55. Nehmt niemals etwas von uns

39 7 0
                                    

Nach und nach trafen die einzelnen Spinnenmitglieder in ihrem neuen Versteck ein.
Naja, man sollte eher sagen, die übrig gebliebenen Spinnenmitglieder. Uvogin war gestorben, und von Shalnark blieb weiterhin keine Spur.
Wie konnte das alles bloß passieren? Wie konnten sie sich so in die Enge treiben lassen?
Sie waren wohl einfach zu überzeugt von ihrer Stärke gewesen.
Das neue Versteck war eine Art Keller, relativ im Zentrum der Stadt. Dieser Keller lag unterhalb irgendeines Platzes, auf dem tagsüber einige Auktionen stattfanden. Doch diesen Keller kannte niemand. Vielleicht war er auch ein alter Bunker, von früher, oder so.
Die Phantomtruppe war jedenfalls gut genug, diesen Keller zu finden. Er war das perfekte Versteck.
Zwar voller Schimmel, Spinnen und nur sehr schwachem Licht, aber im Moment gab es keine bessere Möglichkeit.

Chrollo lehnte niedergeschlagen an einer der Wände, die noch nicht so stark mit Schimmel befallen waren.
Franklin, Bonolenov und Shizuku saßen um ihn herum, auf dem Boden oder auf alten Stühlen, die zufällig in dem Keller herumstanden.
Es war ein ziemlich großer Raum, er war schon fast halb so hoch, wie die Auktionshalle mit den ganzen Balkonen.
Chrollo griff nach einem Kerzenständer, mit drei Kerzen, die schon so gut wie aufgebraucht waren, und zündete sie an, als die einzige Lampe in diesem Keller versagte. Es war wie in einem alten, unheimlichen Schloss. Wenigstens würde sie hier niemand finden.
Die vier sprachen kein Wort miteinander. Sie mussten wohl alle erst verdauen, dass sie wahrscheinlich schon vier Kameraden verloren hatten, und Hisoka dazu noch Nummer 4's Mörder war.
Den Preis, den sie Hisoka dafür zahlen lassen wollten, wurde allmählich größer.

Irgendwann hörte man, wie sich die Falltür zum Keller öffnete: Ein ziemlich frustierter Nobunaga stapfte herein.
Nicht viel später waren auch endlich Phinks und Feitan angekommen. Sie waren also „vollzählig".
„Also, ich wäre dafür, dass wir wieder in Gruppen rausgehen, die haben sicher verschiedene Orte, wo sie positioniert sind", schlug Feitan vor, als er und Phinks die anderen erreichten.
Doch es kam schon jetzt zu einer Meinungsverschiedenheit.
„Gruppen? Willst du mich verarschen, Feitan?!", fuhr Nobunaga ihn an. Die Wut über Uvogins Tod stieg noch immer stetig in ihm an.
„Willst du, dass wir zehn Jahre brauchen, um die alle zu besiegen?", fragte Feitan genervt zurück.
Da machte Nobunaga ein paar Schritte auf ihn zu, beigte sich herunter und packte ihn unsaft am Kragen.
„Jetzt hör mal her, wenn wir in Gruppen gegangen sind, haben sie uns bis jetzt immer irgendwie ausgetrickst und einen von uns umgebracht! Selbst bei Uvo haben sie es geschafft.. Sie haben Uvo getötet!", schrie er ihn an. Stiegen ihm da etwa Tränen in die Augen?
„Jetzt behalt mal deine Gefühle im Griff. Wir müssen noch irgendwie Pakunoda da rausholen. Und Uvogin ist nicht das einzige Opfer! Was denkst du, wie wir uns bei Shalnark fühlen, er war jawohl auch wie ein Bruder für uns?!", stellte sich Phinks zwischen Feitan und Nobunaga, Feitan stimmte Phinks zu.
„Shalnark könnte aber noch am Leben sein!", entgegnete Nobunaga in aggressivem Ton. Er war kurz davor, sein Nen herauszuholen. Verlor er schon den Verstand?

„Genau deswegen müssen wir alles tun, Um Pakunoda und Shalnark zurückzuholen. Also hört jetzt auf, zu streiten! Wir alle sind Freunde. Wir müssen zusammenhalten!", unterbrach Chrollo mit düsterer Stimme den Streit.
Er lehnte da an der Wand, mit verschränkten Armen.
Die Haare in seinem Gesicht waren verstrubbelter als sonst, weshalb sie gerade einen Großteil seiner Augen verdeckten. Aber das war nur zurecht, er schaute wirklich ziemlich unheimlich aus der Wäsche. Dieser Blick war angsteinflößend.
Feitan, Phinks und Nobunaga beruhigten sich wieder, um dem Danchou zuzuhören.
„Wie gehen wir vor, Danchou? Wie töten wir sie?", fragte Franklin.
„Ihr seid auf alles gefasst, nicht wahr? In einem Krieg wie diesem, gibt es keine Strategie, die uns an den Sieg führt. Das Einzige, was wir tun können, ist mit unserer ganzen Kraft gegen sie zu kämpfen. Wir können nichts machen, als sie auszurotten. Und dabei könnten wir selbst ausgerottet werden. Selbst ich", antwortete Chrollo mit düsterer Miene.
Seine böse Aura war schon die ganze Zeit da.
Es war, als wollte er sie gerade gar nicht verstecken.
Die Spinnenbeine nickten.
Jeder von ihnen wusste bereits, dass dies hier ihr tödlichster Kampf war, den sie je bestreiten würden und bestritten haben.
Also konnten sie nichts tun, als bis zum Tod für die Truppe zu kämpfen.

„Also", fing Chrollo an, und richtete sich auf, er trat vor all seine Kameraden.
Er redete weiter:
„Wir werden alle gleich da rausgehen. Und dann werden wir ihnen zeigen, wer die Phantomtruppe wirklich ist. Wir werden ihnen zeigen, dass sie zu weit gegangen sind. Es wird ein Rachefeldzug sein.
Wir werden Rache nehmen, wie noch nie jemand an irgendjemandem Rache genommen hat. Wir werden ihnen wehtun. Wir werden sie alle unter die Erde bringen. Und wenn wir selbst dabei draufgehen."
Die Spinnen willigten ein, voller Rachegelüste und Mordlust. Sie waren zu allem bereit. Sie waren bereit, für den Sieg zu sterben.
Und dann fügte Chrollo noch etwas hinzu, sodass man eine Gänsehaut hätte bekommen können, so dunkel und so mächtig war seine Aura dabei, und seine Augen sahen aus, als gehörten sie dem Teufel:
„Sie haben den einen großen Fehler gemacht, den man bei uns nicht machen darf. Sie haben uns, die Gen'ei Ryodan, bestohlen. Sie haben uns Kameraden genommen. Niemand darf jemals etwas von der Gen'ei Ryodan nehmen. Sie haben dieses Tabu gebrochen. Und dafür werden sie leiden.
Also Leute, wir gehen jetzt da raus, und lassen sie leiden, wir lassen sie selbst dann noch leiden, wenn es ihnen weh tut. Spielt komplett verrückt da draußen. Spielt ihnen die Melodie des Todes. Tötet jeden, der eure Wege kreuzt. Überschreitet jede Grenze."

Die einzelnen Spinnenmitglieder fingen alle an, zu Grinsen. Wirklich alle. Das war es gewesen, was sie jetzt unbedingt hatten hören müssen. Und ihr Schmerz trieb sie an.
Bald würden sie diese Stadt im Blut ertränken.
Und so schwärmten sie aus, auf alles gefasst, mordlustiger, blutrünstiger, als jemals zuvor.
Chrollo ging allein. Er wollte Hisoka finden, um jeden Preis. Er wollte den Clown höchst persönlich auseinandernehmen, in alle Einzelteile zerteilen oder sein Inneres herausreißen.
Ganz egal, er sollte bloß endlos lange leiden.
Nobunaga lief mit Franklin und Bonolenov, Shizuku mit Phinks und Feitan.
Chrollo suchte nach dem Clown.
Der Mond ließ sich im Himmel mittlerweile gar nicht mehr blicken.
Chrollo suchte weiter nach dem Clown.
Chrollo sah aus, als könnte er einen Serienmord in bloßen Sekunden begehen.
Man sollte ihm gerade lieber nicht über den Weg laufen.
Der Horror war ausgebrochen.
Das Chaos war ausgebrochen.

A Story about ThievesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt