28. Autopilot

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Es fühlte sich an, als würde es von Minute zu Minute heißer werden. Die Sonne knallte auf Pakunodas Haut, sie hätte wohl den schlimmsten, vorstellbaren Sonnenbrand gehabt, könnte man sich nicht mit Nen davor schützen. Trotzdem war diese Temperatur, selbst für jemanden, der mal in Meteor gelebt hatte, wirklich erdrückend.
Ein weiteres Mal schrien die Mafia-Soldaten, sie solle gefälligst ihre Hände nach oben nehmen, doch Pakunoda machte sich gerade wirklich mehr Sorgen um diese gellende Hitze um sie herum. Das müssten die Männer doch eigentlich auch, aber im Kopf der Mafia gab es immer nur ein Ziel: die Phantomtruppe zur Strecke zu bringen.
„Hey du! Glotz nicht so dumm zur Sonne und sieh endlich her! Es ist heiß, aber verloren habt ihr trotzdem, Phantomtruppe!", rief der, der wie ein Hauptmann aussah. Ungeduldig kratzte er mit dem Finger am Abzug seiner Waffe herum.
„Stimmt, euch gibts ja auch noch...", murmelte Pakunoda. „Mir ist echt heiß. Ich hab keine Lust, mich bei der Hitze zu bewegen.. Aber naja."
Sie machte einen Schritt nach vorn. Sie war ziemlich genervt davon, von der Hitze, und von der Tatsache, von den anderen getrennt zu sein.
Dieser eine, kleine Schritt reichte aus, um den Hauptmann dazu zu bewegen, den Schießbefehl zu geben. Und dann hörte man die Schüsse etlicher Gewehre, laut und zerstörerisch, anderen hätten die Ohren gedröhnt. Der Hauptmann hustete, als der ganze staubige Sand durch das Feuern und durch den Wind aufgewirbelt und ihm in Nase und Mund geströmt war.
Ein Triumphgefühl überkam ihn, eine Spinne ermordet zu haben, als er seine Augen öffnete und den Männern schon den Befehl geben wollte, in die Pyramide zu gehen.
„Jetzt nehmen Sie aber die Hände hoch", meinte eine strenge Stimme hinter ihm. Voller Entsetzen wurde er aus seinen Siegesvorstellungen geholt, als er sich umdrehte. Pakunoda richtete ihre Pistole direkt zwischen seine beiden Augen. Um sie herum lagen die Soldaten. Allesamt durchlöchert.
„Wie", krächzte der Hauptmann, doch erschrak, als Pakunoda ihm ihre Waffe fester ins Gesicht drückte. Er verstand es nicht. Wie konnte sie schneller sein, mit einer einzigen Pistole, als 10 Männer mit Schrotflinten?
„Wo in der Stadt ist der Rest von euch?", fragte Pakunoda. „Einen Scheiß sage ich dir!", meinte der Hauptmann spöttisch. „Du weißt nicht, in welcher Lage du dich befindest. Ich bin ziemlich schlecht gelaunt", meinte Pakunoda kühl. Es war echt schwierig, dafür zu sorgen, dass sie schlechte Laune hatte. „Leck mich doch, Spinne!", sagte der Mann. Er war nicht ängstlich genug.
Ein lauter Knall. Pakunoda hatte keine Lust mehr, diesem Typ zuzuhören. Mit einem Loch im Kopf fiel er zu Boden. Damals beim Kurta-Klan war sie wohl echt nur müde gewesen.

Pakunoda hatte die ganze Pyramide bestimmt schon mehrmals umlaufen. Kein Eingang, kein Ausgang. Die Soldaten hätten's da auch nicht reingeschafft. Noch beschissener war, dass sie keine Nachrichten ins Innere der Pyramide schicken konnte. Ihre Nachrichten kamen nämlich nicht bei den Handys der anderen an. Und am Beschissensten war, dass sie einfach die Erinnerungen der Männer hätte prüfen und somit den Rest von denen finden können. Na ganz toll. Ihre eigene Dummheit ärgerte sie ungemein, doch jetzt blieb ihr nichts, als zum vereinbarten Treffpunkt zurückzukehren und nebenbei vielleicht die restlichen Mafia-Soldaten zu erledigen.
Also machte sie sich auf den Weg zurück zu der Wüstenstadt, in der die Leute ihnen die Informationen über die Pyramide gegeben hatten, und wo der Treffpunkt lag.
Ganz verschwitzt war sie angekommen, nach einer gefühlten halben Ewigkeit, die sie durch die beißende Sonne und das beinahe unendliche, trockene Meer aus Sand gestriffen war. Ihr dröhnte der Kopf.
Niedergeschlagen, den bisher größten Raub der Phantomtruppe nicht miterleben zu können, schlenderte sie in Richtung der Bar, wo sie sich treffen wollten. Ob schon jemand da war? Wohl kaum.
Gerade wollte sie den Laden betreten, da entdeckte sie, einige Häuser weiter, die Soldaten. Wenigstens etwas konnte sie beitragen. Sie stürmte hin, erledigte einen nach dem anderen. Nur noch einer blieb übrig. Dachte sie. Sie streckte den Arm aus und richtete die Waffe auf ihn. Umstehende, schaulustige Bewohner schrien vor Angst, aber es zwang sie ja niemand, zu glotzen.
Pakunoda legte den Finger an den Abzug, als sie plötzlich ein lautes „HALT", hörte. Sie blickte nach rechts. Noch ein Soldat. Da hatte sie wohl zwei übrig gelassen. Doch der Soldat rechts hatte eine Frau, nicht viel jünger als Pakunoda, gepackt, und drückte ihr die Waffe an den Kopf.
„Schießt du, schieße ich! Sieh sie dir an, sie ist genauso jung wie du! Willst du das wirklich? Willst du wirklich der Grund dafür seinen, einen unschuldigen Menschen getötet zu haben, der noch sein ganzes Leben vor sich hat?!", schrie der Soldat sie an. Die festgehaltene Frau weinte vor Angst. Sie schrie um Hilfe, doch niemand der Gaffer half ihr.
„Ergib dich, und ihr passiert nichts!", fügte der Soldat hinzu. Er hielt sie fester. Der Frau tat es weh, das konnte man sehen.
Pakunoda seufzte.
„Soll sie sterben, weil ihr minderwertigen, verarmten Straßenkinder immer und überall stehlen müsst?", schrie er sie.
Pakunoda nahm die Waffe nicht runter, aber zögerte, zu schießen. Er schrie sie weiter an, versuchte, ihr Gewissen zu beeinflussen.
Wusste er eigentlich, wie viele unschuldige Leute die Phantomtruppe bereits problemlos abgemurkst hatte? Und dass sie das immernoch taten?
Verarmt waren die Spinnen auch schon lange nicht mehr, dachte sie. Und wenn sie genauer überlegte, fiel ihr wieder ein, aus was für einer Familie sie eigentlich gekommen war. Ja, genauso eine dreckige Adelsfamilie. Sie hasste die Reichen.
Sie war auch reich, aber eine reiche Verbrecherin. Das war besser.
Die Mafia nutzte doch noch dreckigere Methoden, als sie, als Verbrecherin.
Sie erinnerte sich, dass Chrollo nicht gezögert hatte, sie als Freundin zu akzeptieren. Egal woher sie kam. Solange ihr Herz schwarz war.
Warum hatte sie dann damals gezögert, den blonden Jungen zu töten? Warum sollte sie jetzt zögern, zu schießen und die Frau sterben zu lassen?
Genau, es gab keinen Grund. Sie wollte dieses Leben, als Verbrecherin, das sie so liebte, nicht aufgeben. Sie würde Chrollos Vertrauen, und das der anderen niemals brechen. Das mit dem Kurta-Klan war nur ein einziger, kleiner Fehler gewesen. Nie wieder würde sie so etwas zulassen. Nein. Sie war eine Spinne. Spinnen hatten nur Gefühle untereinander. Spinnen töteten, wenn sie mussten. Ganz ehrlich, die Frau war ihr doch scheißegal.
Hatte der Weg der Pyramide sie wohl ins Licht geführt, also hierher, um ihr diese Erkenntnisse zu zeigen?
Das Schicksal war schon etwas Seltsames.
Also drückte sie ab. Kurz darauf erschoss der Mann auch die Frau, und Pakunoda tötete den Mann. Endlich war sie die Mafia los.
Die Leute rannten schreiend auseinander, doch es kümmerte sie nicht. Sie ging in die Bar und setzte sich auf einen der Stühle an der Theke. Ihr Kopf tat immernoch weh, von der ganzen Hitze. Aber sie war zufrieden. Sie hatte kein schlechtes Gewissen, ganz und gar nicht. Sie bereute nichts. Auch wenn sie die Frau hatte sterben lassen. Es war eben ihr Job. Und damit hatte sie keine Probleme mehr. Das durfte sie gar nicht. Ansonsten wäre sie keine freie Spinne mehr.
Sie schaute in die Erinnerungen des Barkeepers, der sie anfangs herauswerfen wollte, aber dann doch von ihr eingeschüchtert wurde. Da erfuhr sie, dass die Bewohner sie sogar als Spinnen identifiziert und die Mafia nur deswegen zur Pyramide geschickt hatten. Die wollten alle nur das Kopfgeld, das auf die Spinnen ausgesetzt war.
Aber so einfach war das nicht.
Tja, Diebe kamen leichter an Geld.

A Story about ThievesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt