Mit großen Augen sah ich mich in Lyans Haus um.
Von außen glich es dem von Noëlle und mir, doch von innen sah es ganz anders aus.
Wir traten auch wie bei uns direkt in die Wohnstube mit der kleinen Küche, allerdings war der Boden in einem hellen Holz gehalten und die Wände weiß.
Die Couch stand neben dem Zimmer und zeigte ein hübsches Grün.
Direkt daneben stand ein kleiner Holzschrank mit einigen Büchern und einer Pflanze darauf.
Vor der Couch stand auf einem hellbraunen und weißen geflochtenen Teppich ein Holztisch, auf dem eine kleine flache Schale stand.
Mein Blick flog durch den Raum zum Fenster, als ich etwas funkeln sehen konnte.
An einer schwarzen Stange über dem Fenster hing ein gläsernes Windspiel, bestehend aus kristallförmigen Tropfen, einem goldenen Mond und goldenen Gestell.
Das Licht der Mittagssonne brach sich in den durchsichtigen Kristallen und warf zauberhafte Regenbögen auf den Boden und an die Wände.
Noch nie hatte ich so etwas gesehen.
,,Das ist ein Sonnenfänger aus Glas. Gefällt er dir?" fragte Lyan, als er meinen Blick bemerkte.
Ich nickte.
,,Er ist traumhaft. Generell, dein ganzes Haus ist wunderschön." erwiderte ich und blickte mich weiter um.
Auf dem kleinen Absatz über dem Kamin lagen einige hübsche Steine.
Kristalle.
Lyan schien Edelsteine zu mögen, sowie Pflanzen.
Fast, wie eine kleine Fee.
Lyan nahm mir meinen warmen Mantel ab.
,,Ich habe gehört, du dekorierst euer Haus auch gerade fleißig." erwähnte er.
Ich nickte wieder.
,,Noëlle meinte, dass ich das Haus gestalten darf, wie ich möchte, Hauptsache ich fühle mich wohl." erwiderte ich.
Lyan nickte, bedeutete mir mit einem Handzeichen mich auf die hübsche Couch zu setzen und lief dann zur Feuerstelle der Küche, um Teewasser aufzusetzen.
,,Zuhause ist da, wo man sich wohl fühlt. Ich denke es ist auch für Noëlle gut, wenn du das Haus aufhübschst. Sie hat sich nie sonderlich um ihr Haus geschert."
Ich nickte leicht.
Noëlles Haus war kurz nach meinem Einzug recht einsam und trübe eingerichtet gewesen.
Doch wenn ich fertig war, würde es strahlen.
Mein Herz klopfte augenblicklich schneller, als mir immer mehr meine Situation bewusst wurde.
Ich saß hier, in Lyans Haus, redete mit ihm und würde mit ihm Tee trinken.
Das war unglaublich und aufregend!
,,Weißt du, ich bin eigentlich nicht nur wegen der Kräuter hier." erwähnte ich, um nun auf das eigentliche Thema zu kommen.
Lyan sah mich neugierig und erwartungsvoll an.
,,Ich habe die letzten Tage bemerkt, dass du immer zum See runter gelaufen bist und Wasser von dort geholt hast. Noëlle meinte dann, dass du keine Rohre hast, wie wir. Ich habe mich gefragt, ob es nicht besser wäre, wenn du dir auch Rohre verlegen lässt, dann müsstest du nicht immer so viel Wasser herumtragen." erklärte ich.
Lyan sah mich einen Moment lang an.
Aus seinem Blick ließ sich nichts lesen.
Hatte ich ihn damit verletzt?
Vielleicht hatte er sich ja absichtlich dazu entschieden, keine Rohre zu wollen und wurde deshalb schon oft kritisiert.
Doch zu meiner Erleichterung lächelte Lyan.
,,Danke, dass du dir da solche Gedanken machst. Ich würde mir tatsächlich sogar Rohre legen lassen. Ich kann dir ja solange das Wasser noch aufwärmt mal zeigen, warum ich es nicht mache." sagte er.
Ich nickte und stand auf.
Er musste dafür einen besonderen Grund haben, wenn er lieber Wasser schleppte, als es leiten zu lassen.
Schnell zogen wir uns unsere Mäntel über und traten nach draußen.
Der hübsche Omega führte mich hinter sein Haus.
Vor uns erstreckte sich eine schneeweiße Fläche mit einem großen Holzstapel an der Hauswand lehnen und einen Augenblick verstand ich nicht, warum er keine Rohre legen ließ.
Lyan deutete auf das Holz.
,,Jetzt im Winter verstecken sich zwischen dem Holz kleine Tiere, wie Mäuse oder Igel und halten Winterschlaf. Würden hier Rohre liegen, würden sie nicht mehr an den Stapel heran kommen und ich würde mich schlecht fühlen ihnen ihren Schlafplatz wegzunehmen." erklärte er.
Dann deutete er auf die Schneefläche.
,,Und dort wachsen im Frühling und Sommer wunderschöne Blumen. Röhre würden die Blüten zerquetschen und ein hässliches Bild abgeben. Außerdem möchte ich im Sommer Obstbäume pflanzen, die dann durch die Rohre keinen Platz hätten und mehr wie Zahnstocher zwischen ihnen hervorstechen würden."
Ich nickte verstehend.
Lyan hing also sehr an seinem Garten.
Ich verstand das gut und ich konnte mir ausmalen, wie wunderschön er im Frühling erblühen und leuchten würde.
Schwere Metallrohre würden diese Schönheit zerstören.
Hiermit war also klar, warum er dann lieber mehrmals Wasser aus dem See schöpfen ging.
Doch es musste doch eine Lösung geben, damit sich Lyan nicht so abmühen musste, oder?
Ich sah einen Moment lang auf den Boden, bedeckt mit Schnee.
Die Rohre würden die Natur auf der Oberfläche zerstören.
Die Blüten, die Knospen, die Tierwelt.
Doch, was wenn...
Mir kam eine Idee!
Ich sah Lyan an.
,,Was, wenn man die Rohre nicht auf der Oberfläche, sondern unterirdisch baut? Ja, man müsste tiefe Gruben graben, was auch die Blumen zerstören würde, doch nach einer Weile würde es wieder so Pflanzenreich und wunderschön sein, wie zuvor und du müsstest trotzdem kein Wasser tragen." schlug ich meine Idee vor.
Lyan sah mich einen Moment lang überrascht an.
,,Unterirdisch? Also im Boden unter den Pflanzen?" fragte er.
Ich nickte.
,,Ich glaube, dass das funktionieren könnte." erwiderte ich.
Der Omega blickte kurz auf seinen verschneiten Garten, dann wieder zu mir.
,,Das könnte wirklich funktionieren. Du bist brillant, Dai. Ich werde am besten nachher mal mit Fred und Kilian reden. Die beiden sind für den Rohrbau verantwortlich." meinte er und strahlte.
Mir wurde warm ums Herz.
Er freute sich so sehr.
,,Wenn es klappt,würdest du dann mit mir im Frühling neue Blumen anpflanzen?" fragte er mich.
Ich nickte sofort.
,,Natürlich. Ich hoffe, dass der Rohrbau auch funktioniert. Das wäre sicher eine Erleichterung für dich." erwiderte ich.
Lyan nickte.
,,Das wäre es definitiv. Wollen wir jetzt Tee trinken gehen?"
Wieder nickte ich und lächelte.
Freude erfüllte meinen ganzen Körper.
Innerlich betete ich, dass für Lyan alles nach Plan laufen würde.
Diese Idee musste einfach klappen.
So könnte er seinen schönen Garten behalten und trotzdem Wasser bekommen.
,,Also dann, erzählte mir drinnen doch ein wenig von dir, bevor wir kochen." schlug Lyan vor.
Ich wurde etwas rot.
Jetzt würde zwischen uns eine intensives Kennenlernen beginnen.
Und vielleicht würden wir uns so ein wenig näher kommen.
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𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega)
Fantasy[Abgeschlossen Februar 2023] ~~~ England 1814 Sklaverei herrscht im Land. Omegas werden wie Waren an Alphas verkauft und ohne Wert behandelt. Dai, ein Omega, sieht nach seiner Versteigerung die Welt aus einem anderen Blickwinkel. Verzweiflung, A...