die Spannung aus einer Autobatterie zu nehmen. Ihr Strom ist viel höher.“ Cory hustete gequält. “Unternimmst du jetzt was oder nicht?“, fragte Josh an Malia gewandt.
“Nur wenn du ihr hilfst. Ich vertraue dir nicht.“, entgegnete Malia sauer.
“Und ich vertrau dir auch nicht.“
“Alles klar, ihr werdet es gleichzeitig machen.“, schlug ich vor. Josh nickte und ging zu Kira rüber, um sich neben sie zu hocken. “Bereit?“, fragte ich. Beide nickten. “Okay, dann mal los.“ Malia griff nach Corys Arm und nahm ihm den Schmerz, während Josh versuchte Kira den Strom zu entziehen.

Wenige Minuten später ging es Cory und Kira wieder gut. “Weiß jemand wie wie hier rauskommen?“, fragte Cory, doch wir hatten keine Ahnung.
“Der Ort ist immer noch abgeriegelt.“, erklärte ich.
“Ja, er ist nicht nur verriegelt.“, meinte Kira.
“Ja, ich spüre es auch.“, meinte Josh zustimmend.
“Was sollen wir denn machen? Einfach warten?“, fragte Cory ungläubig.
“Es gibt einen Plan B. Draußen ist jemand für den Fall, dass das passiert.“, erzählte Malia den Jungs.
“Und wer?“
“Mason.“, antwortete Kira.
“Mason soll die Abriegelung entriegeln, wirklich?“, fragte Cory ungläubig.
“Wie soll er das anstellen?“, fragte Josh belustigt.
“Er hat einen Grundriss des Gebäudes. Und eine Karte des elektrischen Systems. Also muss er nur noch in den Transformatorschuppen gehen.“, erklärte Kira.
“Keine Sorge“, begann Malia, “Mason weiß ganz genau, was er da tut.“

Tatsächlich schaffte Mason es die Abriegelung zu entriegeln, so dass wir aus dem Gebäude kamen. Draußen liefen wir auf Stiles' Jeep zu und fuhren vor das Tor des Eichenhauses, wo die anderen mit Lydia warteten. Ich stieg aus und sah zu Lydia. “Geht's ihr gut?“, fragte ich sofort.
“Nein. Gib mir die Schlüssel, wir bringen sie in die Klinik.“, sagte Scott. Kira reichte ihm die Schlüssel ohne zu widersprechen. Hinter uns stöhnte Parrish schmerzvoll auf. Erschrocken sah ich zu Tracy, die Lydia hielt.
“Sorry, aber sie kommt mit mir.“, sagte sie.
“Okay, Tracy, warte noch. Du weißt nicht, was passieren wird.“, meinte Scott.
“Ich nehme sie mit. Das wird passieren und keiner von euch wird etwas dagegen-“ Bevor sie zu Ende sprechen konnte, zuckte sie kurz und fiel dann einfach um. Stiles fing Lydia auf und blickte überrascht zu Mrs Martin, die einen Stock in der Hand hatte, durch den Strom floss. “Könnte bitte endlich jemand meine Tochter aus diesem Höllenloch rausholen?“, fragte sie. Ohne zu zögern stiegen wir in den Wagen. Stiles hielt Lydia so gut es ging fest, während Scott versuchte das Auto zu fahren. “Scott.“, sagte Stiles.
“Ja, ich versuch's! Ich versuch's!“, sagte dieser und kämpfte mit der Gangschaltung.
“Wir sind fast da, Lydia. Halte durch, okay?“, redete Stiles auf sie ein. Lydia schrie auf, was mich zusammenzucken ließ.
“Lydia, hey, hey, hey. Du stehst das durch, okay? Lydia, sieh mich an. Du wirst es schaffen.“, meinte Stiles, doch ich war mir nicht so sicher.
“Aber du nicht.“, entgegnete Lydia und deutete auf Stiles' Ohr, aus welchem Blut floss. Schlimmer ging bekanntlich immer.

“Legt sie auf den Tisch!“, rief Deaton und räumte alles frei. Scott und Stiles legten Lydia hin und hielten sie fest. Als sie wieder los schrie, hielt ich mir die Ohren zu. “Gott, wieso schreit sie denn so?“, fragte Isaac, der uns mit seinem Motorrad gefolgt war. Auch er hielt sich die Ohren zu.
“Das macht sie nicht absichtlich.“, entgegnete ich, “Wir sollten etwas unternehmen.“
“Werd ich auch. Aber im Moment müsst ihr sie festhalten.“, sagte Deaton. Dann ging er mit einer Spritze zu ihr rüber. “Festhalten.“
“Was zur Hölle ist das?“, fragte Stiles.
“Das ist Mistel.“
“Was, Mistel? Sie hat aber ein Loch in ihrem...“
“Stiles, jetzt hilf schon.“, unterbrach Scott ihn und hielt Lydia weiter fest. Deaton spritzte ihr Misteln in das Loch in ihrem Kopf. Sofort setzte sie sich auf und schrie sich die Seele aus dem Leib. Die Fenster zersprangen augenblicklich. Isaac packte mich und warf mich auf den Boden, nur um sich schützend über mich zu beugen.
Dann war es plötzlich ganz still. Lydia rührte sich nicht. “Nein, Lydia.“, hörte ich Stiles verzweifelt sagen. Langsam hob ich den Kopf und blickte zu Stiles und Lydia. “Lydia. Lydia, komm schon. Nein, nein, nein. Komm schon, Lydia, wach auf. Wach auf. Kannst du mich hören?“ Stiles redete einfach weiter auf sie ein. Doch sie regte sich nicht. Meine Augen sammelten sich mit Tränen. Auf einmal öffnete sie ihre Augen doch. Überrascht sah ich zu ihr. Sie lebte. Stiles griff nach ihrer Hand. “Willst du dich aufsetzen?“, fragte er sie. Lydia nickte. Vorsichtig half er ihr sich aufzusetzen. Mrs Martin stand an der Tür und blickte ihre Tochter besorgt an. “Mum?“, fragte Lydia. Mrs Martin ging sofort auf sie zu und nahm sie in den Arm. “Sie haben mir das Leben gerettet. Stiles hat mich gerettet, Mum.“ Scott sah seinen Freund stolz an. Auch ich lächelte ihn leicht an. Doch aus irgendeinem Grund versetzte mir die Art, wie er Lydia ansah, ein Stich im Herzen.
“Für die Fenster da zahl ich nicht.“, warf Stiles ein. Lachend schüttelte ich den Kopf und wischte mir die Tränen weg. Wir hatten es geschafft. Stiles hatte es geschafft.

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