48. Ein Sturm ist aufgezogen

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Es war ganz, wie Hisoka es beschrieben hatte, als er Machi das Letzte mal geküsst hatte.
Es war die Ruhe vor dem Sturm gewesen. Der Sturm, der aufgezogen war und nun anfing, übers Land zu fegen, als wäre er ein zerstörerischer Hurrican.

„Da bist du ja endlich wieder", meinte Illumi. Er klang genervt, aber im Gesicht verzog er keine Miene, als Hisoka auf ihn zugeschritten kam.
Er traf sich mit ihm und dem Blonden in irgendeiner schäbigen Hütte, in der es fast stockdunkel war.
Es war klar, sie wollten nicht entdeckt werden.
Hisoka warf Illumi etwas vor die Füße.
Einen Kopf.
„Sieh doch mal, ich erledige meine Arbeit gründlich. Ihr sitzt die ganze Zeit nur rum und tut nichts.
„Du sagst uns ja auch nicht, wo sie gerade sind", meinte der Blonde empört. Er lehnte mit verschränkten Armen in einer Ecke und versuchte, seine alltägliche Wut zu unterdrücken.
„Was bringt es denn, wenn ich euch das sage, Kurapika? Die haben noch ganze zehn Leute. Darunter der Anführer und der Ägyptenfanatiker. Wenn wir gegen alle auf einmal kämpfen, sind wir toter als meine beiden Opfer~", meinte Hisoka mit einem Schulterzucken.
Der Blonde, dessen Name Kurapika zu sein schien, gab nur ein genervtes „Tch" von sich.
Nicht nur der Phantomtruppe schien der Clown auf den Geist zu gehen.
„Wir hätten mit einer Mafia-Armee da einfallen können", meinte Illumi, unbewegt von Hisokas Worten.
„Unterschätzt sie nicht. Die hätten die Armee geschlachtet, wie auf einem Opferfest.
Einer von den beiden, die mich angegriffen haben, ist mir sogar tatsächlich entwischt. Wäre dann zu anstrengend gewesen, ihn bei seinem Zetsu zu verfolgen", sagte Hisoka ganz trocken.
„Du... ist dir klar, dass du damit aufgeflogen bist? Die werden herausfinden, dass du ein Verräter bist!", meinte Kurapika angespannt.
Normalerweise war er ja nicht so angespannt, wütend und hasserfüllt, er war einer von der guten Seite, aber der Clown raubte ihm alle Nerven.
Und er verlor all seine Nettigkeit, wenn es um die Phantomtruppe ging. Sie war das Einzige, das er wirklich hasste. Aber warum?
Auf jeden Fall, deswegen beteiligte er sich auch zusammen mit Hisoka und Illumi an dem Auftrag der Mafia, die Spinnen auszuradieren.
„Ach Kurapika! Du brauchst gar nichts zu sagen. Wärst du bei Neon gewesen, hättest du gemerkt, dass Chrollo Lucilfer sie entführt und ihre Fähigkeit geklaut hat. Du bist doch einer ihrer Bodyguards?", provozierte Hisoka.
Kurapika warf ihm nur einen bösen Blick zu.
Hisoka war keiner von den Guten. Er beteiligte sich an diesem Job aus reinem Vergnügen.
Und Illumi?
Der sprach kein Wort darüber, warum er hier dabei war. Lag wahrscheinlich nur an der guten Bezahlung.
Denn Illumi war ein Attentäter. Ein Attentäter aus der berühmten Attentäterfamile Zoldyck. Dann war es eigentlich klar, er tat das nur wegen des Geldes.
„Außerdem lagen meine Berechnungen ja komplett richtig. Dass der liebe Danchou ein oder zwei Mitglieder schicken würde, um nach Machi zu suchen, nachdem er sein Schicksal gelesen hat. Also hat mir Neons Entführung einen weiteren Kill eingebracht~", meinte Hisoka. Er lächelte düster und leckte sich über die Lippen.
Kurapika entgegnete in herabwertendem Ton: „Was wenn Phinks und Feitan statt Kortopi und Franklin gekommen wären? Du wärst ein toter Mann gewesen."
„Tja, wäre aber lustig gewesen, zu erfahren, wie stark sie so sind~", lächelte Hisoka verträumt.
„Und außerdem: Was sollte eigentlich der Scheiß vorhin auf der Auktion? Du weißt, wie viel mir die Augen bedeuten! Ich wollte dich wirklich umbringen in dem Moment!", knurrte Kurapika, jetzt noch lauter.
„Ach, das? Ich dachte, da die Spinnen mich eh schon irgendwie verdächtigt hatten, fang ich mit dir einen Streit an. Um den Verdacht wieder zu legen", antwortete er grinsend.
Die beiden wollten noch weiter diskutieren, doch da wurden sie von Illumi unterbrochen:
„Hisoka, Kurapika, ich werde langsam mal bei den Anführern der Mafia anrufen. Wir können die Spinnen nicht alle alleine töten. Besonders, wenn sie in Gruppen rumlaufen. Ich sag ihnen, sie sollen uns die Nen-Nutzer schicken. Ach ja, jetzt erzähl endlich mal mehr über die inneren Verhältnisse in der Gruppe. Was ihre jeweiligen Aufgaben sind, und so weiter."
„Jaja, mach ich gleich. Aber ihr alle, weder ihr noch die Nen-Nutzer, niemand wird Chrollo anfassen. Er ist ganz allein meine Beute... Ja ich werde ihn töten, ich allein werde den Danchou töten, denn er ist der einzige, der im Kampf ein würdiger Gegner ist! Wie lange warte ich schon darauf..... Es ist, als wäre es die Bestimmung des Schicksals, dass wir kämpfen! Ich kann nicht ruhig bleiben, bis ich mich mit ihm nicht bis aufs Blut bekämpft und wir uns gegenseitig niedergemetzelt haben~", lachte Hisoka in größenwahnsinnigem Ton, und es hörte sich an, als würde er voller Lust lachen, und etwas Gefährliches blitzte in seinen Augen auf.

Etwa eine halbe Stunde zuvor, gegen halb 1 in der Nacht.
Franklin und Kortopi waren gerade losgezogen, um zu bestätigen, dass Hisoka ein Verräter, und was mit Machi geschehen war.
„Ehrlich, Danchou hätte uns beide gehen lassen sollen. Nicht das Franklin und Kortopi schwach sind, aber wir sind blutrünstiger. Wir hätten den Clown zusammen fertiggemacht", flüsterte Phinks Feitan zu. Sie hockten in irgendeiner dunklen Ecke des Verstecks herum.
„Ich wette, dass es mindestens einem von beiden den Kopf kosten wird", meinte Feitan angespannt, „sollten sie auf Hisoka treffen."
„Genau das hätten wir verhindert. Und hätte er dich umgebracht, hätte ich ihn zu Tode geprügelt. Und zwar länger, als eigentlich geplant", grinste Phinks.
„Ich hätte ihn lebendig verbrannt." Feitan grinste noch bösartiger.
Die beiden hegten wirklich gegen niemanden so sehr einen Groll, wie gegen Hisoka.
Auf einmal, Chrollo schritt auf sie zu.
„Schon fertig mit den Schicksalen?", fragte Phinks und schaute zu ihm hoch.
„Nicht ganz", antwortete der Anführer,
„aber man riecht förmlich, dass ihr jeden Moment losgehen wollt, um ihn auf eigene Faust zu töten."
„Wo du Recht hast", lachte Phinks.
Chrollo ging in die Hocke.
„Ich frage mich, ob die beiden lebend zurückkommen werden. Und ob Machi noch lebt. Am Ende verlieren wir alle drei", meinte Chrollo ernst.
„Und jetzt willst du, dass wir hinterherrennen, und Hisoka wirklich auf eigene Faust töten. Weil du unsere Schicksale nicht lesen kannst und wir eh nichts zu tun haben, richtig?", fragte Feitan, in ihm stieg schon der Blutdurst auf.
„Franklin und Kortopi sollten bald zurück sein, wenn es gut gegangen ist. Sie haben ja nur beobachtet, hoffentlich, aber weil ich eine negative Intuition habe, finde ich, dass es gut wäre, dass ihr euch um die Drecksarbeit kümmert. Ihr könnt das am Besten", erklärte Chrollo.
„Uvo doch auch", lachte Phinks, „aber ich habe nichts anderes erwartet. „Irgendwie, ich weiß nicht wieso, vertraust du uns beiden am Meisten. Ist es nicht so?"
Chrollo schmunzelte nur. „Das darf ich als Anführer doch gar nicht. Ich weiß nur, dass ihr fähig genug seid. Es reicht auch erstmal, Informationen über ihn und seine Leute zu sammeln, aber ihr müsst einen Kampf nicht vermeiden. Wobei ich auch gerne gehen würde..."
„Jep, aber wir machen das jetzt. Du hast hier andere Pflichten", rief Phinks munter und sprang auf.
„Dann mal los, Fei!"

„Heeey!", hörten sie plötzlich eine Stimme. Eine Person kam auf sie zu.
„Ihr könnt doch nicht ohne mich gehen", meinte Shalnark.
„Shal, wir sollten das vielleicht lieber nur zu zweit machen", sagte Feitan kühl.
„Ich weiß, ihr seid stärker als ich, aber gerade deswegen, oder? Ich kann euch beim Informationen sammeln helfen", antwortete Shalnark.
„Shal... du musst nicht mitkommen", meinte Phinks ernst.
Phinks und Feitan wollten ihn nicht dabei haben, weil Hisoka unberechenbar war. Vielleicht würden sogar sie nur zu zweit verlieren.
Und Shalnark war ihr bester Freund. Sie wollten sein Leben nicht riskieren.
„Leute... Macht euch keine Sorgen um mich. So schwach bin ich nun auch wieder nicht.
Außerdem, hasse ich ihn genauso, wie ihr.
Und, wir drei sind doch Brüder oder?", fragte Shalnark.
Die Augen seiner beiden besten Freunde leuchteten auf.
„Ja. Das sind wir. Wir sind Brüder, schon seit dem Anfang", sagte Phinks entschlossen.
„Ihr habt Recht. Dann machen wir diese Mission eben zusammen. Wir bringen Hisoka und seine Leute zu Fall", willigte nun auch Feitan ein.
Sie konnten wohl doch nicht anders, als ihn mitzunehmen. Ohne Shalnark waren Phinks und Feitan aber auch nicht komplett.

„Kommt lebendig zurück. Das ist ein Befehl", forderte Chrollo, „wenn wir hier mit allem fertig sind, helfen wir euch. Denkt dran, es wird eine blutige Nacht."
„Verstanden, Danchou", sprachen Phinks, Feitan und Shalnark wie im Chor.
Daraufhin verließen sie das Versteck und machten sich auf die Suche nach Hisoka und seinen Leuten. Das war Minuten, bevor Franklin seine Flucht begonnen hatte.
Chrollo las die Schicksale aller anderen. Seltsamerweise wurde kein Tod vorrausgesagt.
Doch, aber nur ein Einziger.
„Also heißt das, ich sterbe jetzt demnächst?", fragte Shizuku ganz gelassen, nachdem sie die Zeilen ihres Schicksalsgedichtes gelesen hatte.
„Wahrscheinlich", antwortete Chrollo.
Drei Leute sollten sterben. Waren die anderen beiden dann welche, die gerade nicht da waren?
Machi? Kortopi? Franklin? Feitan? Phinks?
Genau zwei von ihnen waren schon tot, doch das wusste Chrollo ja nicht. Aber waren das dann genau die drei Tode? Machi, Kortopi und bald auch Shizuku?
Niemand hätte diese Frage beantworten können.

Irgendwann, gerade als Chrollo einmal angefangen hatte, mit Phinks und co. zu telefonieren, klopfte jemand an die Tür des Verstecks.
Dieser jemand klopfte in einer so unregelmäßigen Abfolge, dass man meinen könnte, ihm würden gleich die Arme ausfallen.
Und als Pakunoda die Tür öffnete, kniete ein blutüberströmter Franklin vor ihr.
Was bedeutete das? Eines war auf jeden Fall klar:
Es war längst ein Sturm aufgezogen.
Ein erbarmungsloser Sturm.

A Story about ThievesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt