Chapter 24.

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Das Zusammenleben mit Noëlle bei den Assassinen gestaltete sich definitiv anders, als ich es erwartet hatte.
Die Assassinen waren allesamt freundliche Menschen mit verschiedenen Macken und Charaktereigenschaften.
Viele besaßen Neugier und wollten mich kennenlernen.
Oft wurden uns auch kleine Geschenke, wie Blumen oder Kräuter überreicht.
Einige gesellten sich zu uns ans Lagerfeuer, speisten mit uns und tauschten Geschichten mit uns aus.
Manchmal wurde auch Musik gemacht, was sehr amüsant war.
Ich lernte wirklich viele neue Leute kennen.
Doch nur Lyan verzauberte mich wie eh und je.
Er war der einzige, der meinen Verstand völlig durcheinander brachte und mich stottern ließ.
Immer wenn ich ihn sah, wurde ich verlegen und unsicher.
Auch meine Wangen wurden immer seltsam warm und mein Herz fing an zu rasen.
Er hatte mich verzaubert.
,,Pass mit dem Messer auf. Nicht, dass du dich schneidest." mahnte Noëlle, als ich das große spitze Messer mit einem Tuch trocknete.
Hausarbeit.
Das, was Kamils Angestellte gegen Bezahlung taten, erledigten meine Schwester und ich nun gemeinsam.
Geschirr spülen, die Veranda fegen, den Fußboden wischen, das Bett beziehen und aufschütteln, Staub wischen und das Badezimmer reinigen, sowie den Ruß aus der Feuerstelle entfernen.
Wir teilten uns die Aufgaben und wechselten sie oft, was sehr erleichternd war.
Als Belohnung durfte ich nach dem Putzen das Haus dekorieren.
Die weißhaarige Alpha hatte vom Markt ein paar hübsche Pflanzen mitgebracht in kleinen Töpfen.
Von einem anderen Omega hatte ich ein hübsches geflochtenes Bandnetz bekommen, welches nun über dem Fenster hing.
Auch hatte das Haus nun helle elfenbeinfarbene Vorhände mit goldenen Halterungen.
Das Haus sah wunderschön aus.
Geputzt, gepflegt und gemütlich.
Ich liebte es.
Noëlle hingegen interessierte sich kaum für das Haus.
Ich hätte es auch pink anstreichen können und selbst dann würde von ihr ein sieht gut aus kommen.
Ihr war es nur wichtig, dass es sauber war und ich mich wohl fühlte.
Ich legte das Messer in eine Schublade und griff nach einem nassen Teller, während mein Blick nach draußen schweifte.
Lyans Haus war nur wenige Meter von unserem entfernt.
Auch er putzte sein Haus regelmäßig, allerdings allein.
Vielleicht sollte ich ihm meine Hilfe anbieten?
Diese ganze Arbeit war sicher sehr anstrengend.
Hinzu kam, dass Lyan noch viel mehr Aufgaben auf hatte.
Wenn er sich waschen wollte, musste er bis zum See in der Mitte des Lagers laufen, um Wasser zu holen.
Bei uns wurde das Wasser direkt von dem See in große Tonnen gepumpt, welches dann in einem Kessel erhitzt und zum Waschen verwendet werden konnte.
Lyan musste das Wasser eigenständig holen, es in einen Kessel schütten und selbst erhitzen.
Er hatte so viel zu tun.
Konnte man nicht bei Lyans Haus ebenfalls Rohre anlegen, welche das Wasser leiteten?
,,Noëlle." sprach ich die Alpha an.
Diese tunkte gerade einen Stab mit einem Wischbrett in einen Eimer Wasser.
,,Ja?" fragte sie.
Ich sah sie an.
,,Ich habe über Lyan nachgedacht und-"
,,Ja, das machst du neuerdings ständig." fiel sie mir belustigt ins Wort, ließ mich dann aber zu Ende reden.
,,Mir ist aufgefallen, dass er immer zum See muss, wenn er sich waschen will. Kann man an seinem Haus nicht auch Rohre befestigen, wie bei unserem? Dann muss er nicht immer so viel Wasser schleppen." erklärte ich fragend.
Die weißhaarige Alpha überlegte kurz.
Lyan hatte schon genug im Haus zu tun, da musste er doch nicht auch noch Wasser schleppen, oder?
Auf Dauer war das für den Körper sicherlich auch nicht gut.
,,Geh doch zu ihm und schlag es ihm vor." meinte Noëlle plötzlich.
Ich blickte mit großen Augen auf.
Was?!
,,Ich hatte auch überlegt ihm das vorzuschlagen, doch ich hatte immer Angst, dass er sich dann bemuttert fühlen würde, verstehst du? Wenn es ihm aber ein Omega vorschlägt, wird er es sicher gut finden und annehmen." erklärte sie.
Ich wurde augenblicklich rot.
Ich sollte zu Lyan gehen?
Zu ihm nach Hause?!
Oh Gott!
,,I-Ich...Ich weiß ja nicht." stammelte ich.
Noëlle schmunzelte.
,,Na komm, er würde sich sicher freuen, dich zu sehen. Außerdem wartest du doch nur auf den nächsten Moment, in dem du wieder mit ihm reden kannst." meinte sie.
Mein Herz raste.
Noëlle!
Sie wusste doch ganz genau, dass Lyan in mir Nervosität aufstiegen ließ!
Wahrscheinlich genoss sie meinen unsicheren und nervösen Anblick!
Ich sah mit roten Wangen weg.
,,Ich kann doch nicht einfach zu ihm gehen." murmelte ich.
Noëlle stellte den Wischstab weg.
,,Dann bringe ihm einen Teil der Kräuter, die wir von Ellie bekommen haben." erwiderte sie und reichte mir einen kleinen dunklen Korb aus Flechten.
Jetzt musste ich also gehen.
,,Los, ab in deine Stiefel und in deinen Mantel. Es ist kalt draußen." spornte mich die Alpha an.
Ich nickte zaghaft.
Ich hatte also keine Wahl mehr.
Mit klopfenden Herzen zog ich mir die warmen bequemen Stiefel an und kuschelte mich in den Mantel.
Ich würde also zu Lyan nah Hause gehen.
Oh mein Gott.
Wie würde Lyans Haus wohl aussehen?
Würde ich auch das Innere sehen?
Wie lebte Lyan so?
Ich schnappte mir den Korb und verließ das Haus von Noëlle und mir.
Der Schnee funkelte in der Mittagssonne, wie kleine Diamanten.
Der Himmel zeigte ein blasses blaugrau.
Es würde sicher bald wieder schneien.
Fußspuren leuchteten im Schnee.
Es war wieder ein schöner Tag.
Einige Assassinen liefen im Lager umher, redeten miteinander oder säuberten ihre Häuser.
Ich ging die kleine Holztreppe hinunter und richtete meine Aufmerksamkeit auf Lyans Haus.
Der Schnee knirschte, als ich den Weg entlang zu seinem Haus wanderte.
Mein Herz raste immer noch.
Was sollte ich ihm sagen?
Hallo, ich wollte mit dir reden und dir diese Kräuter bringen?
Guten Tag, ich habe dir Kräuter mitgebracht?
Das sind Kräuter für dich?
Ich murrte kritisch.
Sah so aus, als würde ich improvisieren müssen.
Lyans Haus war so ähnlich gebaut, wie das von Noëlle und mir.
Es bestand aus hellem Gestein, hatte ein rotes Dach, dunkle Fensterrahmen und eine Veranda mit einer Bank, einigen Stühlen und einem Tisch darauf.
Ein Schornstein pustete Rauch aus dem Dach.
Kurz atmete ich durch, ehe ich die Veranda zu der Haustür betrat.
Lyan hatte den Schnee mit einem Besen weggefegt, damit niemand versehentlich ausrutschte.
Ich entdeckte unter dem einen Fenster einen länglichen Kübel, der mit einer Art Haube abgedeckt war.
In diesem Kübel würden im Frühjahr Blumen oder andere Pflanzen wachsen.
Aufgeregt stand ich nun vor der dunklen Holztür.
Sollte ich einfach anklopfen?
Was, wenn Lyan gar nicht zu Hause war?
Oder wenn er gerade beschäftigt war?
Zaghaft hob ich die Hand.
Ich musste es versuchen, also nahm ich meinen Mut zusammen und klopfte an die hübsche Haustür.
Ich musste gar nicht lange warten, bis die Tür geöffnet wurde und Lyan mir entgegen strahlte.
Er wirkte so erfrischt und wach.
Ich konnte nicht anders, als ihn sprachlos anzustarren.
,,Dai, schön dich zu sehen. Was führt dich zu mir?" begrüßte er mich und meine Wangen wurden warm.
,,I-Ich ähm. Noëlle meinte, du könntest diese Kräuter hier gut gebrauchen. Ellie hat uns ein bisschen sehr viele vorbei gebracht." erwiderte ich und reichte ihm den Korb.
Lyans Augen fingen sofort an zu leuchten.
,,Manchmal glaube ich, Noëlle kann Hellsehen. Ich habe mich gerade noch beklagt, dass meine Kräuter leer sind." erklärte er und ich musste etwas schmunzeln.
Das war wirklich ein lustiger Zufall.
,,Magst du vielleicht herein kommen und mir helfen?" fragte er ergänzend.
Dabei glitzerten seine schönen Augen, wie Rubine.
Er war so hübsch und nun bot er mir sogar an, ihm zu helfen!
Ich wurde etwas rot, doch dann nickte ich mutig.
,,Gerne." erwiderte ich und folgte Lyan in sein hübsches Haus.

𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt