49. Krieg

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Phinks, Feitan und Shalnark huschten durch die dunkle Stadt, als wären sie bloß ein paar unsichtbare Schatten.
Keine Menschenseele hätte sie bemerkt, wie sie schneller, als der Wind es war, jede noch so unebene Straße durchquerten. Als würden sie gar nicht existieren. Das stimmte ja sogar auf eine Art und Weise, sie waren Leute aus Meteor. Sie hatten gar keine Identität. Sie sollten nicht existieren.
Feitan hätte man am Wenigsten bemerkt, seine Kleidung war noch schwärzer, als es die Nacht hätte sein können. Im Gegensatz zu Phinks in seinem grünen Trainingsanzug und Shalnark in seiner hell-lilanen Kleidung.
Aber immerhin - sie mussten diese nervigen, ungemütlichen schwarzen Anzüge nicht mehr tragen. Die passten auch gar nicht zu ihnen.

Nach einer Weile erreichten sie endlich das Hotel, zu dem auch Franklin aufgebrochen war.
Doch als sie ankamen, war dort niemand mehr. Niemand, außer die normalen Gäste und die Leute an der Rezeption.
Die drei hatten das gesamte Obergeschoss auseinandergekommen, aber nichts, nicht einmal Blutspuren. Es stank bloß nach Bleichmittel. Waren Hisoka und die Mafia so gründlich? Sie musszen auf jeden Fall herausfinden, wo zur Hölle ihre Freunde waren.
Schließlich gaben Phinks, Feitan und Shalnark die Suche im Obergeschoss auf und machten sich an die Rezeption.
„Hey! Wo sind die Leute vom Obergeschoss?", sprach Phinks die Leute an der Rezeption an, mit einer gewissen Aggressivität in der Stimme, und einem düsteren Blick.
Die Leute zuckten zusammen, kalter Schweiß bildete sich auf ihren Stirnen.
„Bitte, nicht schon wieder so Leute! Das ist schon das dritte Mal, dass irgendwelche komischen Leute nach dem Obergeschoss fragen! Was habt ihr bloß alle für ein Problem da oben?!", quiekte einer von denen, mit einer Stimme, die klang, als würde er um Gnade flehen.
„Wie bitte? Wir sind komisch?", fragte Shalnark ganz freundlich, aber diese enorme Freundlichkeit jagte den Leuten einen Schauer über den Rücken.
Der Mann, der vorhin gesprochen hatte, zuckte, als hätte ihn ein schwerer Stromschlag erwischt, und erwiderte: „Nein, nein, ganz und gar nicht! Es ist nur etwas ungewöhnlich, dass heute immer wieder Leute kommen, und nach dem Obergeschoss fragen. Vorhin gab es sogar eine Explosion. Spielt ihr da oben Krieg, oder was?"
Explosion? Ach stimmt ja, das Obergeschoss hatte nicht mehr ganz so gesund ausgesehen. Aber sie dachten nicht weiter darüber nach, wenn ihre Freunde gestorben wären, dann jawohl nicht in einer Explosion.
„Jetzt sagen sie uns einfach, wo die Leute, die da oben waren, hin sind", knurrte Phinks den Mann an und packte ihn am Kragen. Phinks wurde langsam ziemlich ungeduldig.
Der Mann gab ein angstvolles Quieken von sich, als er in Phinks böse Augen sehen musste, und dieser setzte sogar noch eine Drohung drauf:
„Raus mit der Sprache, oder wollt ihr etwa ihn wütend machen?"
Phinks deutete auf Feitan, der neben ihm stand.
Feitans Blick war böse, einfach nur böse. Beängstigend.
Das ließ sich der Mann also nicht zwei Mal sagen und erklärte, zusammen mit den beiden Frauen, die mit ihm an der Rezeption standen, dass ein clownähnlicher Mann zahlreiche Putzfrauen nach oben bestellt und irgendwann mit zwei Säcken rausgegangen war. So schnell hatten die alles geputzt?
Phinks schmiss den Mann, dessen Kragen er gepackt hatte, unsanft auf den Boden zurück. Dann machten er, Shalnark und Feitan ihren Abgang.

„Säcke", meinte Shalnark nachdenklich, als die drei, diesmal langsamer, wie bei einem Spaziergang, über den nächtlichen Asphalt schlenderten.
„Vielleicht waren da Leichen drin", fügte er hinzu.
„Die Leichen unserer Freunde", spekulierte Phinks mit wütendem Blick, „also Leute, wir müssen dringend was unternehmen."
„Wir finden das Arschloch", knurrte Feitan. Auch seine Wut stieg an. Aber bei ihm war das noch mal etwas Schlimmeres. Denn wenn Feitan wütend war, passierten schaurige Dinge.
Also starteten sie ihre Suche, als wären sie von der Polizei ausgebildet worden.
Bloß, anstatt von Hunden, benutzten sie Nen.
Sie berücksichtigten die kleinsten Spuren von Nen, die Hisoka hätte hinterlassen können. Nicht das kleinste Detail wäre ihnen entgangen.
Doch es schien nicht das kleinste Detail zu geben.
Egal wo sie suchten.
Also entschlossen sich die drei zu einer Pause, um Chrollo anzurufen.
„Wir sollten Chrollo und den anderen mal Bericht erstatten", meinte Shalnark, und lehnte sich an eine Wand in irgendeiner Gasse. Die Wand bestand aus schönem, kalten Mamor. Es war echt angenehm für den Rücken.
Phinks setzte sich neben ihn und Feitan gegenüber, auf einen Brocken an der Wand. So konnte er trotz seiner Größe wenigstens gleichauf mit Phinks sein.
Shalnark tippte auf seinem Fledermaus-Handy herum, bis es bei Chrollo klingelte.
Irgendwann nahm er ab.
Das Trio erklärte Chrollo ganz ausführlich, was sie bis jetzt gesehen und herausgefunden hatten.
„Leichensäcke, hmm", wiederholte Chrollo schlecht gelaunt, „wenigstens seid ihr noch am leben."
„Hast du was anderes erwartet?", lachte Phinks, aber er lachte nur ein klein Wenig, wegen dem Gedanken an seine wahrscheinlich verstorbenen Kameraden.
Franklin und Kortopi waren noch nicht zurück.
„Aber einer von ihnen sollte ja überleben, wegen den Schicksalen, die ich gelesen habe", sagte Chrollo noch dazu, aber nur wenig zuversichtlich.
„Hoffen wir es. Ach ja, wegen den Schicksalen, passt auf Shizuku auf. Egal was es kostet. Vielleicht lässt sich ihr Schicksal ja abwenden", antwortete Phinks ernst, „Wir sagen Bescheid, falls wir was Neues finden."
Chrollo stimmte zu, dann legten beide auf, Phinks gab Shalnark sein Handy zurück.
„Sie bedeutet dir also ziemlich viel", zwinkerte Shalnark und kicherte.
„Ist ja süß", grinste Feitan.
„Ich bring euch um!", fuhr Phinks sie an, doch gerade, als er seinen Arm kurbeln und eine Prügelei mit den beiden anzetteln wollte, bemerkten sie alle drei etwas.
Eine schwache Spur von Nen.
Sie war minimal und etwas weiter weg, aber sie war da. Sie hätten sie auch früher bemerken können, aber sie waren wohl zu sehr auf das Telefonat mit Chrollo fokussiert gewesen.
„Wir klären das später", legte Phinks fest, und die drei Freunde begannen, der Spur zu folgen.
Es waren immer nur kleine Fetzen, aber sie würden die Spur nicht verlieren.
Selbst in so einer dunklen Nacht nicht. Naja, wenigstens hatte sich der Nebel, der vor ein paar Stunden noch da gewesen war, verzogen.
Wobei, der Mond schien schächer, aber was tat das schon zur Sache.
„Es könnte eine Falle sein", meinte Shalnark, als sie der Nen-Spur folgten, immer weiter in die abgründigsten Tiefen von Meteor City hinein.
Man hätte von dieser Stadt gar nicht erwartet, welch schmutzige Geschäfte sich in so manch einer Gasse ereigneten, wie die drei zu sehen bekamen.
„Selbst wenn es eine ist, so haben wir immerhin eine Spur zu den Feinden", antwortete Phinks.
Die drei waren ein unaufhaltsames Team.

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