Chapter 50.

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Schmollend sah ich finster zu meiner Schwester.
Nachdem sie mir das mit Lyan verdorben hatte, hatte ich mich im Badezimmer schnell wieder hergerichtet und war dann in die Küche stolziert, um Noëlles Grund für die Unterbrechung zu hören.
Und wehe, dieser würde nicht sinnvoll sein!
Dann würde ich...
Nichts machen, da ich ihr nichts anhaben könnte.
,,Und? Warum wolltest du nun mit uns reden?" fragte Lyan, während er Teewasser aufsetzte.
Die Alpha lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
,,Ich habe mich freiwillig für eine neue Mission gemeldet. Heute Nacht noch, wird ein Schiff im Londoner Hafen anlegen." erwiderte sie.
Ich sah sie gespannt an.
Warum nachts?
Lyan sprach meine Gedanken aus.
,,Ziemlich verdächtig, dass das Schiff in der Nacht anlegt. Die schmuggeln sicher was." meinte er.
Die weißhaarige Alpha nickte.
,,Kinder." antwortete sie.
Ich riss die Augen auf.
Kinder?!
Es würden Kinder geschmuggelt werden?!
Sprachlos sah ich meine Schwester an.
Lyan hob eine Augenbraue.
,,Kinder also. Lass mich raten: alle schwarz, Omegas und aus Afrika, richtig?"
Noëlle nickte.
,,Ganz genau. Das jüngste ist nicht mal ein Jahr alt." erwiderte sie.
Ich war fassungslos.
Kinder, so jung und schutzlos.
Ich musste bei dem Gedanken an die Kleinen schlucken.
Waren sie aus ihrer Heimat verkauft worden?
Oder entführt?
,,Wir werden heute Nacht direkt beim Hafen auf sie warten und die Kinder sofort abfangen, bevor sie auf die Sklavenmärkte gebracht werden. Das Waisenhaus hat sicher noch genug Platz, oder?" fragte Noëlle Lyan.
Dieser nickte.
,,Klar, wie viele Kinder sind es?" fragte er zurück.
Die weißhaarige Alpha verschränkte leicht ihre Arme.
,,Unsere Kontaktperson hat uns eine Anzahl von 14 lebenden Kindern genannt. Jedoch kann es durchaus sein, dass einige von den Kindern bereits tot sind. Misshandelt und ermordet, verhungert oder wegen einer Krankheit verstorben." erklärte sie.
Mir fiel jetzt erst auf, wie brutal die Realität war, in der wir lebten.
Kinder wurden entführt, verschifft, vergewaltigt und umgebracht.
Ihre Leichen blieben achtlos auf den Schiffen, wodurch sich Krankheiten verbreiteten oder sie wurden einfach ins Meer geworfen.
Die, die überlebten, wurden auf die Sklavenmärkte gezerrt, dort weiter misshandelt und gezwungen unter schlimmsten und unmenschlichen Bedingungen zu leben, um dann wie Zuchtvieh verkauft und erneut bis zu ihrem Tode gequält und missbraucht zu werden.
Diese Realität schüttete sich über mich, wie ein Eimer voller Eiswasser.
Diese Kinder.
Diese armen, unschuldigen Kinder.
Und natürlich auch die anderen Leute, die unmenschlich behandelt wurden.
Was für eine schreckliche Welt, in der wir doch lebten.
Tränen liefen in meine Augen, als ich an das schreckliche Leid dieser Leute dachte.
Was hatte ich doch für ein Glück mit meinem eigenen Leben gehabt.
Was für ein Glück, dass ich nun hier war.
Ich hatte ein Dach über dem Kopf, bekam täglich drei Mahlzeiten, hatte einen warmen Platz zum Schlafen, meine Schwester und meinen Partner.
Andere hatten das nicht.
Andere mussten schuften, um ein wenig Nahrung zu bekommen, schliefen auf dem kalten Boden und starben einen qualvollen Tod.
Ich hatte es so gut.
Meine Hände zitterten leicht.
Wir mussten diesen Leuten irgendwie helfen.
Die Märkte stürmen, die Leute befreien, die Gesellschaft belehren und neue Gesetze erschaffen.
Gesetze, die einen Menschen Werte gab, egal welcher Rang-Ordnung, Hautfarbe, Religion, Herkunft, Lebensbedingung oder Sexualität.
Wir waren doch alle gleich.
Wir waren Menschen.
Wir bestanden alle aus Fleisch und Knochen, der selben Art.
Durch unsere Adern strömte das selbe Blut.
Warum wurde also jeder anders behandelt?
Als wären andere, die nicht dem Bild der Gesellschaft entsprachen, wilde Bestien, die erlegt werden mussten.
Das war nicht fair.
,,Die Kinder werden bei uns sicher sein." meinte Lyan.
Meine Schwester nickte.
,,Auf jeden Fall. Die Truppe zieht in zwei Stunden los. Wir werden dann morgen Früh wieder da sein. Hoffentlich mit allen 14 Kindern. Würdest du Dai wieder über Nacht nehmen?" fragte sie.
Lyan nickte und lächelte.
,,Was ist das für eine Frage? Natürlich!" erwiderte er.
Ich musste etwas lächeln und wischte mir die Tränen aus den Augen.
Ich wusste jetzt schon, dass ich wahrscheinlich nicht schlafen können würde.
Zu sehr würde ich an die Kinder denken und dafür beten, dass alles gut gehen würde und sie alle sicher hier ankommen würden.
Lyan an meiner Seite, würde mich sicher etwas entspannen.
Allein konnte ich jetzt auf keinen Fall sein, sonst würde ich vor Kummer den Verstand verlieren.
Hinzu kam die Angst, dass Noëlle wieder verletzt werden könnte.
Die Wunde an ihrem Arm war noch nicht verheilt, demnach sollte sie besser nicht noch mehr Verletzungen abbekommen.
Jedoch wusste ich, dass der Job einer Assassine immer Gefahren mit sich brachte.
,,Wir kochen etwas schönes und kuscheln uns dann gemütlich ein." meinte der hübsche Omega und strich mir sanft über den Kopf.
Ich nickte zustimmend.
Das klang gut.
Noëlle nickte zufrieden.
,,Gut, dann weiß ich, dass du in guten Händen bist. Ich denke wir schicken die kleinen morgen erst einmal direkt zu Ali, damit er sie untersuchen kann. Auf so einem Schiff breiten sich sehr schnell Krankheiten aus." erklärte sie.
Lyan nickte und wandte sich dann an mich.
,,Wir können morgen ja etwas zusammen für sie kochen. Sie werden sicher schrecklichen Hunger haben, wenn sie hier ankommen. Eine Suppe wird sie sicher stärken." meinte er.
Ich nickte.
,,Eine Möhrensuppe oder eine Kartoffelsuppe wird sicher Wunder bewirken." erwiderte ich.
Wir würde für die kleinen die beste Suppe kochen, von der wir das Rezept wussten.
Es sollte den Kindern hier so gut wie möglich gehen.
Das war das wichtigste.

𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt