Am nächsten Morgen lag der Schnee knöchelhoch.
Die kalte und weit entfernte Sonne schien von dem leicht grauen Himmel.
Kleine Schneeflocken tanzten aus den Wolken und bedeckten Äste und den Boden.
Abdrücke von Tierfüßen waren in dem schimmernden Weiß zu sehen.
Es war ein wirklich schöner und so unglaublich ruhiger Tag.
Noëlle lief voran und sah sich um.
Ihre weißen langen Haare glänzten in der Sonne und zeigten winzige Schneekristalle.
Ich schmunzelte leicht und streckte meine Hand etwas aus.
Eine kleine silbrige Flocke landete auf meiner weichen Handfläche und schmolz ganz langsam dahin.
,,Schnee ist so toll." murmelte ich leise und und sah mich auf den verschneiten Wegen um.
Die weißhaarige Alpha schien meinen Kommentar nicht gehört zu haben.
,,Wir sind da." meinte sie.
Ich hob den Kopf und sah mich um.
Vor uns ragte ein hoher Zaun empor.
Er bestand aus dichtem Draht und einigen Holzlatten.
In der Mitte befand sich ein großes eisernes Tor, welches mit einer roten Fahne verzieht war, auf dem das Wappen der Aries leuchtete.
,,Noëlle?" hörten wir eine Stimme.
Die Alpha neben mir drehte ihren Kopf.
Auch ich sah neugierig in die Richtung, aus der die Stimme kam und erblickte eine junge Beta mit hellen braunen Haaren, die ihr bis über die Schultern gingen.
Ihre Augen leuchteten in einem schönen Braun.
,,Anne, schön dich wieder zu sehen." erwiderte Noëlle und lächelte leicht beim Anblick ihrer Kameradin.
Die Augen von Anne leuchteten auf.
,,Es ist so schön, dass du wieder da bist." sagte sie und wandte ihren Blick an mich.
Neugierig betrachtete sie mich.
,,Du bist wohl ein Omega, richtig?" fragte sie.
Ich nickte.
,,Ja, mein Name ist Dai." stellte ich mich freundlich vor.
Anne lächelte.
,,Freut mich dich kennen zu lernen. Dir wird es hier bestimmt gefallen."
Noëlle schmunzelte.
,,Wenn er MousMous sieht, bestimmt." meinte sie.
Ich sah sie fragend an.
Wer war denn MousMous?
Noëlle bemerkte meinen verwirrten Blick.
,,Lyans Geburtsname ist Mouskeeba. Wir rufen ihn oft MousMous, um ihn zu ärgern." erklärte sie.
Ich nickte verstehend.
,,Also wird er Lyan und Mouskeeba genannt?" fragte ich.
Anne schüttelte den Kopf.
,,Er bevorzugt Lyan, da er es satt hat, dass Mouskeeba immer falsch ausgesprochen wird. Außerdem erinnert es ihn an seine Zeit als Sklave." antwortete sie.
Ich war erstaunt.
Jetzt wollte ich Lyan wirklich unbedingt kennen lernen.
Ich folgte Noëlle und sah mich dabei in dem riesigen Lager um.
So etwas hatte ich mir nicht vorgestellt.
Auf der großen geräumten Fläche standen viele kleine Hütten.
Die Assassinen bildeten Wohngemeinschaften, in der jeder eine bestimmte Aufgabe hatte.
Oft teilten sich zwei bis drei Leute ein Haus, doch es gab auch größere Häuser, in denen fünf bis sechs Leute wohnen konnten.
Vor den hübschen Hütten befand sich jeweils ein Kreis aus Steinen, in dessen Mitte verbrannte Asche und Kohle lag.
Um die Steine herum lagen einige umgekippte Stämme oder sauber abgeholzte Baumstümpfe.
,,Jedes Haus besitzt eine Feuerstelle, an der man sich zum Essen treffen kann. Es stärkt das soziale Wesen der Assassinen." erklärte Noëlle.
Das war eine ziemlich gute Idee.
Es war Abends bestimmt schön vor dem Lagerfeuer zu sitzen und zu erzählen.
Ich merkte, wie neugierig die Assassinen mich betrachteten.
Ich musste gestehen, dass ich so neugierige und freundliche Blicke von Mördern nicht erwartet hatte.
Wie auch?
Ich hatte bisher nur schlechtes über diese Menschen gehört.
Noëlle führte mich zu einem hoch gewachsenen Mann.
Er war sicherlich schon über 50, Anfang 60.
Der Mann roch stark nach Alpha, hatte einen dunklen Vollbart, dunkle Haare und gebräunte Haut.
Eine böse Narbe zierte sein Gesicht und die muskulösen Arme, die er verschränkt hatte.
Seine gelblichen Augen funkelten uns an.
,,Noëlle, du bist zurück gekehrt." grüßte er sie.
Die weißhaarige Alpha nickte.
,,Ja, das bin ich. Das hier ist Dai. Er und ich..."
Den Rest hörte ich nicht mehr.
Ich ließ mein Blick durchs verschneite Lager gleiten, als ich plötzlich den Kopf leicht hob und die klare Luft einatmete.
Der kirschige Duft!
Ich sah mich aufgeregt um.
Von dem roten Tuch um meinem Arm konnte der Duft nicht kommen, denn dafür war er viel zu stark und frisch.
Mein Herz klopfte etwas schneller.
Wo war diese Person?
Ich konzentrierte mich au den Duft und prüfte die Richtung, aus der er kam.
Ich drehte meinen Kopf zur anderen Seite.
Und da sah ich ihn.
In mein Blickfeld trat der wohl schönste Omega, den ich je gesehen hatte.
Mit großen Augen sah ich zu der Person.
Die kühle Wintersonne fiel auf seine weiche dunkle Haut und brachte die hübschen schwarzen Locken auf seinem Kopf zum schimmern.
Der Omega unterhielt sich mit einer anderen Person, die im Moment völlig egal war.
Seine schönen Augen wurden mit dichten schwarzen Wimpern ummalt und leuchteten wie Rubine in der Wintersonne.
Während er so mit der Person sprach, zeigte er ein unglaublich schönes und strahlendes Lächeln, welches seine weichen Lippen formten.
Ich spürte, wie mein Herz am liebsten aus meiner Brust springen wollte, während meine Wangen leicht glühten.
Ich hatte noch nie so eine schöne Person gesehen, bei der mein Herz warm wurde und ein seltsames Gefühl durch meinen Körper schlich.
Dieser Omega ließ mich ein Gefühl von Schwerelosigkeit verspüren.
Es war unglaublich.
Ich konnte mein Blick einfach nicht von diesem Omega wenden.
Er hatte mich regelrecht verzaubert.
Alles an ihm schien so traumhaft schön und gleichzeitig irreal.
Er hatte eine schlanke und dennoch kräftige Figur.
Seine Beine waren gut geformt und auch seine Kurven saßen einfach nur perfekt.
Verträumt betrachtete ich ihn.
Mein Herz glühte förmlich.
Ein seltsames Verlangen machte sich in mir breit.
Ich wollte ihn reden hören, mit ihm lachen, ihn berühren und seine warme Haut an meiner spüren.
Noch nie hatte ich so ein Gefühl in mir verspürt.
Ein seltsames Kribbeln erfüllte meinen Bauch, als ich sah, wie der hübsche Omega sich von seinem Gesprächspartner verabschiedete.
Viel zu spät konnte ich reagieren, als sein Blick auf meinen traf.
Mir wurde heiß.
Er hatte mich beim Starren erwischt!
Was sollte ich jetzt machen?!
Den Blickkontakt abbrechen?
Mich hinter Noëlle verstecken?
Die Augen schließen?
Argh!
Nein, ich konnte meinen Blick nicht lösen.
Alles schien, wie in einem Meer aus Rosen zu leuchten, als die zwei Rubine mich neugierig betrachteten.
Es war wie in einem Traum.
Mit roten Wangen sah ich den Omega weiter an, der mich plötzlich leicht anlächelte.
Oh mein Gott!
Sein Lächeln war so wunderschön, ich hätte weinen können!
Plötzlich stupste Noëlle mich an und ich schrie leicht auf.
,,Was ist denn mit dir los?" fragte sie verwirrt.
Mit heißen Wangen senkte ich den Kopf und sah in den Schnee.
,,N-Nix!" stammelte ich mit rasendem Herzen.
Noëlle schwieg einen Moment, dann hörte ich sie leise Lachen.
,,Okay Turteltaube, ich zeige dir jetzt erst einmal dein neues Zuhause." erwiderte sie belustigt.
Ich nickte leicht, peinlich berührt.
Mit klopfenden Herzen folgte ich der großen Alpha.
Währenddessen konnte ich nicht aufhören an den hübschen Omega zu denken.
Am liebsten hätte ich noch einmal meinen Kopf in seine Richtung gedreht, doch ich konnte einfach nicht.
Gott, was war nur los mit mir?
Ich hatte mich noch nie so benommen und auch noch nie so etwas gespürt.
Diese Wärme, dieses Flattern im Bauch und das kräftige Schlagen meines Herzens.
Was war das nur?
Ich hatte keine Ahnung, doch ich wusste, es war seltsam und angenehm zugleich.
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𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega)
Fantasy[Abgeschlossen Februar 2023] ~~~ England 1814 Sklaverei herrscht im Land. Omegas werden wie Waren an Alphas verkauft und ohne Wert behandelt. Dai, ein Omega, sieht nach seiner Versteigerung die Welt aus einem anderen Blickwinkel. Verzweiflung, A...