Glücklicherweise hatte Phinks, wie die anderen Spinnen auch, übermenschliche Reflexe. Gezielt wich er dem Schlag mit dem Staubsauger aus.
Dabei dachte er sich, er hätte sich doch auch einfach treffen lassen können, hätte ja bestimmt eh nichts ausgemacht. Doch seine Meinung änderte sich, als er und Feitan feststellen mussten, wie der Boden, auf dem der Staubsauger durch Phinks' Ausweichmanöver aufgekommen war, komplett zerbröckelt war. Einige Meter tief.
Es war zwar kein versiegelter Boden, aber trotzdem. Ein normaler Mensch wäre ganz uns gar bis auf die Knochen zertrümmert worden.
Und Phinks wäre bestimmt nicht nur mit einer Beule davongekommen.
„Ich bring dich um", sagte das Mädchen, blickte ihn mit unheimlichen, pink- bis violetten Augen an und schlug mit ihrem Staubsauger weiter auf Phinks ein. Dieser verteidigte sich mit seinen Fäusten oder wich aus. So ging das eine ganze Weile lang. Denn das Mädchen hatte beinahe genauso ordentliche Reflexe.
Feitan stand einfach nur nebendran und belustigte sich an dem, was sich da vor ihm abspielte.
„Phinks, lässt du dich etwa von nem Mädel mit nem Staubsauger besiegen?", lachte Feitan ihn aus.
„Sei leise!", rief Phinks zurück, als es ihm endlich gelang, das Mädchen zu packen, ihr ihren Staubsauger aus der Hand zu reißen und sie zu Boden zu stürzen.
Zugegeben, es sah ein bisschen „komisch" aus, als er sie an den Handgelenken zu Boden drückte und so über ihr kniete, dass es ein kleines Bisschen wirkte, als läge er auf ihr.
Jedenfalls konnte er perfekt in ihre großen Augen starren. Er fragte: „Du warst gar nicht mal so schwach, deswegen töte ich dich erstmal später. Außerdem siehst du nicht aus, wie so ein Pharao-Diener. Was ist dann dein Problem mit mir?"
Er hätte sie gerne jetzt schon getötet, tat es aber nicht, da starke Leute wie sie ja mögliche Anwerber für die Truppe darstellen konnten.
Wobei er, aber noch mehr Feitan, seine Mordlust schon ziemlich zügeln musste.
„Scheiße! Ich muss dich doch töten! Ts... Weil du der Pharao bist!", knurrte das Mädchen, machte aber immer noch einen relativ ruhigen Eindruck. Sie schien nicht mal Angst zu haben. Geschweige denn schreckten sie die umliegenden, brutal zugerichteten Leichen ab.
Phinks konnte nicht anders, als laut loszulachen. Hielt sie ihn wirklich für den Pharao?
„Heyy, ich bin doch gar nicht der Pharao!", grinste er.
„Natürlich! Schau dich doch mal an!", erwiderte sie.
„Nein, bin ich nicht!", widersprach Phinks.
„Doch!" . „Nein!
Langsam fing auch Feitan an, zu grinsen. „Phinks, schau dich echt mal an", sagte er zu ihm.
„Oh, stimmt ja", antwortete er und zog seinen Schlangenhut ab. Mit der anderen Hand hielt er das Mädchen immer noch fest am Boden.
„Ich bin echt nicht der Pharao. Ich hab das hier bloß gefunden. Ich mag Pharaonen, deswegen hab ichs angezogen, aber das Arschloch von Pharao, das uns hier eingesperrt hat, das wollen wir auch zur Strecke bringen".
„Du scheinst die Wahrheit zu sagen", meinte das Mädchen, grübelte aber etwas.
„Jup, aber trotzdem muss ich dich töten. Naja, eigentlich hab ich gerade einfach nur Lust darauf. Deswegen doch jetzt gleich."
Phinks wollte seine Mordlust nicht mehr im Zaum halten, genauso wenig Feitan. Phinks holte schon zum Schlag aus, doch das Mädchen machte ihm plötzlich ein Angebot: „Warte! Bitte. Ihr wollt doch auch den Pharao töten, oder? Ich bin hier schon seit Wochen eingesperrt und hab ihn daher gesucht, jedoch einfach nicht gefunden. Aber ich kenn mich hier mittlerweile ein bisschen aus! Ich könnte euch beim Suchen helfen, wenn ihr wollt... und mit euch kämpfen." Sie wollte hier noch nicht sterben.
Phinks hielt einen Moment inne. Sollten sie sie wirklich töten? Dabei war sie doch stark. Feitan spitzte seine Krallen an, doch Phinks sagte ihm, er solle sich zurückhalten.
„Das könnte wirklich nützlich sein. Überleg doch mal, sie ist ziemlich stark. Und wir brauchen noch ein paar Truppenmitglieder. Vielleicht passt sie ja dazu. Wenn nicht, wetten wir, wer sie als erstes tötet.". Feitan überredete das, wenn auch nur ein Wenig. Vielleicht würde der Danchou sie ja aufnehmen. Sie unterdrückten die Mordlust also doch noch etwas.
„Na dann, wie heißt du?", fragte Phinks. Er drückte sie wieder mit beiden Händen auf den Boden, aber so, dass es nicht mehr so sehr wehtat.
„Shizuku Murasaki", meinte sie. Ein bisschen emotionslos wirkte sie schon, aber bei den Spinnen war so etwas nur willkommen.
„Kannst du vielleicht bitte... von mir runtergehen und mich vielleicht.. etwas anders festhalten? Das ist... irgendwie unangenehm", fügte sie hinzu. Phinks lief ein Wenig rot an. Er entschuldigte sich sogar, als er von ihr herunterstieg und sie lockerer festhielt. Feitan hielt sich kampfbereit, da er davon ausging, sie würde das zur Flucht nutzen, doch sie wehrte sich nicht.
„Wie bist du hier gelandet?", fragten die beiden Spinnen die Gefangene.
„Alsoo nun ja.. Ich bin ehrlich, ich hab oft Amnesie, vielleicht glaubt ihr mir nicht, aber das ist die Wahrheit, und ich kann das sagen, an das ich mich noch erinnere", antwortete sie, die beiden Spinnen nickten.
„Ich bin in so einer komischen Sekte aufgewachsen. Meine Familie hat immer irgendwelche Rituale gemacht. Sie wollten, dass ich auch so werde, wie sie, und sie zogen mich dann auch so auf. Ich wehrte mich aber, und da wollten sie mich Satan opfern oder so'n scheiß. Bin einfach abgehauen. Alles, was ich von denen noch habe, ist dieses Kreuz hier. Ach ja, dank denen hab ich auch ein paar mal Leute getötet. Hab aber überhaupt kein Problem damit, jederzeit gerne. Egal wie brutal.
Also, dann wollte ich stark werden, hab trainiert, hab es geschafft, hatte aber kein Geld. Hab mich daher so ein paar Leuten angeschlossen, um die Pyramide auszurauben. Kann mich kaum mehr an die Leute erinnern, die hab ich auch nicht lange gekannt. Tja, dann wurde ich hier eingesperrt. Ich hatte diese Wachen hier mal verfolgt, statt sie zu töten, ich dachte, ich finde vielleicht mal was Neues. Dann hab ich hab ja euch gefunden.
Und trotz der Amnesie kann ich mich größtenteils noch an die Gänge erinnern. Bin eben schon zu lange hier", erzählte Shizuku.
Da fiel auch Feitan und Phinks das umgekehrte Kreuz, das um ihren Hals gekettet war, auf.
Ihre fast vollständig schwarze Kleidung passte perfekt dazu, und zu ihren kurzen, schwarzen Haaren, so wie die kugelförmige Brille zu ihren pflaumenfarbenen Augen. Alles in allem hatte sie eine schöne, unheimliche Austrahlung, dachte sich Phinks.
Sie war stark, düster, tötete gerne und war eine Diebin, sozusagen. Sie passte wirklich gut.
Chrollo würde sie bestimmt zu einem Truppenmitglied machen. Eine letzte Frage hatte Phinks aber noch: „Warum der Staubsauger?"
„Ach, das ist Meme-chan. Meine Nen-Fähigkeit. Er saugt alles ein, außer was Lebendiges. Blut aus offenen Wunden und Gift gehen auch. Alles möglich. Damit konnte ich Diener erschlagen und sie danach einfach wegsaugen. Ich hab aber keine Ahnung, wo sie dann landen. Aber das letzte, was ich eingesaugt hab, kann ich wieder rausholen", antwortete Shizuku. Die ganze Zeit änderte sie nie diesen emotionslosen Ausdruck. Aber das war eben ihre größte Charaktereigenschaft.
Sie war wirklich geeignet. Sie erzählte auch noch, dass der Pharao diese lächerliche Durchsage schon öfter gehalten hatte, immer, wenn jemand Neues hereinkam. ‚Bald lacht er nicht mehr', dachten die drei.
„Dann wollen wir mal, Shizuku", meinte Phinks und setzte seinen Pharaonenhut wieder auf. Feitan blieb zwar noch etwas misstrauisch, ließ sie aber mitkommen. Sie verstanden sich dann aber doch auf Anhieb ganz gut.
Machte es Shizuku etwas aus, dass die beiden Massenmörder waren? Ganz im Gegenteil. Sie hatte ja selbst schon Erfahrung damit.
Sie hätte vor den beiden nicht fliehen können, aber das wollte sie auch gar nicht. Wenn sie ehrlich war, wollte sie genau solche Leute als Freunde. Wo sonst sollte sie auch hin, verstoßen von ihrer Familie und mit blutbefleckten Händen? Diese Diebe waren die einzigen, die ihre kaltblütigen Gedanken nachvollziehen konnten. Wo sie niemand dafür verurteilte.
Und sie war jemand weiteres, der den Tod nicht fürchtete.
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A Story about Thieves
FanficSie sind die Bösen. Verbrecher. Diebe. Mörder. Nennt sie wie ihr wollt. Aber warum sind sie die Bösen, warum tun sie, was sie tun? Vergesst niemals, auch die Bösen gehen auf Abenteuer. Auch die Bösen wissen, was Kameraden wert sind. Und sie sind unb...