Chapter 73.

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Gespannt blickte ich aus dem Fenster der Kutsche und atmete den klaren Fahrtwind ein.
Große Bäume mit ihren grünen Kronen wanderten an uns vorbei, sowie das saftige Gras am Wegesrand.
Ein klarer blauer Himmel erstreckte sich über uns.
Neugierig streckte ich den Kopf aus dem Fenster und erblickte Vögel, die am Himmel ihre Runden flogen.
Die Sonne schien und erhellte die Stimmung.
Es war ein herrlicher Frühlingstag.
,,Pass auf, dass du nicht fällst." mahnte mich Lyan sanft und hielt meinen Arm fest.
Ich lächelte leicht.
,,Bitte, schau nach Draußen und genieße den Anblick." erwiderte ich.
An einem so schönen Tag war es falsch nur im Dunkeln der Kutsche zu sitzen und diese Schönheit zu verpassen.
,,Schau, Schmetterlinge!" rief ich begeistert und deutete auf einen weißen und einen hübschen gelben Falter, die umeinander herum tanzten.
Lyan kam hinter mich und schaute ebenfalls aus der offenen Fensterstelle.
Auch er erblickte sofort die Schmetterlinge, die über hübschen violetten Blumen flatterten.
Die Blumen waren so schön, dass ich sie am liebsten pflücken und in eine Vase stellen wollte, doch es wäre Schade sie aus ihrem natürlichen Raum zu nehmen und somit zu töten.
,,Wir brauchen solch schöne Blumen auf jeden Fall in unserem Garten." meinte ich und zeigte auf die hübschen lila Blüten.
Lyan schmunzelte.
,,Wir haben sie schon. Sie blühen nur noch nicht." erwiderte er.
Ich war überrascht.
Wir hatten diese schönen Blumen schon.
Das war großartig!
,,Umso besser." meinte ich und genoss wieder den Fahrtwind.
Wir fuhren schon seit knapp 3 Stunden, hatten eine kleine Pause hinter uns und fragten uns nun langsam, wo der besagte Ort war, an dem meine Mutter angeblich leben sollte.
Meine Schwester schien genau zu wissen, wo sie hin musste.
Sie führte die Kutsche, wie ein Meister.
,,Ich habe Heißhunger auf Erdbeeren." murmelte ich und berührte meinen Bauch.
Lyan nahm eine kleine Box aus dem Korb und öffnete sie.
,,Ich kann dir leider nur Himbeeren und Blaubeeren anbieten. Vielleicht gibt es dort, wo wir hinfahren ja ein kleines Café oder einen Markt, der Erdbeeren verkauft." meinte er.
Ich nickte und nahm ein paar der Himbeeren.
,,Ich denke die Himbeeren werden es erst einmal unterdrücken, danke." erwiderte ich und aß eine, während ich wieder nach draußen saß.
,,Weißt du schon, was du machen willst, wenn wir da sind?" fragte mich mein Partner und aß eine der Blaubeeren.
Ich überlegte kurz.
Ich hatte mir darüber noch nicht wirklich Gedanken gemacht.
,,Ich denke mal, wir werden sie suchen müssen. Meine Mutter wird sicher nicht auf der Straße stehen und warten, das unsere Kutsche vor ihr hält und wir mit ihr reden." meinte ich.
Es war nur logisch, dass wir sie suchen mussten.
,,Vielleicht ist sie auch irgendwo anders hingezogen mit diesem Wächter und gar nicht in dem genannten Dorf." überlegte ich laut.
Lyan nickte.
,,Das könnte auch sein. Ich denke, wir sollten uns auf jeden Fall gedulden und etwas Zeit nehmen. Vielleicht ist sie auch genau heute nicht im Dorf." erwiderte er.
Ich aß noch eine Himbeere.
,,Wir sollten auf jeden Fall die Leute befragen. Wenn sie dort ist oder war, muss jemand sie wiedererkennen und wissen, über wen wir reden." sagte ich entschlossen.
Sie würde sich nicht verstecken können, das war klar.
Dafür war ich von viel zu schlauen Leuten umgeben.
Gerade Noëlle erkannte schnell, wenn jemand versuchte einem etwas vorzuspielen.
Ihr würde nichts entgehen.
,,Wir sind gleich da." hörte ich die Stimme der Alpha.
,,Wirklich?!" rief ich überrascht und streckte wieder den Kopf nach draußen.
Tatsächlich wurden in der Ferne ein paar Häuser sichtbar, zu denen der Weg führte.
Mein Herz schlug augenblicklich schneller und ein Kribbeln breitete sich in meinem Körper aus.
Wir waren fast da.
So nahe wie noch nie, schien es mir nun das Geheimnis um meine Mutter zu lüften.
,,Was sind denn das für Tiere?" fragte ich mit großen Augen, als ich sie auf einer eingezäunten Wiese erblickte.
Schwarz-weiß gefleckte Tiere, so groß wie Pferde.
,,Das sind Kühe." erklärte Lyan.
Ich sah ihn verwirrt an.
Gefleckte Kühe?
So etwas gab es?
,,Aber unsere Kühe sind alle weiß. Warum sind die hier so komisch gefleckt?" fragte ich.
Lyan schmunzelte.
,,Ich weiß nicht aber es gibt sie. Es gibt auch schwarze, braune, weiß-braune und sogar graue Kühe." erwiderte er.
Meine Augen wurden immer größer.
Dann wandte ich meinen Blick wieder zu den gefleckten Kühen auf der Wiese.
,,Unsere weißen Kühe geben weiße Milch. Geben die dort gefleckte Milch?" fragte ich weiter.
Lyan schnaubte kurz und lachte.
,,Gefleckte Milch, Mensch, Dai. So etwas lustiges hat selten jemand behauptet."
Ich schmollte.
Hätte doch sein können, oder nicht?
,,Alle Kühe geben weiße oder leicht gelbliche Milch. Wenn die Milch eine andere Farbe hat, würde ich mir um das wohlergehen der Kuh Sorgen machen." antwortete er schließlich, um meine Frage zu klären.
Ich nickte.
Also keine gefleckte Milch.
,,Und was sind das für Tiere?" fragte ich weiter und deutete auf eine Schar kleiner Tiere, die aussahen, wie die Wolken am Himmel.
,,Das sind Schafe. Aus ihrer Wolle kann man Wolljacken und Kleidung im allgemein machen." erklärte Lyan.
Ich strich über mein Kleid.
,,Mein Kleid ist aber nicht aus Wolle, oder?" fragte ich.
Mein Partner schüttelte den Kopf.
,,Dein Kleid ist aus Seide. Die Jacken, die du heute Morgen einpacken wolltest, bestehen aus Wolle. Der Teppich vor dem kleinen Tisch in Noëlles Haus ist auch aus Wolle." erwiderte er.
Das war so interessant.
Mein Blick fiel auf lustige weiße Tiere mit langen Hälsen und großen Füßen.
,,Und was sind diese Tiere?" fragte ich schmunzelnd, angesichts des lustigen Ganges der Tiere.
Mein Partner blickte aus dem Fenster und auf die neuen Tiere.
,,Das sind Gänse. Wir haben zu Weihnachten eine gegessen, erinnerst du dich? Du hast gesagt, dass du die Daunenfedern so schön weich findest und ich habe dir dann erklärt, dass du diese in deinem Kissen und in deiner Decke hast."
Meine Augen wurden groß, als ich mich erinnerte.
Das war also das Tier gewesen, welches wir gegessen hatten.
Ich hatte meine Schwester gefragt, was das für ein Tier sei und sie hatte nur mit probier mal geantwortet.
Es war schön nun zu wissen, was für ein Tier ich da gegessen hatte.
Gänse also.
Gefleckte Kühe mit nicht-gefleckter Milch, wollige Wolken-Schafe und Watschel-Gänse mit Daunen federn.
So viele neue Tiere.
,,Wir sind da." hörte ich Noëlle von vorne.
Ich sah wieder raus, als die Kutsche in das kleine Dorf fuhr.
Ich konnte einen See riechen und Menschen sehen.
Bäuerliche Menschen, alle neugierig zur Kutsche blickend.
,,Wow." hauchte ich beeindruckt.
Die kleinen Häuser waren allesamt wunderschön und einige von ihnen schienen bestimmte Aufgaben zu erfüllen.
Eine Schmiede, eine Bäckerei, ein Café, Wohnhäuser.
So hübsch und niedlich.
Die Kutsche kam zum Stehen und sofort öffnete ich die Tür, um nach draußen zu schlüpfen.
Noëlle hatte die Pferde zu einer Raststelle geführt und sprach gerade mit einem Mann, der diese betrieb, während Lyan und ich ausstiegen.
Ich sah mich gespannt um.
Das was so sehr nach See gerochen hatte, war ein Stand mit frischem Fisch.
Weitere Stände mit Gebäcke, Blumen, Getreide, Obst, Gemüse und Fleischwaren aufgebaut.
Leute scharten sich um sie und kauften für ihren Bedarf ein.
Ein Junge trieb zwei Ziegen zu einem Mann, der noch drei Hühner bei sich hielt und band sie schließlich fest, damit sie begutachtet werden konnten.
Das war also das Dorfleben.
Es war so anders aber auch so vertraut.
Mit leuchtenden Augen blickte ich meinen Partner an, der lächelte.
Meine Schwester kam zu uns.
,,Die Pferde werden hier erst einmal versorgt. Allerdings sollten wir heute Abend wieder aufbrechen und generell die Kutsche im Blick behalten." erklärte sie.
Ich nickte.
,,Gut. Lasst uns zu erst etwas essen, ich habe so Hunger." schlug ich vor.
,,Gute Idee."

𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt