Chapter 78.

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Ich sah belustigt zu, wie mein Partner seinen schwarzen Lockenkopf schüttelte und viele kleine Wassertropfen durch die Gegend flogen.
Auf den Fußboden, gegen die Fensterscheiben und auf die Zimmerpflanze.
,,Ist das vielleicht ein Regen." meinte er und rieb sich mit einem Handtuch den Nacken trocken.
Nachdem wir uns in die warme Sicherheit unseres Hauses geflüchtet hatten, hatte ich mich mit einem Handtuch getrocknet und mir schnell neue Sachen angezogen.
Nun saß ich auf der bequemen Couch und genoss die Wärme des Hauses.
Der kühle Regen war zwar sehr erfrischend gewesen, doch ich hatte die innere Wärme einfach lieber.
Lyan kam zu mir und machte es sich ebenfalls auf der Couch gemütlich.
Pakka schlief, weshalb wir etwas Zweisamkeit hatten.
Soweit das mit dem Baby in meinem Bauch möglich war.
Ich konnte deutlich die kleinen Bewegungen in mir spüren, als würde es kleine Purzelbäume schlagen.
Leicht strich ich über meine Rundung und betrachtete dabei meinen Partner.
In dem halbdunklen Licht wirkte er so zart und fein.
Als wäre er einige Jahre in die Vergangenheit gereist.
Mir fiel ein länglicher Strich auf, der auf Lyans Schulter fast zu leuchten schien.
Bei genauerer Betrachtung ließ sich einen Narbe erkennen.
Geöffnete Haut, die mit der Zeit wieder verschlossen wurde, jedoch nicht ganz die ursprüngliche Hautfarbe wieder angenommen hatte.
Sie war heller, als Lyans restliche Haut.
Ich streckte meine Hand aus und berührte die helle Stelle vorsichtig mit meinen Fingern.
Wie hatte er sie bekommen?
Hatte er sie aus seiner Zeit als Sklave?
Der hübsche Omega drehte den Kopf zu mir, als er meine Berührung bemerkte und blickte mich fragend an.
War es überhaupt angemessen ihn nach seiner Vergangenheit zu fragen?
Es waren mit Sicherheit viel schlimmere und schmerzhaftere Erinnerungen, als die, die ich erlebt hatte.
Andererseits war ich so neugierig und so gespannt mehr über ihn zu erfahren.
Ich strich wieder mit den Fingerspitzen über die Narbe.
,,Mouskeeba." sprach ich leise Lyans richtigen Namen und blicke in seine tiefen Rubinaugen.
Ein großes Feuerwerk aus den verschiedensten Gefühlen spiegelte sich in ihnen.
Überraschung.
Freude.
Angst.
Verzweiflung.
Bedauern.
Und sogar ein Anflug von Wut.
Er hasste diesen Namen.
Er hasste die Person, die er gewesen war und die er zurückgelassen hatte, als er sich nur noch Lyan nannte.
Und in diesem Moment spürte ich klaffende Schuld und tiefe Reue.
Ich hätte diesen Namen nicht sagen dürfen.
,,Tut mir leid." entschuldigte ich mich schuldbewusst.
Es war dumm von mir gewesen seinen Namen einfach so auszusprechen.
Lyan hatte ihn mit Absicht verdrängt und vergessen wollen.
Und ich hatte ihn zurück geholt, sodass er sich nun an diese schrecklichen Ereignissen auf dem Sklavenmarkt erinnern musste.
Der hübsche Omega blickte zu Boden, trüb und mit leerem Blick.
,,Ich wusste nicht, dass du ihn überhaupt kennst." murmelte er.
Ich senkte leicht den Kopf.
Ich war so dumm.
,,Noëlle und die anderen haben sich immer MousMous genannt. Ich wollte wissen,warum sie dich so nennen und da hat sie mir erzählt, dass du so heißt. Das war kurz bevor wir uns kennengelernt haben." erzählte ich.
Lyan richtete seinen Blick wieder auf mich.
Er schien überrascht, nicht wütend.
,,So lange weißt du es schon?" fragte er.
Ich nickte zaghaft.
,,Ich habe dich nie so genannt, weil Noëlle meinte, du würdest es nicht wollen. D-Das eben ist mir nur raus gerutscht, weil ich deine Narbe an der Schulter gesehen habe und-" es brachte nichts weiter zu reden, es würde eh keinen Sinn ergeben.
Ich sah unglücklich zu meinem Partner.
,,Tut mir leid, wenn ich dich verletzt habe. Das wollte ich nicht und ich werde dich auch nie wieder so nennen, versprochen." ergänzte ich.
Mein Herz wurde warm und pochte etwas schneller, als Lyan meine Hand in seine nahm.
Sanft blickte er mir in die Augen, mit seinen eigenen so unendlich tiefen Rubinen.
,,Das Problem ist nicht mein Name. Glaube mir, ich liebe meinen Namen. Nur die Erinnerungen, die mit ihm verbunden sind, sind unerträglich und schmerzhaft." meinte er.
Ich nickte verstehend.
Mir juckte es auf der Zunge ihn zu fragen, was er auf dem Sklavenmarkt erlebt hatte.
Doch ich sollte ihn damit in Ruhe lassen.
Lyan hatte mit der Vergangenheit abgeschlossen und wollte damit nichts mehr zu tun haben.
Und ich konnte das gut nachvollziehen.
Ich lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter.
Seine wohlige Wärme strömte auf meinen Körper.
,,Warum suchst du eigentlich nicht nach deiner Familie? Also nach deinen und Pakkas Eltern?" fragte ich, um die andere Frage aus meinem Kopf zu bekommen.
Nachdem wir nun das Rätsel um meine Mutter gelöst hatten, wäre es doch sicher ein neues und spannendes Abenteuer nun Lyans Eltern zu suchen.
,,Willst du etwa, dass ich wieder nach Namibia ziehe?" fragte Lyan und schmunzelte mich an.
Sofort riss ich die Augen auf und schüttelte den Kopf.
,,Nein, bitte nicht." erwiderte ich schnell.
Unser Zuhause war doch hier, oder?
Und Namibia war so weit weg.
Ja, Lyan wäre dann wieder mit seinen Eltern vereint.
Aber dann wäre ich ganz allein.
Ich konnte ihn nicht verlassen.
Lyan lachte leise und strich mit der Hand sanft über meine Schulter.
,,Keine Angst, ich laufe dir nicht davon. Du wolltest mit mit zusammen sein, also wirst du mich so schnell nicht mehr los." meinte er.
Erleichterung stieg in mir auf.
Der hübsche Omega lehnte sich zurück und ich schmuste mich an ihn.
,,Ich glaube, dass Pakka und ich hier am sicherer sind, als bei meinen Eltern. Pakkas Ankunft hier hat mir gezeigt, dass immer noch Omegas aus Namibia hierher entführt werden. Wir wären also schneller wieder hier, als wir gucken könnten." erklärte er.
Das klang einleuchtend.
Wenn in Namibia wirklich immer noch Omegas gestohlen und verschifft wurden, würde es wirklich nicht lange dauern, bis sie wieder gefangen und entführt werden würden.
Und wer wusste schon, ob sie es dieses Mal überhaupt überleben würden.
Sie waren hier sicherer.
Lyan drehte den Kopf zu mir und blickte mich liebevoll an.
,,Außerdem, ist hier mein Zuhause, Dai. Hier bei dir, Pakka, der quengeligen Noëlle und dem Baby." ergänzte er und legte sanft eine Hand auf meinen Bauch, um die kleinen Bewegungen zu spüren.
Mein Herz begann zu glühen.
Das war einfach nur wunderschön gewesen.
Ich streckte mich hoch und berührte seine Lippen mit meinen.
Hier war unser Zuhause.
Sein und mein.
,,Ich liebe dich, Lyan." flüsterte ich.
Die Augen meines Partners leuchteten.
,,Ich dich noch viel mehr."
,,Gar nicht möglich, weil ich dich schon viel mehr liebe."
Lyan grinste.
,,Das hast du aber nicht gesagt, also liebe ich dich viel mehr." erwiderte er.
,,Aber-" er unterbrach meinen kläglichen Versuch etwas dagegen zu sagen mit einem langen und gefühlvollen Kuss auf meine Lippen.
Ich musste es wohl akzeptieren.
Doch tief im Inneren war es doch eindeutig, dass ich ihn viel mehr liebte.
Nicht wahr?

𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt