Chapter 5.

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,,Da sind wir schon." sagte Miss Lee und deutete auf eine dunkle hölzerne Tür vor uns.
Die Tür wirkte wie jede andere in diesem Gebäude, welches wirklich sehr groß war und sehr viele Türen besaß.
Miss Lee öffnete die Tür und ließ mich einen Blick hinein in den großen Raum dahinter werfen.
Warmes Licht erfüllte den dunklen Raum und fiel auf eine hölzerne Badewanne, sowie auf ein hölzernes Waschbecken.
Über einem Feuer im Kamin kochte ein großer Kessel mit Wasser.
In dem Raum war es ziemlich warm, als wir eintraten und Miss Lee mich bat mich auf einen kleinen Holzstuhl zu setzen.
,,Bevor wir dir ein Bad einlassen, sollten wir uns erst einmal um deine Haare kümmern, Kleines." sagte sie und holte eine Bürste, einen Kamm und eine Schere aus einer Schublade.
Meine Haare.
Meine verfilzten, verklumpten, dreckigen Haare.
Ich wusste nicht mehr, wann sie das letzte Mal ordentlich aussahen.
Wahrscheinlich nie.
Ich sah schon immer dreckig, verfilzt und jämmerlich aus.
Ich verzog etwas das Gesicht, als Miss Lee vorsichtig mit dem Kamm versuchte die Knoten zu lockern.
Sie war wirklich sehr vorsichtig, doch es schmerzte trotzdem.
Auch die Büste half nicht, sodass es also zu einem Entschluss kam.
,,Deine Haarlänge werde ich leider nicht retten können, Kleines. Deine Haare sind so verknotet und verfilzt, dass Kamm und Bürste nicht helfen." sagte sie etwas bedauernd.
Ich schüttelte leicht den Kopf.
,,S-Schon gut." sagte ich leise,
Miss Lee nahm die Schere und schon ertönte das unangenehme Geräusch der filzigen Haare in meinem Ohr.
Mit wenigen Schnitten fielen die kaputten und dreckigen Haare zu Boden und machten Platz für die neuen weichen Enden meiner Haare, die nun in meinem Nacken kitzelten.
Sie waren kurz aber fühlten sich wesentlich gesünder an.
Nach wenigen Schnitten fiel auch der Rest zu Boden.
Erst jetzt sah ich, wie verfärbt, kaputt und verknotet meine Haare wirklich waren.
Es sah grässlich aus.
Miss Lee kämmte mit dem Kamm leicht meinen Pony durch und schnitt in so zurecht, dass er sich mit meinen, jetzt kurzen, Haaren perfekt mischte.
Ich fühlte mich so anders und vielleicht sogar ein bisschen hübsch.
Miss Lee schien zufrieden zu sein mit ihrem Werk, als sie mir einen seltsamen Rahmen gab, in dem Glas steckte.
Nanu?
In dem Glas steckte eine Person!
Hätte Miss Lee jemanden darin eingesperrt?
Nein, die Person machte mir ja nach!
Was sollte das?
Miss Lee schien amüsiert von meiner Verwirrung.
,,Du hast wohl noch nie einen Spiegel in der Hand gehabt oder?" fragte sie
belustigt.
Verwirrt winkte ich mit meiner linken Hand der Person im Glas zu.
Diese winkte ebenfalls mit dem selben
Arm zum gleichen Zeitpunkt!
,,Dai, das bist du. Du wirst dein
Spiegelbild nicht dabei erwischen eine
andere Bewegung zu machen, als du."
erklärte Miss Lee sanft.
Das war ich?
Ich hatte mir noch nie wirklich gut
vorstellen können, wie ich aussah.
Und diesen Anblick hätte ich mir
niemals vorstellen können.
Ich sah ganz anders aus, als Miss Lee.
Ich wirkte blass und kalt, wie eine
kleine Schneeflocke.
Mein Gesicht war so bleich und wirkte unnatürlich.
Allein meine Augen und der leichte rosa Schimmer auf meinen Wangen brachten etwas Farbe in mein Gesicht.
Violette Augen, die von dichten dunklen Wimpern umrandet wurden, funkelten mir entgegen.
Sie passten wenig zu meinen Haaren,
die weiß wie der Schnee draußen
schimmerten.
Einige blassblaue Färbungen ließen sich nur ganz leicht erkennen und ließen mein Aussehen nur noch frostiger erscheinen.
Ich fühlte mich, wie eine Statue in einem eisig gefrorenen Garten.
,,Ich sehe so anders aus." murmelte ich leise.
Miss Lee lächelte.
,,Jeder Mensch sieht anders aus, Liebes. Das macht jeden von uns einzigartig." meinte sie.
Ich wusste nicht ganz, ob mich dieser Satz zufrieden stellte.
Ja, jeder sah anders aus aber es gab dennoch Gemeinsamkeiten.
Die Haarfarben.
Die Augenfarben.
Die Form der Nasen.
Die Form der Lippen.
Auch, wenn jeder anders aussah, hatten
viele doch mehr gemeinsam, als sie zugeben wollten.
Was ich dafür geben würde, mal eine Person zu sehen, die ebenfalls diese Erbkrankheit hatte.
Ich würde mich nicht ganz so allein fühlen, das war sicher.
Miss Lee stand auf.
,,Ich würde sagen, wir baden dich nun schön und kleiden dich dann ein. Der Herr hat wunderbare Kleider aus feinster Seide in dein Ankleidezimmer bringen lassen."
Kleider aus feinster Seide?
Ich wusste, dass Seide sehr teuer war.
Den Omegas auf dem Sklavenmarkt
wurden wertvolle Dinge sofort
weggenommen.
Auch Tücher aus Seide waren dabei gewesen.
Eine Omega hatte mich mal so ein Tuch
berühren lassen.
Es hatte sich so seltsam glatt und
dennoch weich auf der Haut anfühlen
lassen.
Wie würde es wohl werden, dieses
Gefühl am ganzen Körper zu spüren?
Sicher seltsam und ungewohnt.
Ich war noch an dieses kratzige und
verschmutzte Sklavengewand gewöhnt,
weshalb es sicher etwas dauern würde,
mich in so teuren Sachen wohlzufühlen.
War das ein Wunder?
Ich wurde als Sklave geboren.
Bin als Sklave aufgewachsen.
Seit meiner Geburt, wurde mir gesagt,
dass ich nichts wert sei.
Das einzige, wozu ich gut war, war es
Kinder zu bekommen.
Das sollte meine einzige Funktion sein.
Liebe und Wertschätzung sollten für mich nicht gelten.
Ich war ein Stück Ware, welches von
Hand zu Hand gereicht und immer
weiter beschmutzt werden sollte.
Das war ich.
Ein Omega.
Ein nutzloser, wertloser Omega.
Doch ich hatte eine Stimme.
Eine laute und gerechte Stimme.
Und genau diese würde ich auch benutzen. 

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𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt