38. Guten Abend, meine Damen und Herren

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Das Haus, in dem gerade so still und heimlich die Untergrund-Auktion der Mafia von Statten ging, war groß. Sehr groß, hunderte Menschen saßen auf den unzähligen Plätzen vor der großen Bühne, auf der die Objekte ausgestellt werden würden. Es gab sogar noch weitere Stockwerke in dem Haus, mit glitzernden Balkonen, von denen man herunter auf die Auktion sehen konnte, da war aber gerade keiner.
Die Menschen trugen alle diese schwarzen Anzüge, sie tuschelten miteinander, und da auf irgendeine Weise jeder mit irgendjemandem tuschelte, war es unglaublich laut. Sie waren schon scharf darauf, gierig, hungrig, sich gegenseitig um die ausgestellten Objekte zu reißen, in dem sie immer höher und höher bieten würden, nur um an etwas zu gelangen, dass sie sowieso wieder weiterverkaufen oder gar nicht brauchen würden. Aber sie wollten diese Dinge trotzdem, sie verlangten danach, vielleicht einfach nur aus Gier, vielleicht aber auch aus gegenseitiger Missgunst. Oder sie fühlten sich eben als Mafia-Angehörige dazu verpflichtet, ihre Besitztümer auf der Untergrund-Auktion zu erweitern, als Statussymbol oder sowas.
Also, die Leute saßen da, redeten laut, und waren Drauf und Dran, mit größter Freude die illegalsten Dinge zu ersteigern. Die Mafia eben.

Und da ging es auch schon los, hinter dem großen, roten Vorhang am Ende der Bühne trat ein Auktionator in einem glänzenden, schwarzen Anzug hervor.
Er stellte sich in die Mitte der Bühne, hinter einen Rednerpult, schlug die Hände hinter den Rücken und bat laut um Ruhe.
Die Leute wurden auf ihn aufmerksam, fingen in den nächsten zwei Minuten an, immer leiser zu werden, bis sie schließlich verstummten, damit die Auktion starten konnte.
„Aaaaalso, Guten Abend, meine Damen und Herren", begann der Auktionator zu sprechen, doch bevor er weiter reden konnte, ging das Getuschel wieder los.
„Seht ihn euch an", hörte man von der Tribüne, „er sieht ja viel zu jung aus".
Der Auktionator zeigte seine Verärgerung nicht, lächelte breit und hielt sich die Hand an seinen strubbeligen, hellblonden Kopf.
„Ruhe jetzt! Mag sein, dass ich jung aussehe, aber mit 25 darf man durchaus eine Auktion leiten!", rief er laut, sodass es jeder hören konnte. „Seid ihr damit nicht einverstanden, könnt ihr ja gehen, dann behalten wir die wertvollen Dinge hier eben", fügte er hinzu.
Die Leute schwiegen sofort. Diese Worte waren klar und deutlich gewesen.
„Na geht doch. Fangen wir mit dem ersten Ausstellungsstück an", meinte der blonde Auktionator. Seine Augen schimmerten grün, eine Mischung aus mindgrün und einem giftigen Grün.
Tja, wer war er dann wohl?

„Bringt sie mir!", rief er in Richtung des Vorhangs, wo eine Tür war, aus der er vorhin die Bühne betreten hatte.
Eine Frau mit schulterlangen, dunkelblonden Haaren und wieder einem pechschwarzen Anzug,  schritt aus dem Vorhang heraus, schob dabei eine Art Wagen vor sich her, mit einer Ablage darauf. Auf der Ablage befand sich etwas, das in ein graues Tuch gewickelt war. Die Frau ging in den Raum hinter dem Vorhang zurück, nach dem der Wagen bei dem Auktionator angekommen war.
Dieser griff nach dem eingewickelten Etwas und hob es hoch. Dann entblöste er, was es war, das erste Ausstellungsstück.
„Seht her!", sagte er freudig, und warf das Tuch weg.
Bei dem, was er hochhielt, handelte es sich um eine diamantbesetzte Tommygun. Die Leute staunten. Das Ding musste einen unermesslichen Wert besitzen.
Sofort fingen sie also an, um die Wette zu bieten, ließen sich gegenseitig kaum ausreden, da jeder unbedingt dieses Teil haben wollte.
„Na, na, na, meine Herren! Bewahren sie doch die Ruhe", sagte der Auktionator euphorisch, „lassen sie mich die Waffe doch erst einmal demonstrieren.
Er nahm sie am Griff und richtete den Lauf auf das Publikum. Dieses erschrak sofort.
„D-demonstrieren?! Wollen Sie uns umbringen oder was?!", schrie einer der Männer im Publikum. Andere wurden panisch, manche griffen nach ihren Pistolen.
„Aber nein, meine Herren", sagte der Auktionator beruhigend, „die Waffe ist doch gar nicht geladen."
Er betätigte eine Male den Abzug, um dies zu beweisen. Die Menge erleichterte sich. „Ich wollte nur zeigen, wie schön der Abzug klingt. Damit ihr ihren Wert besser einschätzen könnt", zwinkerte der Blonde.
Die Angst der Leute im Publikum wandelte sich in Begeisterung um. Das Geräusch des Abzuges dieser diamantbesetzten Waffe war ein schönes Geräusch, dachten sie. Es hallte so schön in der großen Halle.
Einer der Leute fragte dann aber: „Wieso ist die Waffe denn nicht geladen? Sie könnten auch einfach nach oben an die Decke schießen, das wäre doch eine noch bessere Demonstration!"
Die anderen stimmten ihm jubelnd zu.
Der Auktionator schaute erst ein wenig verwundert, doch auf einmal, fing er an zu grinsen, es war eine Mischung aus einem freudigen und einem bösartigen Grinsen. Seine Augen leuchteten in dem giftigsten Grün, in dem sie hätten leichten können, als er lächelnd fragte: „Wieso sollte ich nur zur Decke schießen? Und wieso sollte die Waffe geladen sein, wenn sie doch nur eine Attrappe ist?"

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