,,Bist so soweit mit dem Fleisch?" fragte Lyan.
Ich nickte und schob das Brett mit den Fleischstücken zu ihm.
Ich hatte das Fleisch ordentlich geschnitten, gewürzt und auf die Spieße gesteckt, was eine ziemliche Sauerei war.
,,Sieht super aus. Du scheinst ein Feingefühl für Würze zu haben." meinte der hübsche Omega und füllte etwas Öl in eine Pfanne, die über dem Feuer stand.
Meine Wangen glühten bei dem Kompliment.
,,Es wird sicher großartig schmecken." meinte ich.
Ich wünschte ich könnte es auch so meinen, doch in meinem Magen hatte sich die letzten paar Minuten über ein unangenehmes flaues Gefühl gesammelt, welches einfach nicht verschwinden wollte.
Vielleicht hatte ich mich doch schon erkältet.
Lyan fügte noch ein paar seltsame Blätter zum Öl hinzu, dann wurde der erste Fleischspieß hinein gelegt.
Es zischte laut und ich sah, wie das Öl etwas spritzte.
Der Duft nach Kräutern und dem gebratenen Fleisch erfüllte den Raum und meine Nase.
Augenblicklich wurde mir schlecht.
Nicht nur minimal, sondern total!
Mit Mühe versuchte ich es mir nicht anmerken so lassen, doch es ging nicht.
Ich musste schnell aus dem Zimmer.
Als würde mich ein Schwarm Bienen verfolgen, löste ich mich von Lyans Seite und rannte ins Badezimmer.
Der Omega sah mir verwirrt hinterher.
,,Dai?" hörte ich ihn noch.
Schnell schlug ich die Tür zu.
Der Geruch nach Fleisch jedoch blieb und ließ das Gefühl nach Übelkeit nicht verschwinden.
So kam es, wie es kam.
Erschöpft hob ich den Kopf, als die Tür neben mir aufging.
Kurz hatte ich Angst, es könnte Lyan sein, doch ich entspannte mich, als ich das vertraute Gesicht meiner Schwester sah.
,,Dir ist schlecht." stellte sie fest.
Ich nickte leicht und drückte schließlich die Spülung.
Noëlle schloss die Tür hinter sich.
,,Ich denke nicht, dass eine Erkältung daran schuld ist. Vielen Omegas wird schlecht, wenn sie ein Kind erwarten. Wir können es Lyan aber so verkaufen, als wäre eine Erkältung daran schuld, wenn du es ihm noch nicht sagen willst." erklärte sie.
Mir war schlecht, weil ich schwanger war?
Na großartig.
Als wäre diese Situation nicht schon anstrengend genug!
Ich seufzte.
,,Ich glaube ich muss mich hinlegen." meinte ich schlapp, wie eine gekochte Nudel.
Noëlle nickte zustimmend.
Meine Gedanken hingen bei Lyan.
Ich hatte mich so auf sein Essen gefreut und neben ihm sitzen zu können.
Meine Schwester half mir kurz auf.
Das flaue Gefühl war immer noch in meinem Bauch.
Kurz legte ich eine Hand auf die Stelle.
,,Geht es?" fragte die weißhaarige Alpha.
Ich nickte kurz.
Gemeinsam verließen wir das Badezimmer.
Lyan merkte uns sofort und sah mich besorgt an.
,,Alles in Ordnung?" fragte er und seine schönen Rubinaugen glänzten leicht.
Er machte sich Sorgen um mich.
Noëlle strich leicht über meine Schulter.
,,Ihm ist etwas schlecht. Wahrscheinlich hat er sich nun doch bei der Kälte draußen erkältet." erklärte sie ihm und sah kurz zu mir.
Ich nickte, schniefte kurz und ließ hinter meiner Hand einen leichten Husten ertönen.
Er war gefälscht, was auch sonst, aber wir mussten es Lyan so gut wie möglich verkaufen.
Sonst würde er Verdacht schöpfen und ich war noch nicht bereit dazu unsere Beziehung zueinander zu riskieren.
Lyan kam zu mir und berührte vorsichtig meine Wange mit einer Hand.
,,Du bist auch ganz schön warm. Am besten gehst du ins Bett und ruhst dich aus. Ich kann dir auch eine Suppe kochen." meinte er und mein Herz klopfte etwas schneller.
Er war so süß.
Es war schön, wie er sich um mich sorgte.
Und so lieb von ihm.
,,Das ist eine gute Idee. Wir schauen dann, wie es ihm morgen geht und holen Ali, sollte sein Zustand schlechter werden." erwiderte Noëlle.
Lyan nickte.
Erleichterung leuchtete in seinen Augen.
,,Gut, mit einer Erkältung ist nicht zu spaßen. Ruhe dich gut aus." sagte er sanft.
Ich warf ihm noch ein dankbares Lächeln zu, dann wurde ich von meiner Schwester auch schon ins Schlafzimmer gescheucht.
,,Er wird doch jetzt nicht wirklich noch etwas extra kochen, oder?" fragte ich sie, sobald sich die Tür schloss.
Noëlle zuckte mit den Schultern.
,,Ich denke dir wird eine Suppe eher gut tun, als ein Fleischspieß." meinte sie.
Ich setzte mich auf meine Bettseite, fasste mit den Händen nach hinten und zog an den Schnüren meines Kleides, um mich auszuziehen.
,,Ich glaube es liegt eher an dem Geruch. Mir wurde so schnell schlecht, als ich das Fleisch gerochen habe." erklärte ich ihr.
Die Alpha nickte verstehend.
,,Du kannst ja nachher probieren, ob du die Suppe essen kannst. Wenn nicht, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen." erwiderte sie und reichte mir mein Schlafkleid.
Sie hatte recht.
Ich sollte es probieren.
,,Ich gehe jetzt wieder zu ihm. Sollte etwas sein, kannst du zu uns kommen." sagte sie.
Ich nickte und sah zu, wie sie den Raum verließ.
Ich seufzte, löste die Schleife meines Korsetts und zwängte mich aus es heraus.
Kurz sah ich nach unten und betrachtete die roten und blauen Linien, die es hinterlassen hatte.
Vielleicht sollte ich aufhören es zu tragen.
Ich bekam durch dieses Teil kaum Luft, hatte einige Blutergüsse und Schrammen, sowie Linien.
Problem war aber, mir passten die Kleider aus meinem Schrank nur mit diesem Korsett.
Und auf dem Markt fand man sicher auch keine, die ohne passten.
Nachdenklich sah ich zu der Stehlampe, die beinahe die Form eines Körpers hatte.
Sollte ich vielleicht das Handwerk erlernen, um meine eigenen Kleider zu nähen?
Ich warf mir schnell mein Nachtkleid über, dann ging ich auf die Lampe zu.
Designer hatten immer so eine Puppe oder ein Gestell, mit dem sie Kleider nähen konnten.
Schnell öffnete ich die Schublade des Tisches vor mir.
Darin befanden sich einige Zettel, ein Stift aus Blei, eine lange Schnur mit Zahlen darauf und eine Schere.
Welche Maße brauchte man für ein Kleid?
Ich dachte eine Weile nach.
Körpergröße wahrscheinlich.
Ich nahm den Stift aus der Schublade und stellte mich an die nächste Wand.
Ganz dicht, sodass ich gerade stand.
Kurz maß ich mit meiner Hand, wo mein Kopf endete, dann malte ich mit dem Stift einen Strich über meinen Kopf.
Gespannt drehte ich mich um und sah auf den Strich, dann nahm ich die lange Schnur und maß.
168.
Mit dieser Zahl konnte ich sicher etwas anfangen.
Ich überlegte weiter.
Wenn das Kleid auch wirklich passen sollte, brauchte ich den Umfang meiner Taille und den meiner Brust, sowie meine Armlänge und Beinlänge.
Schnell maß ich alles nach und schrieb die Zahlen auf ein Stück Papier.
Jetzt musste ich nur noch schauen, was für ein Kleid ich nähen wollte.
Mit einem anderen Stück Papier und dem Stift setzte ich mich auf das Bett und ließ meiner Fantasie freien lauf.
Das Kleid, welches ich entwarf, ging bis zum Boden, hatte schöne kurze Ärmel und eine jadegrüne Farbe mit einigen helleren Mustern auf dem Stoff.
Ein etwas dunkleres grünes Band sollte die Unterbrust zieren.
Zufrieden betrachtete ich den Entwurf.
Nun brauchte ich nur noch Stoff, Nadel, Faden und etwas Geschick.
Ich hatte so lange über das Kleid gegrübelt, dass ich ganz und gar die Zeit vergessen hatte.
,,Du bist immer noch wach." hörte ich Noëlle sagen, als sie in ihren Schlafsachen den Raum betrat.
,,Noëlle, wo bekomme ich Stoff her?" fragte ich sie direkt.
Die Alpha sah mich skeptisch an.
,,Wofür brauchst du Stoff?" fragte sie zurück.
Ich zeigte ihr meinen Entwurf.
,,Mich stört es, dass alle meine Kleider nur mit Korsett passen." meinte ich.
Noëlle sah auf das Blatt Papier und nickte dann leicht.
,,Kann ich verstehen. Morgen ziehen einige Assassinen los, um einen toten Earl auszurauben. Vielleicht bringen sie dir Stoff mit." erwiderte sie.
Ich nickte begeistert, auch wenn mir das mit dem Ausrauben gar nicht gefiel.
Sobald ich Stoff hatte, konnte ich anfangen mit dem Schnitt.
Das würde sicher großen Spaß machen.
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𝕾𝖓𝖔𝖜 𝖋𝖆𝖑𝖑𝖎𝖓𝖌 (Omega X Omega)
Fantasy[Abgeschlossen Februar 2023] ~~~ England 1814 Sklaverei herrscht im Land. Omegas werden wie Waren an Alphas verkauft und ohne Wert behandelt. Dai, ein Omega, sieht nach seiner Versteigerung die Welt aus einem anderen Blickwinkel. Verzweiflung, A...