Blut.
Überall Blut.
Die dunkelrote, stinkende Flüssigkeit klebte an meinen Händen, an meinen Beinen, in meinem Gesicht.
Immer mehr floss über den Boden und bildete einen großen See aus dem leuchtenden Rot.
Gespenstisch, mystisch rot.
Es leuchtete seltsam in dem Halbdunklen, welches mich umhüllte.
Meine Hände fingen an zu jucken, wegen dem klebrigen Gefühl auf meiner Haut.
Ich versuchte sie an dem weißen Stoff meines Kleides sauber zu wischen, doch es wurde immer mehr Blut.
Immer mehr.
Ein dröhnendes Geräusch von fallendem Wasser traf auf meinen Ohren, ließ alle anderen Geräusche verstummen und wurde nach und nach unerträglich.
Mein kalter Körper stand in einem knöchelhohen Meer aus Blut.
Ein lauter Lärm ließ mich hinter mich blicken und mit entsetzten sah ich eine riesige große Welle dieser dunklen dicken Flüssigkeit auf mich zusteuern.
Ein kalter Schauer lief über meinen ganzen Körper, als eiskalte, krallende Hände aus dem Rot hervorstachen, nach mir griffen und an mir zerrten.
An meinen Beinen, an meinem Kleid.
,,L-Lasst mich los!" quiekte ich voller Angst und Ekel.
Tote, starrte Augen erschienen in dem flüssigen Blut, welches immer mehr wurde, meinen Körper bis zu meiner Hüfte hoch wanderte.
Die Hände griffen weiter, waren teilweise kalt wie Eis und hart wie Stein.
Sie kratzten an meiner Haut und hinterließen kleine Blutkratzer.
Die tosende Welle kam immer näher.
Panisch versuchte ich meine Beine zu bewegen, um wegzulaufen, doch ich konnte mich nicht bewegen!
Die Hände und etwas tief unter mir hielten mich fest am Platz.
Um mich herum verschwand langsam das Licht.
Nur das Blut stieg immer höher und höher, stank immer mehr und mehr, die Welle kam immer näher und näher.
,,Hilfe!" rief ich laut, doch es antwortete niemand.
Es war niemand da, der mir helfen konnte.
Nur ein eiskaltes Säuseln in meinem Ohr.
Ich komme dich holen, Dai.
Dich und dein Kind.
Du wirst sehen.
,,Nein!" schrie ich panisch.
Niemand wird dir zur Hilfe eilen, Dai.
Du bist ganz allein.
Und du wirst mein sein.
Für immer.
Das dickflüssige Blut stieg nun zu meinem Hals.
Die Hände der fremden Personen zogen mich immer weiter in das widerliche Zeug, versuchten mich unterzutauchen und hinabzuzerren.
,,Hilf mir!" schrie ich schließlich, als die dunkelrote Welle aus Leichen über mich schwabbte.
Die Flüssigkeit lief in meinen Mund, in meine Nase, in meine Ohren.
Ich konnte nicht atmen!
Leere.
Tiefe Leere und der widerliche Gestank und Geschmack nach Blut.
Das gurgelnde und tosende Geräusch.
Ich komme ich holen!
Schweißgebadet erwachte ich ruckartig aus meinem Schlaf.
Keuchend starrte ich mit großen, noch vom Blutrausch benebelten Augen an die weiße Decke des Raumes, in dem ich mich befand.
Wo war ich?
Wer war ich?
Was war hier los?
Ich fasste mit einer Hand an meine Brust, in der mein Herz heftig gegen meine Rippen schlug, als würde es ausbrechen wollen.
Ich bekam kaum Luft.
In meinem Kopf war alles wirr und durcheinander.
Es war ein Traum!
Nur ein Traum!
Ein Alptraum.
Ich stieß voller Panik einen Schrei aus, als plötzlich etwas meine Hand berührte.
,,Ruhig, Dai, ganz ruhig." hörte ich sofort die warmen, vertrauten Worte und schnell drehte ich den Kopf.
Im Licht der kleinen Kerze auf dem Nachttisch konnte ich Lyans besorgtes Gesicht erkennen.
Die schönen rubinroten Augen meines Partners leuchteten leicht.
Ich legte meine andere Hand auf die des hübschen Omegas, dessen Hand auf meiner lag, unter der ich meinen Herzschlag spüren konnte.
Es raste.
,,H-Hilf mir." keuchte ich leicht und versuchte dabei die Tränen in meinen Augen zu unterdrücken.
Der Omega setzte sich auf und half mir dann ebenfalls hoch.
Sofort schloss er mich in seine Arme, strich mir beruhigend über den Rücken, durch die Haare und über die Wange.
Ein wenig Ruhe zog in meinen Körper.
Ich war Zuhause, bei Lyan und Pakka.
,,Shht." machte Lyan leise und berührte mit seinen warmen, weichen Lippen sanft meine Wange.
Ich ließ mein Gesicht gegen seine Brust fallen.
Mein Herz beruhigte sich etwas und mein Körper wurde träge und erschöpft.
,,Du hast mir gar nicht erzählt, dass du Alpträume hast." flüsterte mein Partner sanft und strich mit der Hand durch meine weißen Haare.
Ich kam mir in diesem Moment so klein und jämmerlich vor.
,,Ich sehe es jede Nacht." wisperte ich zurück und umklammerte den Körper des Omegas.
Dieser sah mich besorgt an.
,,Wirklich? Warum hast du das nicht gesagt?" fragte er liebevoll und voller Sorge.
Ich zuckte mit den Schultern.
,,I-Ich weiß nicht." jammerte ich und ließ mich ganz auf seinen Schoß fallen.
Er war so schön warm und tröstend.
Mein Blick glitt zu Pakka, der friedlich in seinem kleinen Bettchen schlief.
,,Von was träumst du denn?" fragte Lyan leise.
Das Streicheln seiner Hand durch meine Haare fühlte sich so schön an.
Leise seufzte ich.
,,Von ganz viel Blut. Von eiskalten Händen. Und davon, dass er mich holen kommt. Ich höre ihn jede Nacht aufs neue." flüsterte ich.
,,Kamil?" fragte Lyan nachdenklich und zog die kuschelige Decke etwas höher.
Ich nickte leicht.
,,Ich habe so Angst."
Eine Weile schwieg der hübsche Omega.
,,Mein süßes kleines Blümchen, dieser Kerl wird dir nie wieder etwas antun. Er ist tot und das bleibt er auch, für immer. Er wird dich nie wieder anfassen, dich nie wieder ansehen und dich niemals einfangen und einsperren. Du bist bei mir und du bist sicher." sagte er schließlich und strich über meine Wange.
Ich sah zu ihm auf.
Die Tränen in meinen Augen hatten sich nun doch ihren Weg nach Unten gesucht.
,,Wasn ist, wenn er doch nicht tot ist?" hauchte ich ängstlich.
Lyan lächelte warm, was in mir das Gefühl von Geborgenheit aufkeimen ließ und meine Ängste etwas vertreib.
,,Du hast diesem Kerl mitten durchs Gehirn geschossen. Du kannst dir also sicher sein, dass er wirklich tot ist." erklärte er liebevoll.
Ich spielte nervös mit der Bettdecke.
,,Und das Baby? Was, wenn es wie er wird? Was, wenn er als mein Kind wiedergeboren wird?" fragte ich und meine Angst nahm wieder zu.
Lyan schüttelte leicht den Kopf.
,,Das werden wir nicht zulassen. Das Baby wird niemals wie er sein und an Wiedergeburt glaube ich nicht. Es wird alles gut, Dai." erwiderte er.
Ich atmete erleichtert durch.
Es würde alles gut werden.
Lyan ließ sich nach Hinten auf das Kissen fallen.
Ich kuschelte mich enger an ihn, während er die Kerze löschte und mir dann weiter durch die Haare strich.
,,Du bist in Sicherheit." wiederholte er noch einmal.
Ich nickte leicht, kuschelte mich an ihn und schloss wieder meine Augen.
Ich war in Sicherheit.
Kamil war tot und mein Kind würde niemals so werden, wie er.
Es war alles gut.
Während mein Partner mir weiter durch die Haare strich, spürte ich seine wohlige Wärme an mir.
Nach und nach wurde es immer dunkler, bis ich in einen ruhigen, entspannten und traumlosen Schlaf fiel.
Ich war in Sicherheit.
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𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega)
Fantasy[Abgeschlossen Februar 2023] ~~~ England 1814 Sklaverei herrscht im Land. Omegas werden wie Waren an Alphas verkauft und ohne Wert behandelt. Dai, ein Omega, sieht nach seiner Versteigerung die Welt aus einem anderen Blickwinkel. Verzweiflung, A...